Kapitel 16

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Sicht Wincent

Als ich am nächsten Morgen wach wurde, zog ich Anni als erstes mal dichter zu mir. Ich brauchte Körperkontakt und vor allem hatte ich ziemlich Lust auf sie. Wenn wir uns früher gesehen haben, haben wir kaum was anderes gemacht, als miteinander zu schlafen, aber seit der Schwangerschaft und dem Anschlag... Ich begann Küsse in ihrer Halsbeuge zu verteilen und schob meine Hand unter ihr Shirt. Vorsichtig drängte ich meine morgendliche Erektion gegen ihren Po und umschloss mit meinen Händen ihre Brüste. „Wincent, nein.", sagte Anni und hielt meine Hände fest. „Doch, ich hab so Lust auf dich.", raunte ich ihr ins Ohr und drängte mich weiter gegen sie. „Hör bitte auf.", kam es dann etwas lauter von Anni und sie setzte sich auf. „Aber warum?", schmollte ich und legte meine Hand auf ihr Knie. „Weil ich jetzt nicht will. Ich hab beschissen geschlafen und ich bin schwanger, reicht das nicht?", fragte sie vorwurfsvoll und stand auf. Ich hob nur entschuldigend meine Arme und sah ihr nach, wie sie mit ihren Sachen aus unserem kleinen Zimmer verschwand. Frauen sind ja an sich manchmal leicht gereizt, aber dass das mit einer Schwangeren so schnell eskalieren kann, hatte ich nicht erwartet. Ein paar Minuten später ging ich ebenfalls runter und sah Anni mit einem Tee am Tisch sitzen. „Sorry.", flüsterte ich ihr ins Ohr und hauchte ihr einen Kuss auf den Scheitel. Anni lächelte nur gezwungen, während ich mich erstmal zum Joggen verabschiedete. Als ich wiederkam, verschwand ich sofort unter der Dusche und ging danach zu Amelie, um mir meine Aufgaben für heute zu holen. Interview und ein Shooting mit Paul. Das war ja noch überschaubar. Das Interview war schnell erledigt und so konnte ich Paul empfangen, der heute auch noch eine Praktikantin hatte. Jung, klein, schlank, blond, enge Hose und bauchfreies Top. Dazu ein -ach so verführerisches- Lächeln. Ist klar. Mäuschen, ich werd Vater, aber das konnte ich ihr ja nicht sagen. Anni hatte sich derweil zu den Technikern verzogen und schien ihre gute Laune wiedergefunden zu haben, zumindest solange, bis sich unsere Blicke trafen, denn immer dann wurde ihre Miene finster. Was hat sie nur. Egal, darum musste ich mich später kümmern, denn jetzt wurde erstmal fotografiert. Die erste Serie schoss Paul, bevor er seiner Praktikantin eine Kamera gab und wir ein bisschen rumexperimentierten. Überraschenderweise machte es mit ihr echt Spaß und wir schossen super geile Motive. „Könnt ihr noch ein bisschen Merch shooten?", fragte Amelie dann und stellte mir einfach einen Karton hin. „Machen wir.", grinste ich und zog mir mein Shirt über den Kopf, um danach im Karton zu kramen. Dass Romy, so hieß die Praktikantin, weiter Fotos machte, störte mich nicht wirklich und so machte ich zwischendurch auch mit Absicht die ein oder andere lustige Pose, bevor ich mir wieder was überzog.

Beim Mittagessen ließ ich mich mit einem Salat neben Anni fallen und hoffte, dass sich die Wogen endlich geglättet hatten. Ich legte meinen Arm um sie und schnappte mir ein paar Nudeln von ihrem vollen Teller. „Meins.", zischte sie nur. Ich beschäftigte mich erstmal mit meinem Salat, bevor ich trotzdem nochmal bei Anni klaute und damit hatte ich den größten roten Knopf der existierenden roten Knöpfe gedrückt.

Anni schlug meine Hand weg, sodass mir meine Gabel runterfiel. Sie stand auf und ging einfach mit ihrem Teller aus dem Raum, während wir ihr alle verdutzt hinterher sahen. „Was ist denn bei euch los?", fragte Benni und alle richteten ihren Blick nun auf mich. „Wenn ich das wüsste.", zuckte ich mit den Schultern, hob meine Gabel auf und aß erstmal weiter. Trotzdem beeilte ich mich und war zehn Minuten später dabei Anni zu suchen. Ich hätte wetten können, sie wäre im Bus, aber dort fand ich sie nicht. Also lief ich übers Gelände und sah mich immer wieder um. Ich war schon fast überall, als ich Anni in der hintersten Ecke auf einem Stein sitzen sah. Ich ging auf sie zu und wusste irgendwie nicht ganz, wie ich das Gespräch anfangen soll. „Mensch, dafür, dass du dein Essen so verteidigt hast, ist ja noch ganz schön viel übrig.", war schonmal die falsche Idee. Sie sah mich an und ich glaube ich hätte einfach laufen sollen. „Mir ist der Hunger vergangen.", sagte sie dann aber nur trocken und drehte sich weg. „Anni, was ist los?", fragte ich und versuchte wirklich meine eigene Wut runterzuschlucken. „Was los ist?", schrie sie und stand auf. Wincent, das war der zweite Rote Knopf. „Was los ist fragst du? Ich hab beschissen geschlafen, weil ich schwanger bin und das einzige, wodran der Herr denken kann ist Sex? Und dann bist du auch noch angepisst, weil ich dich angewiesen habe und das erstbeste, was du machst ist, mit dieser Fotografenschnecke zu flirten?", sprudelte es aus Anni raus. „Ich hab doch nicht mit der geflirtet, ich hab einfach nur Fotos mit ihr und Paul gemacht.", ging ich sofort in die Verteidigung. „Ja ist klar. Deswegen ziehst du dich vor ihr aus und lässt dann auch noch Fotos von dir Oben ohne machen?"

Langsam reichte es und ich konnte nicht mehr ruhig bleiben. „Das stimmt nicht und das weißt du. Aber um dich an mir zu rächen hast du ja schon mit den Technikern geflirtet.", setzte ich zum Gegenangriff an. „Wincent, jetzt wirst du kindisch.", schnaubte sie. „Ach ich bin kindisch? Ich verstehe ja, dass du einen schlechten Tag hast, aber so lass ich mich nicht behandeln.", schrie ich nun auch Anni an. „Lass mich.", war das einzige, was Anni mir noch laut entgegenbrachte und tatsächlich ging ich einfach. Besser gesagt, ich rauschte ab...


Zwischen Dir und Mir // Wincent Weiss FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt