° Kapitel 37 °

1.4K 71 7
                                    

Gedankenverloren zog Jamini an dem rauen Band um ihren linken Unterarm. Sie hatte darauf bestanden ihre Wunden nicht von Recovery Girl heilen zu lassen. Sie zog ihre Kraft aus diesen Schnitten.

Ihr erster Versuch ihre Sehkraft zurückzuerlangen und ihre Macken zu erkunden. Die Narben würden sie immer daran erinnern, dass sie kämpfen und nicht aufgeben würde, dass es Hoffnung gab. Keiner der anderen hatte es so richtig verstanden, doch am Ende hatten sie es einfach hingenommen.

Nach dem Mittagessen hatte Jamini sich auf die Bank zurückgezogen. Trotz allem, fühlte sie sich unwohl, als ihre Klassenkameraden über ihre Erfolge beim Ausarbeiten ihrer Spezialtechniken sprachen. Es war nicht so, dass sie es ihnen nicht gönnte, doch sie fühlte sich fehl am Platz bei diesen Unterhaltungen.

Nach ihrem Hoffnungsschub vor ein paar Tagen hatte sich nichts mehr getan. Sie hatte vergebens nach einer Kraft, einem Gefühl, einer Energie, irgendwas gesucht, dass auf das Wesen in ihr hinweisen könnte.

Sie wagte es nicht, in deprimierenden Gedanken zu versinken und erneut zu verzweifeln.

Ich suche mir einen Weg und im Notfall mache ich mir einen. Ich habe Schlimmeres geschafft.

,,Hab' mir schon gedacht, dass du hier bist." Jamini sah auf und hob ihren linken Mundwinkel leicht. Hitoshi ließ sich neben ihr nieder und für einen Moment herrschte Stille. ,,Was ist passiert?", fragte er beinahe kalt und doch etwas besorgt. Sie seufzte lang, ehe sie schlicht mit ,,Training" antwortete.

Hitoshi schien zu bemerken, dass sie nicht darüber reden wollte und akzeptierte es. ,,Hebt es deine Laune, wenn ich dir sage, dass mein Tag genauso gut war?"  ,,Ich denke nicht, was ist passiert?", stellte sie ihm diesmal die Frage.

,,Verschlafen, kein Frühstück, Test, aber unangekündigt, im Unterricht eingeschlafen, irgendein Mistkerl wirft mein Mittagessen runter und ich habe heute noch nichts gegessen."  Jamini konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen und streckte dem Jungen neben sich ihr Brötchen von ihrem Mittagessen hin. ,,Nicht, dass du verhungerst."

Mit einem leisen ,,Danke" nahm Hitoshi das Essen entgegen. ,,Bekommt ihr eigentlich etwas über die Gerüchte mit?" Verwirrt zog Jamini die Brauen zusammen. ,,Welche Gerüchte?", fragte sie irritiert nach und ließ den Stoff ihres Verbandes los.

Hitoshi atmete belustigt aus. ,,Du sollst sowas wie ein mystisches Wesen aus einer anderen Welt sein, dass von All for One in unsere Welt geholt wurde. Dein Klassenkamerad, Bakugou, war der Handlanger der Bösen, hat aber die Seiten gewechselt und ist jetzt der heiße Held. Gleichzeitig ist aber die ganze A-Klasse verflucht."

Jamini starrte den Jungen an, der das alles völlig ernst meinte und lachte etwas. ,,Den Fluch versteh ich sogar.", murmelte sie belustigt, ,,Die Katastrophen und Schurken ziehen wir förmlich an." Sie lehnte sich wieder zurück, verlor das Lächeln jedoch nicht.

,,Also, erzähl, was ist dein Plan? Willst du uns alle retten?", richtete Hitoshi sich amüsiert an die Schwarzhaarige. Diese drehte ihren Kopf ebenfalls zu ihm, versuchte seine Augen ausfindig zu machen. ,,Zuerst niste ich mich hier ein und gewinne euer Vertrauen, dann hole ich meine Armee aus meiner Welt und kontrolliere euch alle.", grinste sie ihn an und spürte wie er schützend seine Arme vor sich hielt.

,,Bitte nicht, verschone uns, du rießige Katze mit Flügeln. Ich tue alles, was du verlangst.", sprach er dramatisch und Jamini konnte sich das Lachen nicht verkneifen. ,,Ich werde euch alle essen!", kicherte sie. ,,Dann muss ich wohl andere Seiten aufziehen.", sprach der Junge mit den lilanen Haaren und begann die Schwarzhaarige am Bauch zu kitzeln.

Jamini quischte auf und rutschte, sich windend, von Hitoshi weg. ,,Hör auf!", brachte sie zwischen ihrem Gelächter hervor. Sie beugte sich immer weiter nach hinten und lag fast auf der Bank, konnte anschließend doch seine Handgelenke packen. Mit einem Lächeln im Gesicht atmete sie tief durch, versuchte ihren Herzschlag zu beruhigen.

Während sie angestrengt atemte, hielt sie seine Handgelenke fest umschlungen, hatte die Augen geschlossen. Das hatte er früher immer gemacht, sie gekitzelt. Er war immer für sie da gewesen und doch hatte sie ihn aus ihrem Leben gedrängt, aus Angst er könnte etwas herausfinden.

Er hat es akzeptiert, dass sie ihn von sich fernhielt, war aber trotzdem an ihrer Seite. Vielleicht auch, weil sie keine Angst vor ihm hatte. Jeder hatte den Jungen aufgrund seiner Macke gemieden, sie nicht.

Aufeinmal tat er ihr Leid. Für ihn musste es auch schwer gewesen sein und er hatte sich ihr anvertraut. Und sie? Nie hatte sie ihm ihre wahren Gefühle und Gedanken offenbart. Immer die selben Lügen.

Du weißt schon, meine Eltern wollen ständig, dass ich gut in der Schule bin, aber sie geben mir trotzdem genug Freiraum. Mach dir keine Sorgen, es ist alles gut.

,,Was ist los, Mäuschen?", brach Hitoshi die Stille, als er den trüben Blick des Mädchens sah. Jamini ließ seine Hände los und richtete sich wieder auf, im Schneidersitz saß sie nun zu ihm gedreht. Mit gesenktem Kopf, begann sie wieder an ihrem Verband zu ziehen.

Sie schwieg und kämpfte mit sich selbst.

Er hat es verdient.

,,Du hast es immer hingenommen, wenn ich dir abgesagt habe, die Tür nicht aufgemacht habe, dich zurückgewiesen habe. Du hast es immer akzeptiert.", brachte sie leise hervor. Hitoshi lehnte sich zurück und sah die Schwarzhaarige an. ,,Ich hatte nur dich.", murmelte er.

Jamini zog wütend ihre Augenbrauen zusammen. ,,Und ich habe nicht gesehen, dass ich dich hatte. Ich habe dich nie in mein Leben gelassen, mit dir geredet. Du hattest es nicht verdient, so angelogen zu werden."

,,Die Narben sind von deinen Eltern, nicht wahr? Ich habe sie oft genug gesehen, obwohl du sie vor mir versteckt hast. Auch ich habe Fehler gemacht und deine Ausreden, deine Katze wäre es gewesen oder du bist beim Training gefallen, hingenommen. Ich Idiot habe nicht weiter darüber nachgedacht."

Sie kämpfte gegen die Tränen an, die sich bei seinen Worten angesammelt hatten.

,,Hey Mäuschen, wo hast du diese Wunden schon wieder her?" Jamini sah zu den Schnitten und dunklen Flecken an ihrem Arm und kratzte sich verlegen am Kopf. Dass ihre Rippen bei dieser Bewegung stachen, ignorierte sie.

Lächelnd sah sie in Hitoshi's Augen. ,,Ach das, ich habe im Wald trainiert und beim Fliegen einen Ast übersehen. 'Ne Beule habe ich mir auch geholt."

,,Meine Katze zu ägern, war keine gute Idee."

,,Ich habe mal versucht zu Sakten, hat nicht so gut funktioniert."

,,Hab' verschlafen und musste mich beeilen, die Treppe war ich dann doch schneller unten, als gedacht, hehe."

,,Meine Mutter hat den Boden geputzt und ich bin ausgerutscht. Bei meinem Glück, fliege ich direkt in die Scherben von dem kaputten Glas, dass ich in der Hand hatte."

Hitoshi schüttelte nur den Kopf und lächelte ebenfalls. ,,Wie soll das nur mit dir weitergehen? Du bist viel zu tollpatschig fürs Leben." Die Weißhaarige winkte ab: ,,Ich überlebe schon irgendwie, mach dir da mal keinen Kopf."

Ohne weitere Worte griff er nach ihrem Körper und zog ihn an seine Brust. Jamini umarmte ihn fest und kämpfte noch immer gegen die Tränen. ,,Es tut mir leid.", hauchte sie und drückte ihr Gesicht in sein Shirt. ,,Mir auch, Mäuschen, mir auch."

So saßen die beiden Freunde auf der Bank und hielten den anderen einfach nur fest. Ihr geschwächtes Band schien zu einem Seil zu werden, sie waren Kindheitsfreunde und hatten viel zusammen erlebt. Erst jetzt schätzte Jamini diesen Jungen richtig und war froh ihn zu haben.

,,Zür Hölle, was geht hier ab?"

Ein Mond unter SternenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt