28.12.2019 - Jan

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Mein Blick richtet sich wieder nach draußen. Seit ich weiß, dass Tim da ist, hat mein Herz aufgehört zu schmerzen und springt dafür fröhlich Trampolin in meiner Brust. Wohl eine Wunderheilung. Überhaupt das ganze hier grenzt doch irgendwie an ein Wunder. Schon eine Weile ist es still und ich spüre seinen Blick auf mir. Nicht unangenehm sondern wunderschön. Ich weiß, dass ich Tim auch noch ein Erklärung schuldig bin, dass ich auch was sagen sollte. Bloß mein Verstand will nicht. In mir kämpft Herz gegen Kopf. Aber schlussendlich überwinde ich mich und beginne zu sprechen: „Ich habe die letzten zwei Tage wirklich geglaubt, dass ich dir nichts bedeute. Du hast nichts geschrieben, kein ‚Ich vermisse dich', keinen Anruf, ob du mich abholen kommst, bist spontan einen Tag länger bei deiner Familie geblieben ohne mir irgendwas zu sagen. Und dann habe ich diesen Snap von dir bekommen. Glücklich lächelnd. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass du gar nicht an mich gedacht hast. Und als wir dann telefoniert haben und du gar nichts dazu gesagt hast, dass ich Schluss gemacht habe, war das wie eine Bestätigung für mich. Und jetzt... jetzt bist du bis nach Prag gekommen, um mir zu sagen, dass es ein Missverständnis war und du mich liebst. Und ich bin verwirrt und weiß nicht ob ich dir nochmal trauen kann." Aus dem Augenwinkel sehe ich Tim leicht nicken und bin froh, dass er mir Zeit lässt.

„Warum hast du mich eigentlich nicht einfach angeschrieben?", fragt Tim dann. „Ich wusste nicht wie, weil da plötzlich Prag war. Diesen Kurztrip habe ich zu Weihnachten bekommen, aber ich wusste halt nicht, wie ich dir sagen sollte, dass ich die Tage, die wir geplant hatte endlich mal als Paar zu genießen, nicht da bin.", gestehe ich ihm. „Da ging es uns wohl beiden gleich. Kommunikation ist echt nicht unsere Stärke.", stellt Tim schmunzelnd fest. Nein, ist es wirklich nicht, aber daran könnte man ja arbeiten, ergänzt mein Herz, aber mein Verstand hindert den Mund daran, es auszusprechen. Man, warum ist das bloß alles so kompliziert? Wir hatten uns doch schon gefunden, warum müssen wir jetzt nochmal?

Ich spüre, dass sich Tim neben mich stellt und vorsichtig nach meiner Hand greift. Ich verschränke unsere Finger und es fühlt sich so schön an ihn endlich wieder bei mir zu wissen. Die kleinen Funken, die von seiner Berührung ausgehen, schalten fast meinen Verstand aus. „Sollen wir noch ein bisschen durch die Stadt gehen und du zeigst mir die schönen Orte, die du schon entdeckt hast?", schlägt Tim vor. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht mal mehr, was ich mir schon angeschaut habe, aber ich stimme zu, weil ich genau, dass jetzt nachholen kann.

Gemeinsam verlassen wir das Hotel und auf der Straße greife ich direkt wieder nach seiner Hand. Er lächelt mich kurz an und ich lächle zurück und bin glücklich, dass wir nochmal geredet haben. Ziemlich schnell stelle ich fest, dass Prag eigentlich ganz schön ist und ich quasi nichts angeschaut habe oder mich zumindest an nichts erinnern kann. Vielleicht liegt es auch an dem schönen Wetter heute.

Ich bin mir etwas unsicher, ob eigentlich jetzt alles zwischen uns geklärt ist, weil offiziell habe ich immer noch Schluss gemacht und mehr als Händchenhalten und verliebte Blicke ist nicht zwischen uns. Mit der Zeit taut auch Gisela wieder etwas auf und Tim bekommt bei einem regelrechten Tickanfall, so ziemlich alles ab, was die letzten zwei Tage nicht kam. Aber mit meinem Tourette kommt auch das Lachen wieder. Nach den letzten Tag fühlt es sich an, als ob sich endlich der Knoten wieder gelöst hat.

Am Abend wollen wir gemeinsam etwas essen gehen. Ich fühle mich ein bisschen wie so auf einem Klischee-Date, weil das Restaurant auf jedem Tisch eine kleine Rose stehen hat und die Beleuchtung größtenteils aus Kerzen ist. Und natürlich weil ich mit Tim da bin und er mich immer wieder so süß anlächelt. Seine Hand liegt auf meiner und mit dem Daumen streicht er mir immer wieder sanft über den Handrücken. Den Nachtisch teilen wir uns und zum krönenden Abschluss, lädt Tim mich auch noch ein. Draußen ist es schon lange dunkel, aber hell leuchten die Sterne über der Stadt. Wie Tims Augen, die im Schein der Straßenlaterne glitzern.

„Darf ich mit hoch?", will Tim fragen, doch ich unterbreche ihn, in dem ich ihn einfach hinter mir her in den Aufzug ziehe. Der Aufzug wirkt irgendwie viel enger als vorhin, zumindest stehen wir wesentlich dichter und ich kann Tims Körperwärme spüren. Als ich den Schlüssel für das Zimmer raussuche, muss ich zwangsläufig unsere Hände voneinander lösen. Aber er legt einfach seinen Arm um mich und zieht mich noch näher an sich. Es ist schön, wieder so vertraut mit Tim zu sein.

Im Zimmer weiß ich nicht so recht, was ich machen soll und setze mich auf das Bett. Eigentlich würde ich ihn gerne küssen. Schon die ganze Zeit habe ich dieses Bedürfnis, aber wenn wir beginnen wollen offener und mehr zu reden, sollten wir zuerst über unseren Beziehungsstatus reden. 


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Sorry, dass sie sich immer noch nicht geküsst haben... 

Mir ist btw auf gefallen, dass immer die Person, deren Perspektive es gerade nicht ist, die mutigere der beiden ist, deshalb versuche ich das jetzt mal ein bisschen gleichmäßiger zu machen, aber es wird eh nicht funktionieren... 

Liebe Grüße 

Gewitter im Kopf - FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt