° Kapitel 47 °

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Und wie sie eine Standpauke bekam. Noch ehe Jamini die Chance bekam Shouta zu erklären, was genau sie auf dem Trainingsgelände um knapp 3 Uhr morgens gemacht hatte, wurde sie von dem Helden wortwörtlich erdrückt.

Seine schwarzen Haare flogen wild umher und mit stechend roten Augen zog er das Mädchen mit seinen Bändern, die ihren ganzen Körper umwickelt hatten, näher zu sich. Wortlos starrte Jamini in die dunkle Nacht hinaus, hörte sich all die schmetternden Worte an.

,,Ich kann nicht fassen, dass du dich der Gefahr absolut nicht bewusst warst! Du hast einfach ignoriert, was alles hätte passieren können! Deine Pflicht wäre es gewesen Hilfe zu holen, MICH ZU HOLEN! Wieso, um alles in der Welt, denkst du nicht einmal wirklich nach? Dort hätte die Schurkenliga sein können und du wärst absolut machtlos gewesen, nichts hättest du ausrichten können. Wahrscheinlich hätten dir Midoriya und Bakugou beim Sterben zusehen können, wenn du nicht mehr die Kontrolle hättest!"

Bring ihn um.

Erschrocken riss Jamini die Augen auf, wollte sich hektisch umsehen, doch die Fesseln ließen dies nicht zu. Sie hätte ohne Zweifel sowieso niemanden erkennen können, die kühle Stimme kam aus ihren Kopf.

Na los, tu es. Lass dir das nicht gefallen.

Nein. Geh weg! Lass mich in Ruhe!

Panik stieg in ihr auf, gefolgt von einem pochendem Schmerz ihres Kopfes. Ein viel zu hohes Piepen zwang die Schwarzhaarige dazu leidend ihr Gesicht zu verziehen.

Du hast die Macht und die Fähigkeiten diese Situation einfach so zu beenden. Du musst dich nur aus den Fängen befreien und ihn umbringen.

Heftig schüttelte Jamini den Kopf, drängte diesen Befehlshaber zurück, ließ sich nicht beeinflussen.

Nur um dann in deinen Fängen zu hängen? Niemals! Verschwinde endlich!

Ihr Herz pochte wild gegen ihre Brust, ihre Glieder zitterten und die Kraft verließ ihre Knie nach und nach. Jamini wollte schreien, sich bewegen, etwas sagen, weglaufen, sie wollte irgendetwas gegen All for One tun, doch nichts geschah.

Nur noch leise drang Shouta's Stimme zu ihr durch, kaum ein klares Wort erreichte sie. Jamini wollte um Hilfe schreien, seinen Namen rufen, doch nicht mal ihren Mund konnte sie öffnen. Zorn überkam sie in einer plötzlichen Welle, ihre Schulterblätter machten Platz für die mächtigen Schwingen und aus den Fäusten wurden allmählich Klauen.

Ein höhnisches Gelächter übertönte jedes Geräusch auf dieser Welt. Ein Lachen, sodass es jeder mitbekam, wie schwach dieses kleine Mädchen hier doch war.

Töte ihn und ich verspreche dir großes Glück.

Jamini griff panisch nach ihrem letzten Fetzen Mut und hielt einen plötzlichen Ausbruch, der tödlich geendet hätte, auf. Sie kämpfte um ihr Bewusstsein, ihre Kontrolle, doch nach und nach schien sie sich von ihrem Körper zu trennen.

Du kannst nichts gegen mich ausrichten. Ich bin dein Erschaffer, dein Herrscher und du hast mir zu gehorchen.

Nicht einmal weinen oder hektisch atmen konnte Jamini, nichts schien nach ihrem Willen zu geschehen. Die Bänder um ihren Körper fühlten sich plötzlich wie hauchdünne Fäden um ihre Gelenke an. Unsichichtbare, aber stahlfeste Schnüre, die ganz heimlich Marionetten bewegten. Noch nie kam sich das angebundene Mädchen so gesteuert und willenlos vor wie in diesem Moment.

Ein großes Publikum erstreckte sich vor ihr, laut lachend an den passenden Stellen. Stellen, die absolute Tiefpunkte in Jamini's Leben darstellten. Sie amüsierten sich, als würde die kleine, hilflose Puppe auf der Bühne permanent tollpatschig vor sich herum tapsen und sich in den eigenen Fäden verknoten.

Die Zuschauer, die wie riesige Titanen auf die kleine Puppe herabblickten, spucktem das Popcorn wieder aus und krischen erfreut herum, als sie bemerktem, wie hilflos die kleine Jamini doch gerade war. Krümel, die schmerzten wie Steine, trafen den zerbrechlichen Körper, doch der Puppenspieler grinste nur über den Schaden hinweg und warf seine Marionette vor die Augen der befriedigten Eltern.

In all der Hast stach jemand, der sich urplötzlich aus dem feierlichen Publikum erhob, besonders stark heraus. Niemand schien sich um das gelangweilte Rot zu scheren, niemand außer die Puppe.

Mit großen Augen blickte sie dem blonden Mann nach, wie er sich durch die aufgeregte Reihe zwängte und das Theater zu verlassen schien, zusammen mit einem kleinen Kind. Gierig und verletzt blickte das gesteuerte Wesen dem kleinen Mädchen nach, welches ihre schwarzen Haare nur unglücklich hinter die Ohren strich und die Treppen mit hinauf ging. Wieso gefiel ihr das nicht? Was machte sie falsch, dass so ein kleines Mädchen sich nicht daran erfreute?

Sehnsüchtig starrte das Püppchen die wilden blonden Haare an und hatte den riesigen Drang zu den traurigen roten Augen, die geliebt werden sollten, zu eilen. Ein letztes Mal trafen sich zwei Blicke und die Lippen des Mädchens bewegten sich kaum merklich.

,,Mama..."

Mit einem leisen 'Ping' riss zuerst ein Faden, bis schließlich das ganze Bunde zu zerspringen schien. Die freie Puppe rannte auf den Ausgang zu, zum ersten Mal ohne ihren Spieler und ein helles Licht erstrahlte durch die Decke.

Der Mond, welcher in einer majestätischen Größe jeden Stern in seinen Schatten zu stellen schien, leuchtete nun in seinem eigenen Glanz, so als würde er das Licht der Sonne nicht mehr zum Strahlen benötigen. Er konnte nun sein eigener Stern sein, so wie die Marionette nun ihr eigenes Stück schreiben konnte.

,,Geh in dein Zimmer, den Rest klären wir morgen." Wie benebelt hob Jamini langsam ihren Kopf und nickte leicht. Anscheinend hatten sich die Bänder in ihrer unbemerkten Abwesenheit gelöst, denn ein weißer Schal hing locker auf Shouta's Schultern.

Mit gefederten Schritten ging das Mädchen an ihrem Lehrer und gleichzeitig ihrer Familie vorbei, blickte dabei in den dunklen Himmel. Nur kaum konnten die vielen kleinen Punkte das Licht des runden Objektes übertrumpfen und Bewunderung fegte den Nebel in Jamini's Kopf hinfort.

Sie dachte immer, der Mond wäre zu außergewöhnlich, um ins Bild des Sternenhimmels zu passen, doch eigentlich rundete er den ganzen Anblick perfekt ab. Er stellte klar, dass er das eigentliche Licht im Dunkeln war, nicht die vielen kleinen unerreichbaren Sterne.

Er strahlte trotz seiner vielen Macken, die ihn doch irgendwie ausmachten, so hell wie noch nie zuvor. Und so wollte Jamini es auch, akzeptieren wie es ist und einen Weg finden, damit zu leben. Das Beste daraus machen und lieber nach vorne schauen, wo sie doch jetzt endlich die Möglichkeit dazu hatte.

Tief sog Jamini die frische Luft ein und lächelte befreit, als ein mürrisches Schnaufen hinter ihr ertönte, das ihr nur allzu bekannt war. Vielleicht würde ihr Geburtstag ja doch nicht so schlimm werden.

Ein Mond unter SternenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt