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Hatte ich Pablo richtig verstanden?
Hatte er Rio gerade wirklich gefragt, ob ich wusste, dass er mich wegen meines Geldes ausnutzte?

Mir wurde schlecht, mein Herz sackte mir quasi in die Hose und ich fühlte mich unglaublich schwer. Das war doch ein schlechter Witz!
Ich wollte Rio anschreien und fragen, ob das wahr war. Doch ich bekam keinen Ton heraus und war unfähig mich zu bewegen. Sie hatten mich immer noch nicht entdeckt.
So kam es also, dass ich einfach nur hier dastand und Dinge hörte, die nicht für meine Ohren bestimmt waren.

„No, ya no sabe (Nein, sie weiß es noch nicht).", erwiderte Rio, nachdem er kurz gezögert hatte.
„Quise contarla pero no puse (Ich wollte es ihr erzählen aber ich konnte nicht)."

Ich konnte es einfach nicht glauben.
Da hatte er doch gerade zugegeben, dass er meine Gefühle nur für seinen eigenen Vorteil ausgenutzt hatte!
Die ganze Zeit über hatte er mir nur etwas vorgespielt?!
Ich hatte wirklich das Gefühl gehabt, dass ich ihm wichtig war und ihm etwas bedeutete. Doch er hatte alles nur getan, um mein Vertrauen zu gewinnen und mich dann zu hintergehen. Das schlimmste für mich war, dass ich ihm sogar erzählt hatte, was für Vertrauensprobleme ich aufgrund des Reichtums meiner Eltern hatte, während er neben mir gesessen war und so getan hatte, als ob ich ihm wirklich leid getan hatte. Und ich war so dumm gewesen und hatte es ihm direkt abgekauft.
Wie konnte ich so naiv sein und denken, ein Junge der in bitterster Armut aufgewachsen war würde sich nur für das Mädchen und kein bisschen für ihr Geld interessieren?

Ich war rasend vor Wut.
Wut, weil Rio mich so verletzt hatte und nicht einmal gestoppt hatte, als ich ihm alles über mich erzählt hatte.
Wut, weil ich selbst zu blind vor lauter vorgespielten Gefühlen war um zu checken, was seine eigentlichen Intentionen waren.
Ich hatte immer gedacht, ich wäre nicht leicht zu manipulieren gewesen doch wie es schien, wurde mir hier gerade das Gegenteil bewiesen.

Auf einmal fiel mir ein, wie Rio und ich uns am Anfang nicht gut verstanden hatten. Dann war er ohne Grund von heute auf morgen unglaublich nett und süß zu mir gewesen. Zufällig kurz nachdem ich ihm erzählt hatte, dass meine Familie etwas mehr Geld besaß als der Durchschnitt.
Und ich hatte sein Verhalten nicht einmal wirklich hinterfragt...

„Warum sollte er es mir denn auch sagen, Pablo? Dann wäre sein toller Plan doch überhaupt nicht aufgegangen!", sagte ich verbittert und zog meine Augenbrauen zusammen.
Augenblicklich drehten sich Rio und Pablo ruckartig zu mir um.
Während ich Rio zornig anfunkelte, hatte er wie auf frischer Tat ertappt seine Augen aufgerissen und hob beschwichtigend seine Hände.

„Malu, was... ich kann das erklären! Es war ganz... es ist nicht so wie du denkst!", stammelte er und blickte abwechselnd hilfesuchend zu Pablo und flehend zu mir.

„Was willst du da denn noch erklären? So wie ich es mitbekommen habe, hast du mit meinen Gefühlen gespielt um an mein Geld zu kommen. Für mich ist das mehr als eindeutig und ich habe wirklich keine Ahnung, wie du dich aus der Situation rausreden willst!", rief ich wütend und einige Passanten drehten neugierig und verwundert ihre Köpfe zu uns um.
Die Aufmerksamkeit der halben Stadt konnte ich gerade wirklich nicht gebrauchen!

„Ich will mich auch gar nicht raus reden! Ich möchte doch einfach nur erklären, was wirklich war."
Rio klang wirklich verzweifelt.
Er sah auch wirklich verzweifelt aus.
Ich hätte bei seinem Anblick fast schon Mitleid bekommen.

„Dann erklär es halt! Aber denk nicht, dass danach alles wieder normal ist. Wir sind nämlich durch!", rief ich.
Rio zuckte bei meinen letzten Worten kurz zusammen, fasste sich dann aber wieder.

„Ja es stimmt... als du erzählt hast, dass deine Familie Geld hat, habe ich eben in dir meine Chance auf ein besseres Leben gesehen."

Ich schnaubte verächtlich.
Was hatte er denn gedacht.
Dass ich ihn mit zu mir nach Hause nehmen würde und er dort sein Leben leben könnte?

„Es war auch ziemlich einfach, dir etwas vorzuspielen.", fuhr er kleinlaut fort und hielt seinen Kopf gesenkt.
„Dein Ex hatte dich ja gerade erst betrogen und deine Freunde haben dich auch mehr oder weniger alleine gelassen. Da war es ein leichtes für mich, deine Gefühle auszunutzen. Aber dann..."

„Du Arschloch!", schrie ich.
„Du hast all das gemacht, obwohl du wusstest, dass mein Ex mich betrogen hat! Du bist kein bisschen besser als er!"
Ich konnte es nicht fassen, wie dreist das von ihm gewesen ist.

„Malu, ich..."

„Nein! Sag nie wieder meinen Name! Ich kann es einfach nicht fassen, dass ich schon wieder von einem Junge hintergangen wurde. Weißt du eigentlich wie weh das tut?!"
Ich merkte, wie meine Augen wässrig wurden, doch ich tat alles dafür um nicht loszuheulen. Nicht jetzt und ganz sicher nicht vor ihm.

„Es tut mir lei-"

„Es tut dir leid?! Und das soll ich jetzt auch noch glauben? Wie oft willst du mich denn noch verarschen?! Damals hast du gemeint, Jack verdient mich nicht. Also warum solltest du mich dann verdienen?!"
Rio fuhr sich seufzend durch die Haare und blickte erneut auf den Boden, Pablo stand neben ihm und sah einfach nur ratlos tierischen uns beiden hin und her.

„Alles was ich dir erzählt habe-", begann Rio erneut, doch ich unterbrach ihn.

„Ist auch gelogen?", vervollständigte ich seinen Satz.
„Dass dein Vater ermordet wurde und der arme kleine Rio einer Gang beitreten musste, um seine Familie zu unterstützen?"

„Das stimmt doch überhaupt nicht!", rief er wütend.
Mit seiner Familie hatte ich wohl einen wunden Punkt getroffen.
„Denkst du, ich habe mir zum Spaß die Tattoos gestochen, damit es glaubwürdiger rüber kommt?"
Fassungslos starrte er mich mit geweiteten Augen an.

„Bei dir würde mich nichts mehr überraschen.", entgegnete ich trocken.
Für eine kurze Zeit war es einfach nur still und wir funkelten uns gegenseitig an.

„Es stimmt aber wirklich, dass sein Vater ermordet wurde und Rio nur deswegen der Gang beigetreten ist.", warf nun Pablo ein.

„Misch du dich nicht auch noch ein!", rief ich und Pablo richtete seinen Blick betreten zu Boden.

„Die Leute haben Recht, du bist der Dreck von der Straße!", zischte ich.
Bevor ich auf dem Absatz kehrt machte, sah ich noch ein letztes Mal zu Rio. Wie vor den Kopf getreten hatte er seinen Mund aufgeklappt und seine Augen weit aufgerissen.
Vielleicht war das, was ich gesagt hatte, etwas zu viel gewesen. Aber es war zu spät um es rückgängig zu machen.
Ich stampfte davon in Richtung Hotel.
Rio würde ich sowieso nie wieder sehen.

a/n:
Was ist so eure Meinung zu dem was gerade passiert ist?🥺

Before DawnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt