26.11.2019 - Tim

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Verschlafen öffne ich meine Augen und lächle. Kann ein Tag schöner starten als neben Jan aufzuwachen? Ich glaube nicht. Ich drehe mich auf die Seite, um ihn besser beim schlafen zu beobachten. Dabei kann ich es mir nicht verkneifen, ihm eine Haarsträhne aus der Stirn zu streichen. Anschließend fahre ich mit meinen Fingerspitzen seine Gesichtskonturen entlang. Wie kann jemand nur so unfassbar sanfte Haut haben? Und obwohl ich diese Erkenntnis schon so oft hatte, zieht sie mich jedesmal aufs Neue in ihren Bann. Wie jetzt auch das Stück nackte Haut, was durch das hochgerutschte T-Shirt sichtbar wird.

Mir ist klar, dass Jan kitzlig ist und ich ihn wecken würde, trotzdem löse ich meine Hand von seinem Gesicht und lege sie auf den Spalt zwischen Ober- und Unterteil. Als ich anfange ihn zu streicheln, bekommt er eine Gänsehaut und fängt an zu grinsen. Okay, wach ist er jetzt sicher. „Du weißt, dass das kitzelt?", weißt mich Jan mit geschlossen Augen hin. „Ja", antworte ich triumphierend und genieße, was für Auswirkungen ich auf seinen Körper habe.

Nach einer Weile stelle ich fest: „Das erinnert mich total an unseren Urlaub..." „Mhm", stimmt mir Jan zu. „Bloß, dass ich jetzt keine Angst haben muss, dass du mich wegstößt", rede ich weiter. „Die Angst hättest du damals auch nicht haben müssen", antwortet Jan mir leise. Dabei dreht er sich zu mir und öffnet die Augen. Wir schauen uns an und ich kann nicht beschreiben, was genau in seinem Blick liegt, aber es ist so intensiv, dass ich augenblicklich eine Gänsehaut bekomme.

Unser Blickkontakt verwandelt sich schnell in eine Art Wettbewerb, wer es länger aushält. Auffordernd schaut Jan mich an, aber so schnell gebe ich nicht auf. Dann wechselt er aber wieder zu diesem intensiven Blick, dem ich schutzlos ausgeliefert bin. Es fühlt sich so schön an, dass er mit einem Blick meine ganze Seele sieht, aber es macht mir auch irgendwo Angst, da ich sowas noch in keiner Beziehung erlebt habe. Nach ein paar Minuten halte ich es nicht mehr aus und wende mich ab. Schnell stehe ich auf. „Ich mache dann mal Frühstück.", erwähne ich noch schnell, bevor ich das Schlafzimmer verlasse. In der Küche muss ich erstmal tief durchatmen und mich sammeln. Jedesmal schafft es Jan wieder mich komplett aus dem Konzept zu bringen und das einfach nur durch einen Blick. Wie geht so was?

Nachdem wir gefrühstückt haben und uns gerichtet haben, beschließen wir nochmal einen Tourette im Zoo Teil zu drehen. Da bereits Ende November ist, ist relativ wenig im Zoo los und wir können ungestört aufnehmen. Um uns danach aufzuwärmen, gehen wir in ein Café. Jan trinkt wie üblich eine Kaffee, während ich meine Heiße Schokolade schlürfe. In meinem Hinterkopf erinnert mich eine Stimme daran, dass ich Jan noch was wichtiges fragen wollte. Soll ich das jetzt machen? Hier in der Öffentlichkeit, oder doch lieber zu Hause? Aber eigentlich will ich nicht mehr länger warten. „Sollen wir noch eine bisschen spazieren gehen?", schlage ich vor und beschließe es dabei zu tun. Jan stimmt mir zu und wir brechen auf.

Wir schweigen uns an und ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. „Jan, ich muss dich noch was fragen.", beginne ich nervös. „Ja klar, was?", fragt Jan ahnungslos. „Lass uns doch da vorne hinsetzten", schlage ich vor und deute auf einen Sitzbank. Ich bin froh, dass ich so noch etwas Zeit schinden kann und gleichzeitig sitzen kann, wenn ich ihn frage, weil egal wie er antworten wird, könnte ich nicht mehr stehen. Entweder bricht meine Welt zusammen oder meine Knie werden vor Glück weich.

Nachdem wir uns gesetzt haben, atme ich einmal tief durch und fange dann an zu sprechen: „Jan, was ich dich fragen möchte ist... also mir ist die letzten Tage klar geworden, dass..." „Tim, was ist los, du bist doch sonst nicht so verlegen. Aber dumm wie Stroh war er schon immer!" Nervös lache ich kurz auf. „Also mir wurde bewusst, dass..." Wie zur Hölle sagt man sowas am besten? „Mir wurde bewusst, dass ich unsere Beziehung auf Probe beenden möchte und" „Das ist jetzt nicht dein Ernst Tim!", schreit mich Jan plötzlich an und ich habe keine Ahnung, was in ihn gefahren ist. Jan ist aufgestanden und wir schauen uns gegenseitig fassungslos an. „Jan, was ist" „Was los ist? Du bist die ganze Zeit so süß zu mir und benimmst dich einfach nur perfekt. Ich dachte, ich kenne dich und bedeute dir etwas!" „Du bedeutest mir", versuche ich irgendwie zu verstehen, was los ist. „Ja klar, ich bedeute dir was. Das ich nicht lache. Wie kannst du nur so mit meinen Gefühlen spielen?" Ich will ihm gerade widersprechen, als er mich unterbricht: „Ach komm spar dir deine Erklärungen. Verpiss dich einfach! Ich will dich nie wieder sehen!", dann zischt er ab.

Wie erstarrt sitze ich auf der Bank und langsam schleichen sich die ersten Tränen über meine Wangen. Immer noch, weiß ich nicht, was ich falsch gemacht habe. Mit irgendwas habe ich ihn verletzt, so sehr, dass er mich nie wieder sehen will. Aber es kann doch kaum daran gelegen haben, dass ich ihn gefragt habe, ob er mein fester Freund werden will, wobei ich soweit ja gar nicht gekommen bin. Ich ziehe meine Beine an mich und vergrabe mein Gesicht an meinen Knien.


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Das Kapitel ist etwas eskaliert, eigentlich sollte es nur einen Moment der Verwirrung geben, aber naja, bei Jan ist wohl die Angst übergekocht. 

Ich muss gestehen, dass das hier das Kapitel war, das für mich als Autorin am emotionalsten war, weil ich am Anfang auf Grund der Tian-Aktion Gänsehaut bekommen habe und am Ende selbst Tränen in den Augen hatte...

Ich habe beschlossen, ab sofort jedes Kapitel nach dem Schreiben zu veröffentlichen und nicht mehr groß vorzuschreiben und in regelmäßigen Abständen zu veröffentlichen... (Vielleicht motiviert mich das etwas mehr) Es kann also sein, dass mal ein Tag mehrere Kapitel kommen und dann mal ne Woche nichts.

Liebe Grüße 

Gewitter im Kopf - FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt