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Ich hatte unser warmes, duftendes Mittagessen unter dem Arm und stieg die Treppen zu unserem Zimmer hinauf. Ich verzichtete auf den Aufzug, denn ich konnte gerade jedes bisschen Bewegung gebrauchen.
Die Nummer mit Rio heute morgen hatte mich ziemlich verwirrt.
Was hatte er denn für einen Grund, plötzlich so süß zu sein und mir dann auch noch beim Tanzen so nahe zu kommen, wo wir gestern doch überhaupt nicht miteinander klar gekommen sind?
Vielleicht hatte er es sich auch einfach nochmal überlegt und ist zu dem Schluss gekommen, dass ein bisschen Ablenkung von seinen Problemen auch ihm nicht schaden würde.
Das musste es sein, denn anders konnte ich mir seinen plötzlichen Sinneswandel nicht erklären.

Eigentlich freute ich mich, dass er heute viel freundlicher und lebensfroher war, denn diese Seite von Rio gefiel mir viel besser als die gefühlskalte, abweisende Seite.

Gedankenverloren öffnete ich die Tür zu unserem Zimmer und ging hinein. Ich stellte pfeifend unsere Burritos auf einem kleinen Tisch ab und zog meine Schuhe aus. Gerade wollte ich Marlee und Carter schreiben, dass ich wieder zurück war, als ich aus dem inneren des Zimmers Geräusche hörte.

Eindeutige Geräusche, die mir bestens bekannt waren.

„Marlee? Bist du da?", rief ich um mir Klarheit darüber zu verschaffen, was ich bereits vermutete.
Sofort wurde es still im Zimmer und ich musste grinsen.
Da war ich wohl in einem sehr intimen Moment zwischen Marlee und Carter hereingeschneit.

„Malu?! Bleib bitte da wo du bist. Oder geh kurz raus. Bitte!", hörte ich Marlee rufen während Carters Lachen leise ertönte.
„Das ist so peinlich. Oh mein Gott!", sagte sie leise zu ihm und ich konnte mir ein Lachen meinerseits nicht verkneifen.

„Ich geh ja schon. Aber beeilt euch, das Essen wird sonst kalt."
Ich schnappte mir einen der drei Burritos und machte mich auf den Weg in den Innenhof des Hotels.
Dort setzte ich mich auf eine Bank und biss genüsslich in mein Essen.
Da ich nicht wusste, wie weit die beiden gerade gewesen sind hatte ihn beschlossen, mein Mittagessen hier zu mir zunehmen.
Ich hatte keine Lust ewig vor der Tür zu stehen und darauf zu warten, dass sie mal fertig waren.
Wer weiß, wie lange das noch dauern würde.

Lachend schüttelte ich meinen Kopf.
Da hatte ich doch tatsächlich meine zwei besten Freunde zusammen im Bett erwischt.
Zum Glück nur auditiv und nicht visuell. Sonst wäre ich wahrscheinlich bis an mein Lebensende traumatisierte gewesen. 
Es hatte ja schon gereicht, als ich mit unschuldigen sieben Jahren meine Eltern erwischte. Damals war mir noch nicht klar wie Kinder entstehen, weshalb ich daraufhin sehr verwirrt war und meinen Eltern tagelang nicht in die Augen schauen konnte.
Mein Bruder musste mir dann erklären was das war, denn er hatte zu dem Zeitpunkt gerade Sexualkunde im Unterricht.
Er war schon immer sehr hilfsbereit gewesen.

Da ich die Gedanken an meinen Bruder verdrängen wollte, dachte ich wieder an Marlee und Carter.
Ich hoffte doch sehr, dass sie es nicht in meinem Bett getrieben haben.

Und schon gingen meine Gedanken zu meinem letzten Mal mit Jack über. Es war auch hier gewesen.
In seinem Bett.
Vor vier Tagen.
Zu dem Zeitpunkt glaubte ich, im Himmel gewesen zu sein. Doch jetzt weiß ich, dass ich dort mit dem Teufel war.

Es ist wirklich unglaublich, wie viel innerhalb von ein paar Tagen passieren konnte. Wie sehr sich das Leben in so einer kurzen Zeit ändern konnte.
Obwohl mir das schon einmal bewiesen wurde, hatte es mich dieses Mal mit voller Wucht getroffen.
Ich war vielleicht nicht so am Boden zerstört wie ich es das letzte Mal gewesen bin da ich weiß, dass das Leben wieder bessere Tage mit sich bringen wird. Aber trotzdem wurde meine Illusion eines nahezu perfekten Lebens zerstört.

„Hier bist du!"
Marlees Stimme ertönte neben mir und brachte mich wieder in die Gegenwart. Ich hatte sie gar nicht kommen hören und auch, dass ich meinen Burrito vollständig gegessen hatte, hatte ich gar nich wirklich wahrgenommen.

Before DawnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt