27.12.2019 - Jan

827 30 41
                                    

Am nächsten Morgen klingelt mein Wecker mich früh aus dem Bett. Ich wollte meine Mutter nicht fragen, ob sie mich zum Flughafen fahren kann, weshalb ich ziemlich umständlich mit der Bahn fahren muss. Normalerweise hätte mich bestimmt Tim gefahren, aber den versuche ich vergeblich aus meinem Kopf zu verbannen. Ich will nicht wegen ihm weinen. Er ist es einfach nicht wert, so wie er mich behandelt hat.

Gestern Abend bin ich noch lange ziellos durch die Stadt gelaufen, bis ich beschlossen habe, dass ich jetzt einen klaren Schlussstrich ziehen muss. Auch wenn es hart wird, ist es die beste Version um so wenig wie möglich verletzt zu werden. Ich verliere nicht nur meinen festen Freund, sondern auch meinen besten Freund und auch irgendwo meinen Job, aber darüber will ich nicht nachdenken. Viel zu tief habe ich Tim in mein Herz gelassen. Ich habe mich zum ersten Mal so wirklich geöffnet für jemanden. Wie ein Buch, dass ich ihm geschenkt habe, aber das scheint ihn ja nicht zu interessieren. Und jetzt ist es besser mich sofort wieder zu verschließen, bevor er noch mehr Seiten ausreißt und ich bald nur noch aus einer leere Hülle bestehen.

Der Flug vergeht schnell, aber so wirklich freue ich mich nicht auf die Stadt. Wie den auch ich habe mich gerade von meiner großen Liebe getrennt, von der ich geglaubt habe, dass sie für immer halten wird. Vielleicht wird irgendwann wieder jemand kommen, aber ich weiß nicht mal mehr ob ich nochmal dieses Risiko eingehen würde, mich zu öffnen. Die offenen Wunden in meine Brust schmerzen unaufhörlich.

Ich hatte von Anfang an gewusst, dass es eine Gefahr ist mit Tim etwas anzufangen, egal wie rosig die Zukunft scheint. Und trotzdem haben wir es gemacht und ich hatte recht. Schneller als gedacht ging es jetzt zu Ende. Als er sich an Heiligabend von mir verabschiedet hat, war er so zuckersüß zu mir und alles war noch so perfekt. Wir wollten uns gar nicht trennen. Aber das Schicksal meinte es wohl gut mit mir, denn sonst hätte ich nie erfahren, wie egal ich ihm schon geworden bin, dass ich seine Aufmerksamkeit sonst nur bekomme, weil wir nur einander haben. Aber sobald ich nicht mehr da bin, vergisst er mich. Ich sollte froh sein, dass ich es schon jetzt und nicht erst in ein paar Monaten erfahren habe, dann würde es bestimmt noch tausendmal mehr wehtun.

Uninteressiert laufe ich von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, aber keine fesselt mich so wirklich. Meine Reise kommt mir mehr wie eine Flucht vor der Realität vor. Vor der traurigen Wahrheit, dass ich auf meinen besten Freund reingefallen bin. Dass ich blind vor Liebe war. Liebe, die diese Person einfach nicht verdient hat.

Mein Telefon klingelt. Auf dem Display steht Tim ❤️. Dieses Herz neben seinem Namen bringt das Fass zum überlaufen und ich beginne zu weinen. Schnell drücke ich ihn weg. Was will er schon von mir? Sein Schauspiel weiter betreiben? Mit dem Ärmel meines Wintermantels versuche ich die Tränen weg zu wischen, aber immer wieder strömen neue nach. Ich hatte es solange geschafft stark zu bleiben, und ein einziger Anruf hatte mich gebrochen.

Mit verschwommenem Blick suche ich mein Hotel. Zum Glück lässt die Rezeptionistin es umkommentiert wie ich aussehe und was für Ticks ich habe. In meinem kleinen Zimmer verkrieche ich mich unter der dicken Bettdecke. Ungehindert laufen die Tränen über mein Gesicht. Aber es tut gut meine Gefühle rauszulassen, auch wenn es schmerzt.

Etwas später wache ich auf. Ich bin wohl eingeschlafen. Dann stelle ich fest das mein Handy mich aus dem Schlaf gerissen hat. Als ich nach schaue, wer mich anruft, stelle ich fest, dass es schon wieder Tim ist. Wütend drücke ich ihn weg. Was denkt er eigentlich wer ich bin? Das ich sofort wieder zu ihm springe, wenn er sich meldet und es mir egal ist, dass er sich ewig nicht gemeldet hat?

Ich empfange eine Nachricht. Von Tim.

T: Jan, geh mal bitte dran. Ich mache mir Sorgen!

Und wie ich dran gehen werde. Ich werde ihm meine Meinung sagen, dann habe ich endlich Ruhe von ihm. Und kann innerlich heilen, denn er reißt die Wunden immer nur wieder auf.

Er ruft ein drittes Mal an und diesmal nehme ich ab. „Jan endlich!", sagt Tim erleichtert, aber ich weiß, dass es nicht echt ist. Er ruft mich doch bloß an weil er jetzt alleine in unserer Wohnung ist. „Tim lass stecken! Ich will dein vorgeheucheltes Interesse nicht länger ertragen müssen. Verpiss dich einfach! Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben, ich habe schon viel zu viel Zeit mit dir verschwendet! Ich dachte wirklich, dass das zwischen uns etwas ernstes wäre, aber gut ich muss deine Meinung akzeptieren. Auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass wir wie zwei Erwachsene darüber reden können und du mich nicht einfach so behandelst. Es ist aus zwischen uns! Und komme nicht wieder angekrochen, wenn du angeblich deine Meinung geändert hast. Wenn ich zurück komme, will ich nichts mehr von dir in meiner Wohnung finden! Deinen Schlüssel kannst du in den Briefkasten werfen!"

Als ich meinen Wutausbruch beendet habe, ist es still am anderen Ende. Er versucht nicht mal sich zu verteidigen. „Arschloch!", sage ich noch bevor ich auflege.


------

Hat Jan überreagiert? Und wie reagiert Tim überhaupt? Hat Jan recht mit seinen Anschuldigungen?

Fragen über Fragen, die alle leider erst in den nächsten Kapiteln beantwortet werden 😂

Eure Vermutungen könnt ihr aber gerne in die Kommentare schreiben

Und ich gehe mich jetzt mal verstecken... 🙈

(Noch mal für alle, keiner wird in dieser FF sterben und es wird ein Happy End geben, für alles andere gibt es keine Garantie)

Liebe Grüße 

Gewitter im Kopf - FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt