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Es war schon spät und ich saß auf meinem Bett, bereit jederzeit schlafen zu gehen. Ich war ziemlich müde, was vor allem an der Fahrradtour mit Rio auf den Berg heute Morgen lag.
Ich hatte Mühe dabei, meine Augen aufzuhalten, doch ich wollte noch wach bleiben um auf Marlee zu warten.
Sie war noch nicht in unserem Zimmer, obwohl wir bereits schon seit einer ganzen Stunde auf unseren Zimmern sein sollten. Und Marlee hielt sich immer an die Regeln.
Es lief aber schon seit einer Woche so, dass sie erst abends spät auftauchte.
Sie redete nie darüber wo sie war, doch für mich war es klar, dass sie und Carter die Distanz zu ihren Eltern ausnutzten und ordentlich Matratzensport betrieben.
Es freute mich für die beiden, dass sie so eine aktive Beziehung führen konnten, nur bekam ich dadurch beide nicht mehr so oft zu Gesicht. Vor allem mit Marlee redete ich inzwischen weniger, da sie abends immer so lange weg blieb bis wir beide zu müde waren um uns noch großartig zu unterhalten.

Ich scrollte durch Instagram, um die Zeit in der ich wartete zu verkürzen. Durch das geöffnete Fenster neben mir drangen die abgedämpften Geräusche des mexikanischen Nachtlebens und das Zirpen irgendwelcher Heuschrecken, die es sich im Garten des Innenhofes bequem gemacht hatten.
Die Luft jetzt war im Vergleich zur Hitze tagsüber angenehm kühl aber trotzdem nicht zu kalt.

Ich hatte gerade einen neuen Meme-Account entdeckt, als Marlee zur Tür herein platzte.

„Hey.", murmelte ich und sah zu ihr rüber.
Beim Anblick ihrer etwas durcheinander geratenen Haare verdrehte ich die Augen. Meinen Beobachtungen zufolge war sie die komplette vergangene Woche jeden Tag mit Carter im Bett gewesen.

„Hey, tut mir leid, dass es schon wieder so spät geworden ist.", entschuldigte sich Marlee und begann hektisch, sich ihren Schlafanzug anzuziehen.
Sie wusste, dass ich nicht die Person war die immer bis nachts um zwei aufblieb und am nächsten Tag fit wie ein Turnschuh war. Deswegen beeilte sie sich jetzt, damit ich so früh wie möglich schlafen konnte.
Denn auf die eine Minute kam es natürlich an.
Hätte sie eben nicht mit Carter rumtrödeln sollen.

„Kein Problem. Ich bin es ja gewohnt.", erwiderte ich knapp und lenkte meinen Blick wieder auf die Memes.
Meine mangelnde Gesprächigkeit ließ Marlee aufmerksam werden und besorgt sah sie zu mir herüber.

„Ist alles ok bei dir? In letzter Zeit bekomme ich so wenig von dir mit. Du bist irgendwie viel zurückhaltender und verschlossener... keine Ahnung."

„Ja kann sein."
Ich hatte gerade wirklich keine Lust mir einen Vortrag von Marlee über mein Verhalten anzuhören. Ich war einfach nur müde und wollte schlafen. Und das hätte ich schon längst gekonnt wenn sie sich nicht immer so spät noch in Carters Zimmer schleichen musste.

Marlee seufzte und setzte sich zu mir auf mein Bett. Ich zog meine Beine an, denn auf eine Runde kuscheln war ich nicht aus.
Abwartend sah ich sie an, da sie nichts sagte.

„Was ist?", fragte ich schließlich und klang dabei zickiger als ich eigentlich wollte.
Marlee holte tief Luft und sah ratlos auf ihre Hände. Es kam nicht oft vor, dass zwischen uns dicke Luft herrschte.

„Bist du sauer, weil ich jetzt mehr Zeit alleine mit Carter verbringe? Während du noch mit deiner Trennung von Jack zu kämpfen hast?", fragte sie vorsichtig, um mich nicht noch mehr zu verärgern.
Ich ließ mein Hände auf die Bettdecke fallen und sah seufzend in den Nachthimmel hinaus.

„Vielleicht.", sagte ich.
Das war ein ‚ja', nur auf die sture Art zugegeben.

„Ok wenn das so ist... was hältst du davon wenn wir morgen Nachmittag shoppen gehen? Das hatten wir doch eh schon für die Klassenfahrt vorgehabt.", schlug Marlee vor und sah mich hoffnungsvoll an.
Ich wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte. Wahrscheinlich würde sie sich nach unserer Shoppingtour wieder besser fühlen und Carter wäre wieder ihre oberste Priorität.
Ich sah sie also nur an und hob meine Augenbrauen.

„Nur wir beide. Kein Carter und nicht sonst irgendwer. Und dann können wir über alles reden und nachholen, was wir jetzt verpasst haben, ok? Ich fühle mich nämlich schlecht, wenn zwischen uns nicht alles ok ist.", fuhr sie fort als sie merkte, dass ich keine Freudensprünge machte.
Ich kratzte mich am Kopf, während ich überlegte ob ich auf ihr Angebot eingehen sollte oder nicht.
Einerseits wusste ich nicht, was eine Shoppingtour daran ändern sollte, dass sie nicht jeden Abend in Carters Zimmer verschwand und mich alleine ließ. Aber andererseits würde es mir auch nicht wehtun, shoppen zu gehen. Höchstens mein Portemonnaie würde darunter leiden, denn ich brauchte echt dringend neue Klamotten.
Warum also nicht?

„Also gut, gehen wir morgen shoppen.", seufzte ich und tat so, als ob ich überhaupt nicht begeistert wäre.
Marlee sollte sich schließlich nicht zu sicher fühlen und denken, dass man mich übermorgen wieder links liegen lassen könne.
Marlees Augen leuchteten auf und sie klatschte in die Hände bevor sie mich umarmte.

„Das wird so toll! Ich weiß es einfach.", rief sie und löste sich wieder von mir.
„Ich habe schon gegoogelt welche Läden es hier gibt und die sind alle so geil, wirklich! Wenn Rio dich in deinem neuen Outfit sieht, wird es für dich alles andere als schwer sein, ihn rumzukriegen."
Sie zwinkerte mir grinsend zu und ich zog meine Augenbrauen hoch.

„Wer hat denn hier gesagt, dass ich ihn überhaupt herumkriegen will? Er sieht doch nicht mal so gut aus.", versuchte ich Marlee von ihrer absurden Vorstellung abzubringen.
Sie riss ihre Augen auf und sah mich entgeistert an.

„Was? Hast du gerade etwa gesagt, er sehe nicht gut aus? Was ist denn jetzt mit dir los? Ich habe ihn zwar noch nie gesehen, aber der Typ ist Mexikaner. Das ist doch praktisch die Grundvoraussetzung um gut auszusehen. Außerdem hat es sich so angehört, als wäre er der hottest man alive als du ihn mir beschrieben hast. Also, warum lügst du jetzt?"
Sie hatte sich nach vorne gebeugt und schaute mir tief in die Augen, wahrscheinlich hoffte sie so, eine Antwort auf ihre Frage zu finden.

„Ich weiß nicht, vielleicht weil ich keine Gefühle für ihn entwickeln will. Das wäre ja das dümmste was mir passieren könnte. Und wenn ich zugeben würde, wie gut er aussieht und was ich sonst noch so an ihm mag, dann würde ich viel zu oft an ihn denken. Und irgendwann würde ich dann an nichts anderes mehr als an ihn denken können und zack - hätte ich mich in ihn verliebt. Außerdem möchte ich dich daran erinnern, dass ich mich erst vor kurzem von Jack getrennt habe."
Ich zupfte an der Bettdecke und schaute Marlee nicht in die Augen, denn es war mir unangenehm zuzugeben, dass ich vielleicht Gefühle für Rio haben könnte wenn ich es zulassen würde.
Marlee nahm meinen Kopf in ihre Hände und schüttelte ihn.

„Man Malu. Jetzt scheiß doch einfach mal auf Jack! Wenn Rio dein Traumtyp ist, dann ist er dein Traumtyp. Du kannst doch den Richtigen nicht einfach wegen irgendeiner gescheiterten Beziehung von dir stoßen."

„Hey, ich war mit Jack zwei Jahre lang zusammen. Das ist nicht irgendeine gescheiterte Beziehung.", rechtfertigte ich mich und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Aber darüber will ich jetzt nicht reden. Lass uns einfach schlafen.", sagte ich und gähnte.

„Na gut.", seufzte Marlee, stand auf und verschwand ins Bad.
Ich kuschelte mich unter meine Decke, schloss die Augen und wartete darauf, einzuschlafen.
Jack war in letzter Zeit oft genug mein letzter Gedanke gewesen bevor ich eingeschlafen bin. Das hatte ich langsam satt.
Nur wollte ich nicht, dass stattdessen direkt der nächste Junge mich nachts wachhielt.

a/n:
Hat euch schon mal eine Freundin wegen ihrem Freund vernachlässigt/komplett ignoriert?

Ich finde sowas richtig asozial lol

Before DawnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt