Gewitter im Kopf - Fanfiction

24.11.2019 - Jan

In meinem Kopf rattern in sekundenschnelle alle möglichen Enden dieses Abends durch den Kopf.

An sich ist Ben ein ansehnlicher junger Mann und aus sein Charakter ist echt liebenswert. Wie er mit meinem Tourette umgeht, dass er so spontan und offen ist, dass er mich vorher einfach so eingeladen hat. Eigentlich spricht nichts gegen eine Fortsetzung im Hotelzimmer.

Wäre da nicht Tim. Tim, mein eigentlich bester Freund. Tim, mit dem ich seit 2 Monaten ein Experiment am laufen habe. Tim, mit dem ich auch schon geschlafen habe. Tim, nachdem ich mich seit unserer Verabschiedung am Freitag sehne. Tim, den ich am Dienstag fragen will, ob wir offiziell zusammen sein können. Tim, den ich liebe.

Und trotzdem: Er ist noch nicht mein fester Freund. Und nach Bens Logik wäre das also Grund genug jetzt gemeinsam durch die Türe und die Treppen hoch zu gehen. Bloß Ben weiß von alldem nichts.

Da es mir in unserer aktuellen Position nicht unbemerkt blieb, dass bei Ben die Blutkörperchen schon in Richtung Süden gewandert sind, bin ich mir unsicher, ob es auch noch ein anderes Argument geben würde, mit dem ich Ben vielleicht losbekommen würde. Den darüber bin ich mir mittlerweile im Klaren. Ich werde heute Abend nicht mit ihm schlafen.

Doch kann ich ihn einfach anlügen? Ihm sagen, dass ich offiziell mit Tim zusammen bin? Und was wird Tim dazu sagen? Er wird es schließlich auch sofort erfahren, wen ich ihm von dem heutigen Tag erzähle. Und ihm etwas verschweigen kann ich nicht, außerdem würde er es sowieso sofort merken.

Plötzlich spüre ich wie Ben leichte Küsse an meinem Hals verteilt, eine Tätigkeit, die einzig und alleine Tim vorbehalten ist. Sofort drücke ich ihn energisch weg und bringe den Abstand zwischen uns, der die ganze Zeit schon herrschen sollte. „Was hast du denn?", regt sich Ben auf. „Was ich habe? Ernsthaft, ist das deine Frage? Merkst du nicht, dass ich nicht mit die hoch gehen werde? Dass ich überhaupt nichts mehr mit dir machen werde? Dass ich gar kein Interesse an dir habe und auch nie hatte?", fahre ich ihn an. „Aber dann erstmal auf meinen Nacken leben? Klar, natürlich!", regt sich nun auch Ben auf. „Wegen mir hättest du nicht zahlen müssen, nur damit das klar ist.", gifte ich zurück. In Sekundenbruchteilen ist das gute Bild von Ben in Staub verfallen. Wütend will Ben sich schon wegdrehen, als ich noch etwas hinzufügen muss: „Und ja, ich habe eine festen Freund und ich habe nicht eine Sekunde daran gedacht diesen wundervollen Menschen zu betrügen!"

Dann drehe ich mich um und gehe ohne noch einmal zurückzublicken durch den Eingang des Hotels. Erst im Treppenhaus realisiere ich so wirklich, was gerade passiert ist und was genau ich gerade gesagt habe:

„Und ja, ich habe eine festen Freund und ich habe nicht eine Sekunde daran gedacht diesen wundervollen Menschen zu betrügen!"

Immer wieder gehe ich im Kopf diese Worte durch. Und von mal zu mal klingt es besser. Und auch irgendwie ehrlicher, denn aus meiner Sicht sind wir ja quasi schon zusammen.

In meinem Zimmer angekommen sind meine Gefühle wieder einigermaßen geordnet, aber zwiegespalten. Einerseits bin ich traurig, dass die begonnene Freundschaft mit Ben so enden musste und meine Menschenkenntnis anscheinend so schlecht ist, dass ich es nicht mal so wirklich kommen gesehen habe. Und andererseits bin ich überglücklich wie ich die Situation gelöst habe. Eigentlich würde ich es gerade gerne jemandem erzählen, aber die einzige Person mit der ich darüber reden wollen würde ist Tim und er ist ja gewissermaßen Bestandteil der Geschichte und ich weiß nicht wie er reagieren würde. Vielleicht sollte ich es ihm erst erzählen, nachdem ich ihn gefragt habe, ob wir zusammen sein könnten.

———

Ich weiß nicht warum, aber ich bin irgendwie richtig stolz auf dieses Kapitel...

Vielleicht bin ich auch einfach nur stolz auf Jan, dass er so deutlich seine Gefühle ausgedrückt hat... 😂

Ich hoffe ihr hattet einen schönen Sonntag und wünsche euch morgen einen guten Start in die neue Woche!

Liebe Grüße