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Kadetten ohne Abschluss

Guter Plan, ich hab' genug dämliche Snaps von in der Schule gespeichert.

„Aye, Sir – Stopp, falscher Bereich, das ist Marine, egaaahal." Während ich den Beamer mit dem Laptop und mit meinem Handy kopple, ruft Light von hinten, dass Nici gerne lauter reden kann.

Tut sie auch.

Sogar mit visueller Unterstützung – will sagen, mit Bildern, fünf Minuten später. Längst sind wir bei unserem Heimatplaneten angelangt, bei unseren Familien, unserem Leben außerhalb. Die Erde sorgt für Zwischenrufe, weil alle langsam mutiger werden.

„194 Länder und über 6000 Sprachen?! Auf einem Planeten?!", brüllt jemand aus der linken Ecke und wirft, sichtlich perplex, zur Verdeutlichung dieses dämlichen Verhaltens der Erdianer die Arme in die Luft, „und ihr seid alle Menschen? Warum massakriert ihr euch dann, entspannt euch doch einfach..."

„Ja, schön wär's, Religion macht blöd im Gehirn und Macht korrumpiert." Ich zucke die Schultern und tippe lautstark klappernd in die Google-Suche 'Weltkarte' ein, besser gesagt öffne ich die Karte mit dem weltweiten Konflikttracker*, bevor ich mein Bokken – ein japanisches Übungsholzschwert –, als Zeigestab missbrauche.

Hoffen wir, dass das mein Sensei nicht erfährt.

„Also, es gibt sieben Kontinente" Mein Holzschwert beschreibt einen Kreis auf der Karte, wobei ich ebenfalls eine Projektion der Karte auf dem Körper habe, und damit ziemlich lustig aussehe, denn gerade frisst Deutschland Belgien (oder eher, mein Kopf ist genau da und wenn ich rede, kann das von der Seite durchaus so aussehen), „und äh – ihr seht es ja selbst, wo es überall Stress gibt. Nur so, unsere längste Friedensperiode in Europa läuft noch, und zwar seit 75 Jahren. Europa ist das da..."

Mit der Spitze tippe ich auf das an die äußere Wand der Kantine geworfene Bild – und erdolche ganz legal Großbritannien, was sich eventuell ziemlich gut anfühlt.

Nimm das, Boris Johnson!

Nici chillt im Campingstuhl mit Block auf den Beinen zum Notieren der meistgestellten Fragen – sie will später freiwillig ein Handout zusammentippen –, neben dem Beamer im Gang vor dem vorletzten Tisch und beantwortet mit mir abwechselnd die Fragen, die zumeist reingerufen werden, wenn sie nicht gerade jemanden aufruft. Selbstverständlich wird dabei wild in der Luft herumgewedelt, obwohl sie spitze, aktuell knallrote, Fingernägel hat, die eigentlich als Waffe eingestuft gehören.

„Und davor war die ganze Welt im Krieg..." Mein Bokken schiebe ich in die Saya, die schwarze Plastikschwertscheide, zurück, bevor ich mich am Nacken kratze und mich dann entschließe, meinem Publikum die Infos nicht vorerst vorzuenthalten, sondern gleich rauszuhauen, „tja, und der endete mit so ungefähr 60 bis 70 Millionen Toten – über die Hälfte davon waren Zivilisten, weil man halt alles weggebombt hat, was nicht bei drei auf'm Baum war – egal, eine unschöne andere Geschichte, die kann ich auch jetzt gar nicht erklären, da bräuchten wir ein paar Tage..."

Jemand hat den Ton im Raum ausgeschaltet.

Das meine ich ernst, selbst das leise Gemurmel ist abgebrochen, dafür starren mich meine zahlreichen Zuhörer an – und das sehe ich auch durch das blendende Beamerlicht, dass mir die Sicht nimmt.

Ein Planet, so viele Tote. Allein auf der deutschen Seite sind mehr Soldaten gefallen, als es Klone gibt.

„Habt ihr gewonnen?" Jemand winkt von rechts, was ihm einen Fingernagelhack in der Luft in seine Richtung von Nici einträgt, die ihm nachträglich legitimiert, das Wort zu ergreifen, da landet meine Augenbraue schon am Haaransatz.