„Er hat dir seine Nummer gegeben? Von sich aus? Ohne, dass du gefragt hast?", rief Marlee mit aufgerissenen Augen während ich genüsslich in meinen Taco biss.
Wir saßen an dem kleinen Tisch in unserem Zimmer und nahmen unser Mittagessen zu uns.
Die neue Regel aufgrund des Überfalls war nun, dass wir nicht mehr in Restaurants essen durften und mussten somit immer in zwei großen Gruppen mit je einem Lehrer uns unser Essen an irgendwelchen Schnellimbissen kaufen.„Ja habe ich.", bestätigte ich es ihr noch einmal und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Den kompletten Vormittag hatte ich mich dabei ertappt, wie meine Gedanken ständig zu Rio abgeschweift sind und ich lächelnd durch die Museen über die Eroberung Lateinamerikas gelaufen bin.
Marlee und Carter hatten mich deshalb mehrmals gefragt, was denn mit mir passiert wäre, da ich die vorherigen drei Tage puren Pessimismus ausgestrahlt hatte.
Ich hatte nur geantwortet, dass ich mich mit Rio unterhalten hatte, mit den Einzelheiten bin ich vorerst nicht herausgerückt.Jetzt beim Mittagessen erzählte ich Marlee bis aufs genaueste Detail, wie mein Treffen mit Rio verlaufen ist und sie konnte vor Staunen und Begeisterung gar nicht mehr richtig ihren Taco essen.
„Malu, ich sehe doch wie du nicht mehr aufhören kannst zu Grinsen. Den ganzen Tag schon.", lachte meine beste Freundin und wackelte mit ihren Augenbrauen.
Auf sie wirkte ich wahrscheinlich wie frisch verliebt.
Doch ich war nicht verliebt.
Ich war einfach nur froh... einen guten Freund gefunden zu haben.
Dessen kleiner Pluspunkt war, dass er noch ganz gut aussah und Spanisch sprach.
Ich fand es nämlich heiß, wenn Typen Spanisch sprechen.„Hallo! Malu!"
Marlee wedelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum und ich schrak auf.„Jetzt hast du schon wieder von ihm geträumt, oder? Du bist ja richtig schlimm!", seufzte sie und verdrehte theatralisch ihre Augen.
„Sorry.", murmelte ich und nahm einen Biss von meinem Taco.
„Es hat einfach gut getan mit ihm zu reden und jetzt geht es mir schon viel besser. Da darf ich doch glücklich sein.", meinte ich und sah sie herausfordernd an.„Ha! Du meinst wohl eher es hat gut getan, dich wie eine Katze streicheln zu lassen und seine Hand viel zu weit oben an deinem Bein zu spüren. Und der Kuss auf die Stirn? Der hat dich gelangweilt oder was?", rief sie verständnislos und zog ihre Augenbrauen hoch.
Ich biss mir auf meine Unterlippe um nicht schon wieder zu grinsen. Marlee wusste genau, wie Recht sie doch hatte.„Man Malu, was bist du denn für eine Schlaftablette geworden. 'Es tat gut mit ihm zu reden'. Sag doch einfach gleich die Wahrheit. Ich weiß schließlich wie sehr du auf Berührungsentzug von Jungs nach der Trennung mit Jack bist."
Abrupt hielt sie inne und und sah mich mit geweiteten Augen an.
Sie war unsicher, wie ich auf die Erwähnung der Trennung reagieren würde.
Und auch ich dachte, dass es mir einen Schlag versetzen würde, doch ich spürte nicht wirklich wie die Trauer und das Gefühl des Verlusts in mir aufkeimte.
Stattdessen verspürte ich eher Gleichgültigkeit.„Schon gut, mach dir keine Sorgen", versicherte ich ihr.
„Ich glaube, ich bin so langsam über ihn hinweg. Das ist ja auch nicht so schwer, so asozial wie er sich gerade verhält.", lachte ich trocken.
Von ihm und seinen Kumpels bekam ich täglich dumme Kommentare zu hören.
Zwar versuchte ich, sie nicht zu ernst zu nehmen, denn ich wusste dass ich keine Schlampe war. Jedoch machte es mir schon etwas zu schaffen, dass man mich nicht einfach in Ruhe ließ und ich als die 'Böse' dastand, während es niemanden kümmerte, dass er mich schon längst vergessen hatte und nun mit Nadia 'glücklich' war.„Es freut mich, dass du dich nicht mehr so fertig machst wegen ihm. Auch wenn du dir von anderen Kommentare anhören musst, das kannst du leichter ignorieren als deine eigenen Gedanken.", meinte Marlee und griff über den Tisch nach meiner Hand.
Ich lächelte und drückte sie.
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Before Dawn
Teen FictionNatürlich nahm sie nicht an, ihr Leben würde perfekt werden. Das wäre schlichtweg dumm und naiv gewesen. Doch das erste Mal seit drei Jahren meinte sie zu glauben, das Glück wäre wieder auf ihrer Seite. Bevor sie es jedoch ergreifen kann, wird die...