Before Dawn

[11]

Für heute standen den ganzen Tag Museumstouren an. Wir hatten gerade unser erstes Museum betreten und es konnte nicht später als zehn Uhr morgens sein, jedoch befand ich mich schon wieder in einem bitteren Kampf gegen die Müdigkeit.
Das konnte daran liegen, dass ich mittlerweile schon seit fünf Stunden wach war und man das Treffen mit Rio keinesfalls mit einer entspannenden Meditation vergleichen konnte.

Ich trottete unserer Gruppe hinterher, die sich langsam durch die verschiedenen Räume des Museums bewegte. Allerdings interessierte mich die Geschichte der Mayas gerade herzlich wenig. Viel eher war ich an den Sofas interessiert, von denen immer eins pro Raum vorhanden war. Bevor jemand anderes auf die gleiche Idee kommen konnte wie ich, machte ich es mir auf den grauen Polstern bequem, wofür ich erstmal einen ermahnenden Blick meiner Lehrerin erntete.
Doch anstatt brav wieder aufzustehen knackste ich in Ruhe meine Wirbelsäule durch, da mein Rücken vom ganzen Stehen weh tat.
Aus Versehen war das lauter als beabsichtigt.
Damit zog ich die Aufmerksamkeit sämtlicher Museumsbesucher inklusive meiner Lehrerin auf mich. Empört schnappte sie nach Luft und wollte mich zur Schnecke machen, jedoch hielt sie sich zurück um nicht weiterhin die Ruhe der anderen zu stören.
Stattdessen kam sie flotten Schrittes auf mich zu und blickte mich sauer an.

„Malu, wir sind hier in einem Museum! Du weißt doch wohl, wie du dich zu benehmen hast. Da du hier scheinbar so gut aufpasst, will ich heute Abend von dir zusammen mit Nadia eine Präsentation über die Mayas hören.", zischte sie und fuchtelte mit ihrem Zeigefinger vor meinem Gesicht herum.

„Mit Nadia?", brachte ich entgeistert hervor. Warum denn ausgerechnet mit dieser blöden Kuh?

„Ja. Sie hat sich vorhin freiwillig bei mir gemeldet, da sie das Thema so spannend fand. Deshalb dachte ich mir es wäre doch eine super Idee, wenn ihr das zu zweit macht - weniger Arbeit für euch beide. Und vielleicht färbt dann etwas von Nadias Ehrgeiz auf dich ab. Übrigens, die Präsentation wird benotet und zählt so viel wie eine Klausur. Denk also nicht, du könntest da einen Mist zusammenproduzieren."
Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und wandte sich wieder den Mayas zu.
Na super. Seit wann darf man denn nicht einmal mehr seinen verspannten Rücken von Qualen befreien?
Und wie sollte ich bitte eine gute Präsentation über die gesamte Geschichte der Maya bis heute Abend hinbekommen, wenn wir den ganzen Tag unterwegs waren?
Und dann sollte ich mich auch noch mit Nadia abgeben?
Ich war mehr als nur gestresst. In Spanisch hatte ich eine gute Note und das wollte ich mir wirklich nicht versauen.
Hoffentlich würde Nadia einfach die gesamte Präsentation machen und ich müsste dann nur einen Teil davon präsentieren.
Denn auch wenn Nadia sich wie die asozialste Bitch verhielt, in der Schule war sie echt gut. Wahrscheinlich machte sie sich bei den männlichen Lehrern mit mehr als nur netten Worten beliebt aber auch ihre Eltern hatten sicherlich Einfluss auf ihre Noten, denn sie spendeten jährlich eine großzügige Summe an unsere Schule.
Naja, das änderte trotzdem nichts daran, dass Nadia insgesamt um einiges besser in der Schule war als ich. Nur hatten die Noten in der Schule nicht unbedingt etwas mit Intelligenz zu tun, wofür Nadia der lebende Beweis war.

Genervt stand ich auf und schloss mich wieder der Gruppe an, wobei ich auf Marlee und Carter zusteuerte.

„Dein Date heute morgen hat dich ja ganz schön ausgepowert.", bemerkte Carter grinsend und hob seine Augenbraue hoch.

„Es war kein Date.", brummte ich schlecht gelaunt. Ich war gerade überhaupt nicht in der Stimmung für Witze.

„Was hat eigentlich Mrs. Blanc zu dir gesagt? Die war ja ganz schön sauer.", meinte Marlee um vom Thema Rio abzulenken. Sie schien wohl zu denken, dass ich wegen ihm und Carters Behauptung, es wäre ein Date gewesen, so schlecht drauf war.

„Ich darf euch heute Abend zu meiner Präsentation über die Geschichte der Mayas von Anfang bis Ende einladen. Nadia wird dabei mein Stargast sein, Eintritt ist sogar kostenlos.", antwortete ich trocken.