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Sobald ich das Zimmer betreten hatte knallte ich die Tür hinter mir zu und schmiss mich auf mein Bett. Dann ließ ich den Tränen, die ich die ganze Zeit über zurückgehalten hatte, freien Lauf. Meine Schultern bebten unter meinen Schluchzern und verzweifelt schlug ich mir die Hände vors Gesicht.

„Malu? Was ist denn los?", ertönte Marlees Stimme.
Ich hatte gar nicht gemerkt, dass sie auch im Zimmer war, so beschäftigt war ich mit meinen eigenen Problemen gewesen.
Ich hob meinen Kopf und blickte sie aus verheulten Augen an. Glücklicherweise war es draußen schon dunkel und unsere Zimmerlampe war nicht all zu hell, weshalb Marlee nicht zu deutlich sehen konnte, wie schlimm ich aussah.
Anstatt zu antworten nahm ich Marlee schluchzend in den Arm, nachdem sie zu mir aufs Bett gekrabbelt war. Sie schlang ihre Arme fest um mich und strich mir beruhigend über den Kopf, während ich das Gefühl hatte, nie wieder aufhören können zu weinen. Ich hatte mich noch nie so verarscht gefühlt, nicht einmal nachdem Jack mich betrogen hatte. Das schlimmste aber war, dass ich mich selbst dafür verantwortlich machte. Ich selbst war zu dumm und gutgläubig gewesen, sodass ich tatsächlich gedacht hatte, Rio würde sich wirklich für mich interessieren.
Ich hätte mich selbst ohrfeigen können. Hatte ich denn aus Jacks Tat nichts gelernt? Wie konnte es denn sein, dass ich nach dem Hintergehen vom einen Junge direkt zum nächsten rannte?

„Willst du mir erzählen was passiert ist?", fragte Marlee mich nach einer Weile und setzte sich vor mich hin, damit sie mir in die Augen schauen konnte.
„Ich mache mir nämlich Sorgen.", fügte sie leise hinzu.
Ich schluckte und sah zu Boden. Sie würde mich sicherlich für dumm verkaufen, wenn ich ihr alles erzählen würde. Aber ich würde es ihr nicht einmal übel nehmen.

„Es ist wegen Rio.", fing ich an und Marlees Augen weiteten sich, während sie mich gleichzeitig gebannt und besorgt ansah.
„Ich habe etwas über ihn herausgefunden, was einfach so scheiße ist, Marlee!"
Schon wieder stieg ein weiterer Tränenfluss in meine Augen lief meine Wangen hinab.

„Okay...? Du machst mir Angst.", sagte Marlee unruhig und zog ihre Augenbrauen zusammen.
„Du hast doch heute jemanden aus seiner Familie getroffen, oder? Ist da irgendetwas schlimmes passiert?"

„Nicht direkt.", erwiderte ich und meine Stimme war kurz davor zu brechen.
„Ich habe seinen Cousin getroffen. Es war alles ganz nett, wir haben uns super verstanden und sogar einen Weg gefunden, wie wir Jack helfen könnten. Mit seinem Drogenproblem."

„Und dann?", fragte Marlee leise nach, als ich aufgehört hatte zu sprechen.

„Dann sind sie schonmal rausgegangen, während ich auf der Toilette war. Als ich auch das Restaurant verlassen habe, habe ich gehört wie sie über mich geredet haben"

„Sie haben dich nicht bemerkt?", wollte Marlee wissen und ich schüttelte den Kopf.

„Sie standen mit dem Rücken zu mir. Rios Cousin hat ihn gefragt, ob ich denn schon weiß, dass Rio sich nur wegen dem Geld an mich rangemacht hat."
Sofort schoss mir wieder diese Situation durch den Kopf und ich schlug mir die Hände vors Gesicht, damit Marlee meine Tränen nicht sehen konnte. Ihr perplexer Blick hatte es nicht besser gemacht. Im Gegenteil, es machte alles nur noch schlimmer und ich heulte noch bitterlicher als sowieso schon.

„Stimmt das denn?", fragte Marlee zögerlich.

„Ja. Er hat es nicht einmal versucht abzustreiten.", lachte ich trocken.
Das musste man ihm lassen, er war immerhin ehrlich gewesen und hatte nicht versucht, sich irgendwie rauszureden. Das machte die Sache allerdings kein bisschen besser.

„Er hat einfach mit meinen Gefühlen gespielt, so als wären sie nichts wert. Und dann hatte er auch noch den Nerv dazu zu sagen, dass es total einfach war weil ich gerade emotional sowieso nicht stabil war!", rief ich verbittert.
Ich verstand nicht, warum das alles mir passieren musste. Warum ich es war, die innerhalb von drei Wochen von zwei Jungs hintergangen wurde. Was hatte ich denn getan, damit ich das verdiente?
Es fühlte sich so an, als ob sich die ganze Welt gegen mich gerichtet hatte und ich immer weiter in ein tiefes, dunkles Loch fiel, aus dem mir niemand raushelfen würde und könnte.

„Ich kann es einfach nicht glauben...", murmelte Marlee.
„Er war doch so nett und ihr beide zusammen saht richtig süß aus! Es will einfach nicht in meinen Kopf rein, dass das die gleiche Person ist, die dich nur benutzt hat."

In meinen Kopf wollte das doch auch nicht rein. Alles hatte sich so echt angefühlt, als ob er sich wirklich für mich interessierte und die Zeit mit mir genossen hatte. Er hatte sich so viel Mühe gegeben, mir verschiedene schöne Orte gezeigt, mich getröstet als ich ihn von meinem Bruder erzählt hatte und war mit mir sogar auf ein Date gegangen.
Mal wieder wurde mir gezeigt, wie weit Menschen gehen würden um an Geld zu kommen. All das wäre mir erspart gewesen, wenn es auf dieser Welt nicht so viel Armut gäbe und Geld nicht gleich Macht bedeutete.

Die Zeit mit Rio war eigentlich wunderschön gewesen, der beste Teil der Klassenfahrt. Doch jetzt sah ich alles in einem anderen Licht und die einzige schöne Erinnerung an die Zeit hier würde unser Abflug sein. Ich wollte einfach nur noch nach Hause und alles hinter mir lassen.

„Immerhin ist es jetzt rausgekommen und nicht später, wenn du noch viel mehr Gefühle für ihn gehabt hättest.", versuchte Marlee das Positive daran zu sehen.

„Ich hätte gestern fast mit ihm geschlafen!", rief ich verzweifelt.
Ich könnte kotzen.
Da war ich ihm doch tatsächlich verfallen. Ich war auf Wolke sieben geschwebt und er hätte mit mir tun können und hätte bekommen was er wollte, während ich ihn weiterhin durch die rosarote Brille angeschwärmt hätte.
Ich konnte mich wirklich nicht genug darüber aufregen. Rio hatte bestimmt oft darüber gelacht, wie einfach es war, mir etwas vorzuspielen. Jetzt war seine einzige Sorge sicherlich, dass er das alles umsonst gemacht hatte. Während ich hier heulend mit einem angeknacksten Herzen saß und wahrscheinlich nie wieder einen Fuß nach Mexiko setzen könnte.
Es war einfach nur erbärmlich wie ich immer wieder das Opfer war, obwohl ich doch einfach nur versuchte glücklich zu sein.

„Das hast du aber nicht. Also ist doch alles gut, oder?", versuchte Marlee mich zu beruhigen.
Das gelang ihr aber überhaupt nicht denn sofort überkam mich schon der nächste Heulkrampf.

„Nichts ist gut! Ich habe doch trotzdem noch Gefühle für ihn!", schluchzte ich und Marlee legte mir einen Arm um die Schulter.
„Wie soll ich denn jemals wieder einem Junge oder irgendwem vertrauen können?"

„Mit der Zeit wird das schon, vertrau mir.", meinte Marlee und tätschelte meinen Arm.
Ich war mir da aber nicht mehr so sicher. Wenn es nach mir ging, wäre es das beste wenn ich mich von der gesamten Menschheit abschottete und einsam in irgendeiner Hütte im Wald leben würde. Das war zwar nicht gerade mein Traum aber immerhin würde mich so niemand mehr ausnutzen und hintergehen.

„Können wir einfach bitte aufhören darüber zu reden?", bat ich sie, als ich nicht mehr ganz so viel heulte.
„Ich werde ihn nie wieder sehen und will nie wieder auch nur einen Gedanken an ihn verschwenden."

a/n:
Malu tut mir grade voll leid : (

Denkt ihr sie wird Rio wirklich nie wieder sehen?
Oder passiert da noch was?

Before DawnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt