Er konnte mir nicht widerstehen.
Und ich konnte ihm nicht widerstehen.
Das war das Kommando für mich, mich wieder auf ihn zu stürzen.
Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal einen so leidenschaftlichen Kuss gehabt hatte.
Wahrscheinlich noch nie.Ich vergrub meine Hände in seinen Haaren, während er eine Hand auf meinen Oberschenkel gelegt hatte und mit der anderen unter meinen Pulli fuhr. Dort löste er mit seinen sanften Berührungen inständig eine Gänsehaut aus, obwohl mir eigentlich viel zu warm war.
Unsere Lippen verfielen in den selben Rhythmus, erst langsamer dann schneller.Das was ich gerade fühlte, war unglaublich. Ich hatte komplett vergessen, wo wir überhaupt waren. Mit Jack war das nie so gewesen.
Sofort verfluchte ich mich innerlich dafür, dass ich gerade an meinen Ex dachte während ich den besten Kuss meines Lebens mit Rio hatte. Doch es zeigte mir einfach, dass ich nicht die gleichen intensiven Gefühle gegenüber Jack gehabt hatte.
Das hier war anders.
Ich konnte nicht erklären auf welche Art und warum aber es fühlte sich viel intensiver und tiefgründiger an.„Warum hast du deine Meinung geändert?", fragte ich, als ich mich wieder von ihm löste.
„Also klar, du kannst mir nicht widerstehen, aber warum?"Rio schmunzelte und sein Blick war auf das klare Wasser des Sees gerichtet.
„Ich habe einfach gemerkt, dass du mich glücklich machst. Dass ich bei dir alle meine Probleme vergesse. Also warum sollte ich darauf verzichten? Ich bin lieber für kurze Zeit glücklich, als gar nicht, nur weil ich Angst vor den Konsequenzen habe."Ich lächelte und schaute zufrieden in die Ferne. Es machte mich wirklich überaus froh ihm dabei helfen zu können, wenigstens für einen kurzen Moment aus seinem Alltag zu entfliehen.
Dann dachte ich aber genauer über seine Worte nach.„Wie meinst du das, nur für kurze Zeit? Und was für Konsequenzen?"
Verwirrt runzelte ich meine Stirn und richtete meinen Blick auf ihn.
Rio seufzte und fuhr sich tief Luft holend durch die Haare. Dann sah er mich ernst an.„Darüber wollte ich mit dir reden. Deswegen sind wir hier."
Allein schon anhand des Tons seiner Stimme merkte ich, dass das kein schönes Thema werden würde.
„Okay? Dann... dann kannst du jetzt anfangen, darüber zu reden. Ich höre dir zu.", sagte ich und lächelte ihn aufmunternd an.
„Du musst aber versprechen, dass du mir wirklich nur zuhörst, okay? Vom Anfang bis zum Ende. Das ist wichtig, weil sonst würdest du über mich urteilen, ohne die ganze Geschichte zu kennen.", bat er mich und zog seine Augenbrauen etwas hoch, um mir zu verdeutlichen wie wichtig das für ihn war.
„Mache ich, versprochen.", erwiderte ich nickend und und sah ihn abwartend an.
„Ich weiß, dass dir das, was ich gleich erzählen werde, sicher nicht gefallen wird. Es ist auch für mich schwer, weil ich noch nie jemandem davon erzählt habe. Alle Menschen, mit denen ich in Kontakt bin, sind auch in die Sache verwickelt.", begann er zögerlich, den Blick auf den weißen Sand geheftet.
Mir war etwas mulmig zumute.
Wenn er sich so sicher war, dass es mir nicht gefallen würde und mir befahl, dass ich mir die komplette Geschichte anhören sollte, konnte es wohl nichts gutes sein.„Der Grund warum ich mich vorhin ausgezogen habe, ist weil ich dir meine Tattoos zeigen will.", fuhr er fort und automatisch wurde mein Blick von den Zeichnungen auf seiner Haut angezogen.
Normalerweise hätte ich jetzt so etwas wie ‚Sicher, dass du nicht auch mit deinen Muskeln angeben willst?' gesagt, doch die Ernsthaftigkeit seines Blickes hielt mich davon ab.
Für Scherze war gerade wohl nicht der richtige Augenblick.„Naja, nicht alle meine Tattoos sondern nur drei."
Er drehte mir den Rücken zu.
„Siehst du das in der Mitte?", fragte er mich woraufhin ich mir seinen Rücken genauer ansah.
Genau auf seiner Wirbelsäule verlief vertikal zwischen seinen Schulterblättern ein Tattoo.
Es war ein Datum.
19.10.2014„Ja ich sehe es.", murmelte ich nickend.
„Was bedeutet es denn?"Rios Schultern hoben und senkten sich langsam, seinen Kopf hielt er gesenkt.
Er antwortete nicht direkt, sondern schwieg erst.„Das ist der Tag, an dem mein Vater ermordet wurde.", erklärte er schließlich und ich glaubte, mich verhört zu haben.
„Was? Dein... dein Vater wurde ermordet?", stammelte ich vollkommen perplex.
„Oh Gott Rio! Das tut mir so Leid!"
Ich setzte mich vor ihn und nahm ihn in den Arm. Schwach schlang er seine Arme um mich und legte sein Kinn auf meiner Schulter ab.
Es war fast genau so, wie als ich ihm vom Tod meines Bruders erzählte hatte. Nur waren jetzt die Rollen vertauscht.
Damals hatte ich nicht den blassesten Schimmer gehabt, dass wir das gleiche Schicksal teilten. Kein Wunder hatte er sich so gut um mich gekümmert. Er hatte schließlich genau gewusst, wie ich mich gefühlt hatte.
Und jetzt wusste ich bestens, wie er sich fühlte.„Ich kann das einfach nicht glauben.", murmelte ich immer wieder, denn ein Mordfall war ein ganz anderes Level. Natürlich hatte ich Fragen, und zwar mehr als genug. Doch ich hielt mich zurück, denn wenn, dann würde er von sich aus erzählen.
„Ich bin für dich da, verstehst du? Und zwar immer."Rio löste sich aus der Umarmung und nickte, dann schaute er zu mir auf und nahm meine Hände.
„Es geht schon, ich hatte schließlich mehrere Jahre Zeit um das zu verarbeiten. Und außerdem ist sein Mörder genau so tot wie mein Vater."
„Er ist auch tot?", fragte ich, zu schnell um die Worte zurückzuhalten.
Das hörte sich gar nicht gut an.
Rio nickte ernst.„Ja. Und jetzt kommt der Teil vor dem ich Angst habe."
„Du hast Angst? Warum hast du Angst?"
Unruhig huschte mein Blick durch die Gegend.„Ja.", gab Rio zu und schluckte.
„Ich habe Angst, dass du mich danach nicht mehr mit den selben Augen siehst. Dass du einfach abhaust, aus Angst vor mir."Schnell schüttelte ich den Kopf.
„Ich werde doch nicht einfach abhauen, versprochen."Er nickte leicht und seufzte dann.
„Das Tattoo hier ist die Waffe, die den Mörder meines Vaters getötet hat."
Rio zeigte auf die Stelle auf seinen Rippen unter der linken Brust.
Stumm warf ich einen Blick auf die Waffe.
Es gab doch noch einen anderen Grund für dieses Tattoo, oder Rio?Es schien, als hätte er meine Gedanken gelesen.
„Die Waffe, die ich benutzt habe, um ihn zu töten. Den Mörder meines Vaters."—
a/n:
Das Drama geht los meine lieben Freunde :)Was haltet ihr davon, dass Rio ihn umgebracht hat?
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Before Dawn
Teen FictionNatürlich nahm sie nicht an, ihr Leben würde perfekt werden. Das wäre schlichtweg dumm und naiv gewesen. Doch das erste Mal seit drei Jahren meinte sie zu glauben, das Glück wäre wieder auf ihrer Seite. Bevor sie es jedoch ergreifen kann, wird die...