Kapitel 17

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Im Bus zog ich mir meine Sportklamotten an und wollte einfach nur Sport. „Nur auf dem Gelände!", sagte Amelie zu mir. „Ich muss raus.", erwiderte ich. „Wincent, das geht nicht. Bitte tob dich auf dem Gelände aus.", flehte sie und ich nickte nur schnell. Sie wusste, dass ich nicht reden würde und so sprintete ich auf dem Vorplatz der Bühne hin und her, ohne dass es auch nur einer wagte mich anzusprechen. Da ich heute früh schon laufen war, begann ich meinen Körper mit Kraftübungen zu zerstören. Eigentlich dachte ich, ich würde ruhiger werden, aber irgendwie kam ich einfach nicht runter. Trotzdem joggte ich nach einer Stunde Richtung Dusche, als mir Manu entgegen kam. „Willst du reden?", fragte er und ich zögerte. „Ich muss erstmal Duschen.", erwiderte ich dann aber und verschwand in der Garderobe. Ich zog mich aus, stellte mich unter die Dusche und dachte nach. Über alles und ich blieb an dem Gedanken Sex hängen. Die letzten Wochen lief so wenig, dass ich echt etwas ausgehungert war und dann tat ich etwas, was ich nie tun wollte. Ich machte es mir selbst, aus Frust und weil ich den Druck abbauen musste, den ich beim Sport nicht loswerden konnte.

Ich kam und im nächsten Moment war ich super sauer auf mich, ich hatte mir geschworen sowas nie zu tun und mich auch nie so mit meiner Freundin zu streiten. „Fuck.", brüllte ich, sank dann aber auf dem Boden zusammen und verlor komplett das Gefühl für Raum und Zeit.

„Wincent, komm raus da.", hörte ich Amelies sanfte Stimme. Es dauerte einen Moment, bis ich es schaffte aufzusehen. Sie hockte vor der Dusche und hielt mein Handtuch fest. „Komm jetzt, ich bin für dich da, aber bitte, mehr als dich in Boxershorts, will ich nicht sehen.", schmunzelte sie. Ich sah ihr kurz in die Augen und deutete an, dass sie sich wegdrehen soll. Ich stellte das Wasser aus, griff das Handtuch und band es mir um die Hüften, nur um mir wenig später meine Boxershorts anzuziehen. Vor der Dusche kauerte ich mich dann aber wieder auf dem Boden zusammen und am liebsten hätte ich angefangen zu heulen. Ich war so sauer auf mich und mein Verhalten, vor allem Anni gegenüber. „Was ist los bei euch?", fragte Amelie mich leise und legte mir mein Handtuch über die Schultern. „Ich bin einfach ein Arsch.", war das einzige, was aus mir rauskam. Ich hatte gehofft, dass Amelie nicht weiter fragt, aber da hatte ich wohl keine Chance. „Wincent, du weißt, dass ich nicht nur deine Managerin bin, sondern dass du mir auch so verdammt wichtig bist. Ich hätte auch zu Anni gehen können, aber ich hatte das Gefühl mit den Jungs würdest du nicht reden.", flüsterte sie und da sah ich sie an. Amelie machte sich richtig Sorgen und spätestens da war es bei mir vorbei. Ich redete, ich erzählte ihr alles, wirklich alles, auch die Details, die sie nicht hören wollte, aber es musste raus. Und dass ich immer noch wie ein kleiner Junge auf dem Badezimmerboden saß und mittlerweile wirklich heulte, hätte ich mir auch nie zugetraut, doch Amelie nahm mich einfach nur in den Arm und redete beruhigend auf mich ein, bis ich soweit war, dass ich mit Anni reden wollte.

Sicht Anni

Es hatte geknallt und zwar so richtig. Ich konnte mich nicht erinnern, dass Wincent und ich uns irgendwann schon mal so heftig gestritten hatten und ich war Schuld, weil ich meine Launen momentan so gar nicht im Griff hatte. Ich hatte Wincent echt miese Dinge an den Kopf geworfen, aber seine Reaktion war auch nicht gerade hilfreich.

Mittlerweile hatte ich mich im Bus verkrochen und versuchte irgendwie nicht durchzudrehen. Ich lag in Wincents oder auch unserem Bett, hatte mir die Decke bis zur Nase hochgezogen und mir liefen langsam die Tränen über die Wangen. Irgendwann hörte ich Schritte im Gang und ich hoffte, dass es Wincent war, der mich jetzt einfach in seine Arme schließen würde. Zaghaft klopfte es an der Tür und ich brachte irgendwie ein gequältes „Ja" heraus. Die Tür ging auf und Manu streckte seinen Kopf rein. „Darf ich reinkommen?", fragte er. Ich nickte leicht und setzte mich auf. Manu schloss die Tür hinter sich und setzte sich dann auf die Bettkante. „Was ist los?", fragte er nach einer Weile und ich zuckte mit den Schultern. Ich wusste nicht, ob Manu der Richtige zum reden war. „Ich glaub meine Hormone spielen verrückt und Wincent ist auch nicht gerade gut drauf. Vielleicht war die Idee, dass ich mitkomme doch nicht so gut.", schniefte ich und tippte nebenbei auf meinem Handy. Ich schrieb Ole, ob er mich abholen kann, denn momentan hatte ich das Gefühl, dass es nicht richtig war zu blieben. „Das ist in der Schwangerschaft normal, aber heute hast du Wincent schon ganz schön leiden lassen, der hat sich echt lange ruhig gehalten.", erklärte Manu. Er hatte Recht, ich war das Problem und ich habe den Streit ausgelöst, weil ich nicht einmal vernünftig mit Wincent geredet hatte. „Ich brauch noch einen Moment für mich, aber ich rede vor der Show mit ihm.", versicherte ich Manu, welcher nickte und dann aufstand. „Wenn was ist, darfst du jederzeit zu mir oder den anderen kommen.", lächelte er und ließ mich dann wieder alleine. Manu hatte gerade die Tür geschlossen, als mein Handy klingelte. „Ja?", schniefte ich in den Hörer.

O: „Anni, bist du Irre, natürlich hole ich dich nicht ab. Du hast dich da seit Wochen drauf gefreut."
A: „Wir haben uns gestritten."

O: „Und bis ich da wäre, habt ihr euch eh wieder vertragen."

Es irritierte mich, dass Ole so ruhig war, aber er hatte Recht. Wir werden uns vertragen und in ein paar Tagen wahrscheinlich sogar darüber lachen. „Danke.", murmelte ich in den Hörer. „Und wenns doch anders kommt, hol ich dich auch ab.", sagte er und ich hörte das Schmunzeln in seiner Stimme, denn so weit würde es nie kommen. Relativ schnell legten wir wieder auf und ich schloss für ein paar Minuten meine Augen, denn da war immer noch der Schlafmangel der Nacht.

Zwischen Dir und Mir // Wincent Weiss FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt