Kapitel 21.2 - Charisma in Gold

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Kaum hatten die Engel die magische Barriere überwunden, stürmten Zuriel und Kain in entgegengesetzte Richtungen. Der Auftragsmörder griff Lepha an, wobei sie sich mit ihrer himmlischen Magie schützte. Dagegen kämpften Mariel und Raphael weiterhin gegen Zuriel, doch als dieser Raphael packte und in Kains Richtung schleuderte, wusste die Krähe, dass es an der Zeit war, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Blitzschnell löste er sich von Lepha und sprintete auf die Stelle zu, wo Raphael gelandet war. Der Staub von Trümmern vernebelte seinen Blick, doch durch die goldene Materie konnte Kain den Engel ausfindig machen. Um seine Aufmerksamkeit zu erlangen, betätigte er den Abzug. Dass er nicht treffen würde, war ihm klar.

Ihr Plan zeigte Früchte, denn Raphael änderte sein Zielobjekt. Seine Klauenhände rumorten grauenerregend, als sie erneut anfingen zu rotieren. Mit einem stechenden Blick fixierte er Kain, während die Anspannung die Adern an seinem Hals hervorstechen ließ. Lephas Waffe zu parieren war nicht schwer gewesen, doch Kain befürchtete, dass seine Pistolen unter Raphaels Angriffen zersplittern könnten. Das konnte er nicht riskieren, weswegen er in die Defensive ging.

Inzwischen war Lepha ihm gefolgt und nutzte einen unachtsamen Moment seinerseits aus, um ihn mit ihrer Magie zu treffen. Die Energiekugel kam an seinem rechten Arm auf und durchfraß mühelos seinen Mantel. Gerötete und schwarze Stellen erschienen auf seiner Haut, die von der Hitze schmerzten und dampften. Fluchend verzog die Krähe das Gesicht und nahm Abstand zu den beiden Engeln. Währenddessen setzte die Regeneration ein, dennoch blieb das Loch in seinem Mantel bestehen. Sofort kommentierte er Lephas Angriff mit einer ungehobelten Bemerkung.

Die Engel tauschten sich mit einem stummen Blick aus, bevor sie Kain von beiden Seiten angriffen. Augenblicklich sprintete Kain nach vorn, wodurch er Lephas Angriff entging, nur Raphael reagierte rechtzeitig. Im letzten Moment duckte er sich unter seinen Händen hinweg, wobei das Zischen tief in seinen Ohren wummerte.

Seine Gegner ließen ihm keinen Moment der Ruhe. Kaum war die erste Extremsituation vorbei, rutschte er in die nächste. Das Zusammenspiel der Engel war perfekt. Immer abwechselnd griffen sie an, dennoch konnte sich Kain nicht an den Rhythmus gewöhnen. Wenn er dachte, dass sich einer der Engel eine Blöße gab, schützte der andere seinen toten Winkel. Mittlerweile kam er nicht mehr aus der Defensive. Doch auch wenn er bisher keinen schlimmen Treffer einstecken musste, spürte er, wie das Adrenalin allmählich von Erschöpfung verdrängt wurde. Innerlich ohrfeigte sich der Auftragsmörder selbst und sah mit einem kurzen Seitenblick zu Zuriel. Er musste noch etwas durchhalten.

Sowohl Mariel als auch Zuriel litten unter schweren Wunden. Ihre Aktionen waren langsamer geworden, dennoch waren sie so schnell, dass kein Mensch ihre Geschwindigkeit übertreffen könnte. Neben ihnen war Kain ein Küken, das nie das Nest seiner Mutter verlassen hatte. Trotzdem glaubte er, dass Zuriel den Kampf allmählich zu dominieren begann. Zwar wollte sich der Auftragsmörder nicht zu früh freuen, trotzdem erfüllte es ihn mit Zuversicht.

Mithilfe seiner Magie blockierte Zuriel Mariels Angriffe, um ihn anschließend mit einem goldenen Pfeilregen zu attackieren. Durch zwei mächtige Sprünge verschwand der Engel aus der Reichweite der Pfeile, trotzdem genügte das nicht, um Zuriel zu entkommen. Der Schmied tauchte hinter ihm auf und verpasste ihm einen Lichtstrahl von derselben Sorte, wie Lepha ihn zu spüren bekommen hatte. Nur indem er seine Hände schützend hob, konnte er den Schaden minimieren.

»Du bist gut geworden«, murmelte Mariel und strich sich das nasse Haar von der Stirn. Ein leichtes Schmunzeln lag auf seinen Lippen. Er schien noch immer gespaltener Gefühle zu sein, auch wenn er sich entschlossen hatte, den feindlichen Weg zu beschreiten.

Als Antwort gab Zuriel ein stummes Nicken von sich, bevor er sich mit einem mächtigen Flügelschlag vom Boden erhob. Da die meisten Sockel inzwischen zerbrochen waren, konnte er ohne Probleme seine Schwingen ausbreiten. In seinen Augen konnte Kain noch mehr als Entschlossenheit sehen. Sie beide wussten, dass nun der Zeitpunkt der Entscheidung gekommen war. Nur einer würde lebend aus dem Schlachtfeld treten und vielleicht wusste Mariel, dass er es sein würde, der bald seinen letzten Atemzug nahm. Trotzdem lag auf seinem Gesicht keine Furcht. Anscheinend verband die beiden etwas, das Kain mit seiner verkrüppelten Liebe nicht verstehen konnte.

Die blutrote KräheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt