"Moin, Josie! Was sagst' zu deiner neuen Theke?", fragte der groß gewachsene und durchtrainierte Daniel, als er an einem Freitag Nachmittag in die Bar kam. Er nahm seine Sonnenbrille ab, schmiss seine Jacke in sein Büro, welches offen stand und setzte sich zu mir an die Theke. "Ist echt hübsch geworden, Chef! Und...guck mal....die ist noch so neu, dass man sich noch drin spiegeln kann!", erklärte ich und sah mich selbst in der noch mackellosen Arbeitsfläche. Mein Chef lachte, klopfte auf das Holz und erklärte:"War ja auch teuer genug! Gott sei Dank konnte mein Kumpel die uns schon ein bisschen billiger machen, aber wenn du zufrieden bist, dann bin ich es auch, Jo." Ich lächelte ihm zu und fühlte mich geschmeichelt. Daniel war Anfang 40, aber sah dafür noch ziemlich gut aus und obwohl er mein Chef war und fast doppelt so alt wie ich, musste ich schon zugeben, dass ich ihn attraktiv fand, zwar nicht im sexuellen Sinne, aber er war auf jeden Fall hübsch anzusehen und dazu auch noch ziemlich sympathisch.
Wir kannten uns jetzt schon drei Jahre, denn solange arbeitete ich hier nun hier. Ich hatte mich hier nach meiner Ausbildung zur Köchin eigentlich auch für den Posten als Köchin beworben, aber als die ehemalige Kellnerin für ihre große Liebe spontan nach Bayern gezogen war, hatte Daniel mich hinter den Tresen gestellt und sich selbst in die Küche gestellt, denn er war ebenfalls gelernter Koch.
Er hatte die Ausbildung tatsächlich gemacht während er für ein paar Jahre im Gefängnis gesessen hatte, denn bevor er so wurde wie er jetzt ist, war er tatsächlich ein Türsteher mit Aggressionsproblemen und hatte jemanden so sehr zusammengeschlagen, dass diese Person nun mit neurologischen Problemen im Rollstuhl saß.
Natürlich hatte ich deshalb Respekt vor ihm, doch ich wusste auch, dass er mit niemals etwas antun würde und er im Notfall auf mich aufpasste.
Auf jeden Fall stehe ich seit dem als einzige Kellnerin hinter der Theke, während Daniel zwischen Küche und Theke pendelt.
"Hast du noch Bestellungen, die du fürs Wochenende brauchst?",fragte Daniel und sah hinter mich an unsere noch gut bestückte Bar. Ich überlegte und antwortete:"Naja, momentan gehen Hubertustropfen echt gut weg. Also vielleicht bräuchten wir da noch mal welche von." "Welche Sorte?",fragte Daniel und nahm sich Stift und Papier aus der Ablage unter der Thekenplatte. "Am besten alle, aber nehm ein paar mehr rote und weiße mit, weil die sind der Renner bei diesem warmen Wetter. Kannst am besten die großen Flaschen holen, dann kann ich ausschenken und wir haben nicht diese ganzen Schnapsfläschchen über am Abend.",äußerte ich meine Meinung und überlegte weiter, während Daniel alles aufschrieb. "Wie sieht's mit Bier aus?",fragte er dann und ich zuckte mit den Schultern. "Lass man am besten eben nachschau'n.",fügte ich hinzu und machte mich auf dem Weg zu unserem Lager.
"Okay, ich guck mal, ob ich alles kriegen kann.",meinte Daniel daraufhin und als er sich alles aufgeschrieben hatte machte er sich dann auf den Weg, um die Besorgungen zu machen und ich bereitete alles weiter vor, denn in zwei Stunden öffnete unsere Tür auch für die Gäste.
Ich putze also noch alle Tische, wischte durch und kümmerte mich dann um unsere Terasse, die nach hinten zum Badesee führte.
Der Teil des Sees in dem man tatsächlich schwimmen durfte war am anderen Ende des Sees, sodass man hier auf der Terrasse seine Ruhe genießen konnte, während man ein kühles Getränk in der Hand hatte und die Sonne einem schön warm ins Gesicht schien.
Ich stellte also alle Stühle, Bänke und Liegen auf der Terrasse vernünftig hin, nachdem ich alles gefegt hatte und begutachtete noch die Rankpflanze, die den Pavillon so bewachsen hatte, dass sie für den Sonnenschutz auf einen Teil der Terrasse sorgte, doch mit ihr schien alles gut zu sein und nicht wuchs ungewollt in den Sitzbereich.Kurz vor Ladenöffnung kam Daniel dann mit den Besorgungen, welche wir noch schnell verstauten, bevor er unsere Eingangstür so feststellte, dass sie offen stehen blieb und der lauwarme Wind einmal durch die Bar ziehen konnte, was sehr angenehm war.
Die ersten Gäste ließen auch nicht lange auf sich warten, sodass ich mich an dir Arbeit machte und ihre Bestellung aufnahm.
Es war sehr deutlich zu erkennen, dass es eine Touristenfamilie war, denn wenn man hier an der Nordsee mit der ostfriesischen Gelassenheit aufgewachsen war, fiel einem sehr schnell auf, wenn das Gegenüber diese nie erfahren hatte.
"Äh...äh...ja Melissa! Hallo! Fräulein! Was willst du trinken?!",fragte der Mann, der scheinbar der Vater der beiden Kinder war, gereizt. "Cola!",rief die circa fünfjährige, woraufhin ihre beiden Eltern genervt Seufzten und synchron den Kopf schüttelten. "Okay...sie bekommt keine Cola....also...für die kleine ne Fanta und für uns beide jeweils eine Sprite. Haben sie für den Kleinen vielleicht ein Extraglas, damit er bei und mittrinken kann?",sagte nun die Frau und meinte mit 'dem Kleinen' ihren höchstens dreijährigen Sohn, der auf ihrem Schoß saß, während das Mädchen sich jetzt auf den Weg zu dem Sandkasten machte, den wir extra für Kinder neben der Terrasse hatten.
" 'türlich haben wir ein kleines Gläschen für ihn. Darf es sonst noch was sein?",fragte ich freundlich, aber die beiden waren in Alarmbereitschaft wegen ihrer Tochter. "Melissa! Lass das bitte! Du bist dann doch gleich voll mit Sand!",rief der Mann und ich verdrehte innerlich die Augen, da meiner Meinung nach Kinder immer spielen dürfen sollten und das schmutzig werden gehört nun mal zur Kindheit dazu.
"Darf es noch etwas sein?",wiederholte ich meine Frage immernoch freundlich und jetzt sah tatsächlich die Frau zu mir. "Oh nein Danke!",sagte sie etwas patzig, dich ich konnte mit denken, dass sie es nicht so rüberbringen wollte, denn sie war nunmal gerade gestresst bis über beide Ohren.
Ich machte also auf den Hacken meiner Chucks kehrt und lief Richtung Tresen.
"Gestresste Touri-Familie?",hackte Daniel nach, welcher im Türrahmen zur Küche lehnte und lächelte schelmisch. "Immer de gliecke Schiet mit de oll Utwertigen! Bloot Stress!" (Immer der gleiche Scheiß' mit den ollen Auswertigen! Bloß Stress!) ,fluchte ich auf unserem heimischen Dialekt, während ich die Bestellung fertig machte und Daniel begann zu lachen, denn er wusste wie sehr mich diese Art von Touristen nervten.
"Immer ein gutes Zeichen, wenn dir ersten Gäste schon so sind!",scherzte er, als ich die Bestellung an den Tisch gebracht hatte und nun wieder zu ihm kam. "Nu holl dien Snuut! (Jetzt halt deine Schnauze!) Du musst arbeiten!",ermahnte ich ihn mit einem Lachen und wollte gerade mit einem Geschirrtuch nach im schlagen, doch dann war er plötzlich ganz schnell in die Küche verschwunden.Im weiterem Verlauf des Tages lief eigentlich alles ganz gut. Für einen Freitag war es ziemlich ruhig, was vielleicht auch daran lag, dass ausnahmsweise mal keine Motorradgruppe vorbei gekommen war, sondern nur Touristen und Einheimische da waren.
Unser Stammgast Helmut war auch zu seiner gewohnten Zeit gekommen und saß wie immer mit einem Glas Spezi an der linken Ecke des Tresens.
Er kam jeden Tag um 20Uhr, trank sein Spezi, unterhielt sich mit Daniel & mir und wenn sein Glas leer war zahlte er und ging dann wieder nach Hause. Er war ein 75 Jahre alter Mann mit einem Gehstock und tatsächlich der Vorbesitzer dieser Bar. Er hatte sie vor gut 10 Jahren an Daniel verkauft und seit dem Daniel alles renoviert hatte und groß Eröffnung gefeiert hatte kam Helmut jeden Tag an dem die Bar offen hatte auf sein Spezi vorbei."Gift wat Neeis, mien Leev?" (Gibt's was Neues, meine Liebe?),fragte Helmut, als ich ihm sein Glas hinstellte und ich überlegte kurz. "Ne, egentlik nicht, aber Daniel het secker wat to vertellen." (Ne, eigentlich nicht, aber Daniel hat sicher was zu erzählen.), antwortete ich, als ich sah, dass dieser aus der Koche gerade hinter die Theke kam. Er kam direkt mit einem Lächeln auf uns zu, begrüßte Helmut und die beiden fingen sofort an auf Plattdeutsch zu reden, denn Daniel hatte scheinbar wirklich was zu erzählen.
Ich arbeitete derweil weiter, aber schnappte immer wieder ein paar Wörter von dem Gespräch der beiden auf.
Daniel erzählte auf jeden Fall, dass einer seiner Kumpel aus Hamburg wohl in der Gegend war, mit dem Motorrad, und das dieser in den nächsten Tagen vorbei kommen würde, aber mehr Details bekam ich nicht mit, da ich neue Gäste bediente.Um kurz vor 00:00Uhr schmiss Daniel die letzten beiden Gäste raus und wir begannen aufzuräumen und sauber zu machen, bevor wir Feierabend machen konnten.
"Dann bis Morgen, Daniel!",rief ich, als ich meine Sachen geholt hatte und in der Tür stand, um zu gehen. Er kam frisch umgezogen aus seinem Büro und machte das letzte Licht aus. Wir traten zusammen aus der Tür und während er abschloss erzählte er:"Ich freu mich auf morgen! Wird wahrscheinlich anstrengend, aber wird toll! Ein guter Kumpel von mir kommt mit ein paar seiner Jungs aus Hamburg. Die sind seit Mittwoch schon hier an der Küste und bleiben bis Sonntag oder Montag. Morgen wollen sie Richtung Stadt, deswegen wollten sie auf der Rücktour bei uns mal reinschauen und sich ein Bierchen abholen." "Heißt morgen muss ich dass kurze rote anziehen?",scherzte ich und wir beide schmunzelten. "Tu was du nicht lassen kannst, Josie! Bis morgen!",antwortete Daniel noch und lief dann zu seiner Maschine, während ich zu meinem Traum im schwarzen Lack lief und einstieg, um nach Hause zu fahren.
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Deep Waters are Silent🌊🌑 A German Lovestory
RomanceAlle Engel, aber keiner scheinheilig. Das erlebt Josephine fast jeden Tag auf der Arbeit, denn sie arbeitet in einer kleinen, alteingesessenen Bar im Nordwesten Deutschlands. Bei Motorradfahrern ist die Bar , die an einem Badesee wenige Kilometer vo...