Kapitel 50

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Sicht Wincent

Anni folgte mir und ich wusste gar nicht, ob ich jetzt wütend oder enttäuscht sein sollte. Ich steuerte zielsicher ins Arbeitszimmer und ließ mich auf meinen Stuhl sinken. „Warum?", fragte ich irgendwann einfach. „Weil ich mich selbst nicht zu hundert Prozent ernst nehmen konnte. Ich musste mit irgendwem über diesen Schwachsinn in meinem Kopf reden, aber ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst, das hast du nach der Geburt schon genug, als es mir so dreckig ging. Ole hat irgendwann gemerkt, dass was nicht stimmt und dann hab ich es ihm gesagt.", erklärte sie. „Warum merkt er sowas und ich nicht?", presste ich hervor. „Wir waren in unserer Babyblase. Wenn du dich erinnerst, haben wir in den ersten Wochen kaum was anderes geredet, außer wer wickelt wen. Irgendwann hab ich mal mit Ole telefoniert, als du joggen warst und da haben mich diese Gedanken kurzzeitig aufgefressen, aber das waren ein paar Tage. Wirklich Wincent, ich liebe dich und unsere Kinder mehr als alles andere auf dieser Welt. Du kennst die Verhältnisse, wie ich aufgewachsen bin, am liebsten würde ich Julith und Fynn mit Liebe überschütten.", wurde Anni zum Ende ganz schön leise. Ich konnte nicht weiter hart bleiben und rollte mit meinem Stuhl zu ihr. „Hey, ich liebe dich. Aber du musst verstehen, dass ich mich da eben echt angegriffen gefühlt habe. Du hast dich mal fast für ihn entschieden und ich bin froh, dass ich es schaffe eure Freundschaft zu akzeptieren. Das eben war ein heftiger Schlag in die Fresse.", murmelte ich und griff nach ihrer Hand. „Ich weiß. Das letzte Mal, dass ich mit Ole darüber gesprochen habe ist fünf Monate her, es hat mich auch überrascht, dass er das wieder ausgegraben hat.", flüsterte Anni und beugte sich zu mir, um mich zu küssen. Ich liebte es, wenn sie mich so küsste und konnte mir einen Kommentar nicht verkneifen. „Wann bekomm ich den Versöhnungssex?", raunte ich ihr ins Ohr. „Wenn Ole weg ist und die Kinder schlafen.", lachte Anni, küsste mich nochmal und verschwand dann nach unten. Ich liebe diese verrückte Frau einfach über alles und konnte es kaum erwarten, sie zu heiraten und unsere Familie weiter zu vergrößern.





„Warum ziehen wir eigentlich immer um, wenn ich schwanger bin?", fluchte Anni und schmiss die Kiste mit den Kissen in die Ecke. „Weil wir dann eine größere Unterkunft brauchen, mein Schatz.", lächelte ich und hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen, während ich über ihren Bauch strich. „Boah Papa, ihr seid so ekelhaft.", hörte ich Fynn hinter mir und löste mich lächelnd von meiner Frau. Ja, wir waren mittlerweile verheiratet und Kind Nummer drei war auf dem Weg. Wir zogen in ein wunderschönes Haus etwas außerhalb von Lübeck. Fynn und Julith waren beide schon sechs Jahre alt und gingen in die erste Klasse. Fynn wusste mittlerweile, dass er noch andere Eltern hatte und uns jeder Zeit dazu fragen durfte, aber noch bestand da überhaupt kein Interesse. Trotzdem war es uns wichtig, dass er alles wusste und immer darüber reden konnte, alleine, da in der Schule öfter Fragen aufkamen, weil der Altersunterschied der Kinder ja ziemlich gering war. Anni arbeitete immer noch an der Schule, naja momentan nicht, und teilte sich mit Ole eine Klasse. Ole war für mich auch kein rotes Tuch mehr, wir verstanden uns super gut und ab und an kümmerte auch er sich um unsere kleinen Racker. Mein bester Kumpel hatte schon vor zwei Jahren mit dem zweiten Kind nachgelegt und eigentlich war ich mir sicher, dass auch bei ihm Nummer drei unterwegs war. Auch meine Schwester war mittlerweile ganz schön erwachsen geworden. Gut, sie war halt auch einfach schon 22 und ich war einfach nur alt. Ich war 35. Verdammt war ich alt. Anni liebte es mich damit aufzuziehen, aber auch ihre 30 stand schon vor der Tüe. Aber eigentlich war all das egal. Das Wichtigste war, dass wir glücklich waren und dass alle gesund waren. Ich machte immer noch Musik, aber bei weitem nicht mehr so wild, wie vor sechs Jahren. Ich spielte Touren, Festivals, aber alles in einem Rahmen, in dem es die Familie zu ließ, denn ich hatte mir fest vorgenommen, meine Familie niemals hinten anzustellen.

Gerade bastelte ich etwas im Kinderzimmer fürs Baby, denn Anni hatte genaue Vorstellungen, wie alles werden sollte. Die Zimmer von Fynn und Julith waren schon fertig und es war auch schon relativ spät Abends. Anni wollte unten die Küche einräumen und kochen. Beim Kochen waren unsere Kinder immer ganz vorne mit dabei, dass hatten sie definitiv nicht von mir. Aber um so besser, denn sobald sie alt genug sind, können sie das übernehmen und ihre Mutter entlasten. Ich war voll auf meine Musik konzentriert, die ich laufen hatte, sodass ich ein bisschen zusammenzuckte, als ich Fynn und Julith rufen hörte. „Papa, Papa, Papa.", rief Julith und beide stürmten um die Ecke. „Was ist los ihr zwei?", lächelte ich und nahm meine Kopfhörer raus. „Die Mama hat eine riesige Pfütze in die Küche gemacht.", sagte Fynn. „Fuck.", rutschte es mir raus. Ja, das mit dem Fluchen ist trotz der Kinder nicht besser geworden. Sofort stürmte ich die Treppe runter und kam erst in der Küche wieder zum Stehen. „Fruchtblase?", fragte ich Anni und sie nickte nur, während sie sich schwer atmend auf einen Stuhl setzte. Wie abgesprochen zückte ich mein Handy und wählte eine Nummer. „Gehts der Mama gut?", fragte Julith unsicher und klammerte sich an mich. „Kommt das Baby jetzt?", fragte Fynn und gab seiner Mama ein Glas Wasser. „Ja, der Mama gehts gut, aber das Baby kommt jetzt und dafür müssen wir ins Krankenhaus, das haben wir euch ja erklärt. Tante Shayenne ist auf dem Weg und holt euch ab und dann macht ihr euch einen richtig tollen Abend.", sagte ich zu meinen beiden Kindern. „Mit Chips?", flüsterte Julith und sah mich aus ihren großen braunen Augen an. „Mit Chips.", lachte ich und ging zu Anni, um ihr ein bisschen beizustehen, während wir auf Shayenne warteten und die Kinder im Wohnzimmer spielten. Baby Nummer drei in der Familie Neumann-Weiß, war also fast da...

ENDE

Zwischen Dir und Mir // Wincent Weiss FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt