Fiefunveertig: Weg

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Ein weiterer guter Monat war vergangen.
Heute würde mein Umzug stattfinden, denn ich hatte meine Wohnung gekündigt, meinen geliebten Camaro verkauft, mich von allen hier verabschiedet und meine ganzen Sachen aus der Wohnung in Kartons verpackt.
In jedem Zimmer standen Kartons und ich wartete nur auf Marten, der mit einem Transporter aus Hamburg kommen würde, damit wir alles aufladen konnten, um dann zusammen zurück zu fahren.
Ich hatte relativ viele Dinge tatsächlich verschenkt oder verkauft, da die meisten Dinge keinen Platz in der Wohnung von John finden würden, die er tatsächlich für mich hatte ausräumen lassen, damit ich es mit meinen Möbeln beziehen konnte.

Ich hörte das laute Geräusch eines Autos und sah neugierig aus dem Fenster, denn tatsächlich war es das Auto von John, welches mit offenem Verdeck auf die Einfahrt zum Wohnhaus fuhr gefolgt von einem weißen Transporter einer Mietwagenfirma.
Mit John im Wagen sah ich Panya und einen Typen mit ziemlichem Bart, der vor ein paar Wochen auch mit auf dem Festival war. Er war damals in dem CL mitgefahren, als wir nach Hause gefahren sind und er hatte zusammen mit diesem Kerl mit der Zahnlücke auf der Rückbank gesessen. Sein Name fiel mir allerdings nicht ein, was vielleicht auch daran lag, dass ich ihn wirklich nur von diesen paar Minuten auf dem Festival kannte.
Als die beiden Autos dann vor meinem baldigen Ex-Wohnort parkten klingelte es auch schon an meiner Tür und ich ließ die freudigen Helfer schnell ins Treppenhaus rein, während ich dann zur Wohnungstür lief um diese zu öffnen.
"Hey Jo!",freute Panya sich und fiel mir förmlich um den Hals, da sie sich scheinbar freute mich zu sehen. Ich erwiderte also ihre Umarmung, bevor sie sich dann löste und weiter in die Wohnung lief. Als nächster kam John, welcher mich auch schnell umarmte, als er mich begrüßte. Dann folgte der Kerl mit dem Bart und ich sah ihn leicht verwirrt an. Er hielt mir seine Faust hin, weshalb ich ihm einen Fistbump gab, bevor er sich vorstellte:"Ich bin übrigens Anton. Kennen uns ja nur flüchtig." Ich nickte als Bestätigung und als er weiter lief kam dann das mir wohl liebste Gesicht von allen Anwesenden.
"Moin Mäuschen.",sagte Marten mit einem breiten Lächeln im Gesicht, welches ich sofort erwiderte, bevor wir uns dann küssten, denn wir hatten uns jetzt auch schon wieder vier Wochen nicht in Person gesehen, denn nach seiner Woche Urlaub hier musste er ja wieder nach Hause, um zu arbeiten.
"Ich hab nen Hangaround mitgebracht, der unbedingt helfen wollte. Also Jo, das ist Ben. Ben, das ist meine bessere Hälfte Jo.",erklärte er dann noch und zeigte auf den ziemlich jungen Typen hinter sich. Als Marten weiter lief gab ich Ben also die Hand und schenkte ihm ein Lächeln, während ich mir einen Eindruck von ihm machte. Ich schätze ihn vielleicht gerade mal auf 20 Jahre und glaubte nicht, dass es so sinnvoll für ihn war sich jetzt schon mit den Engeln rumzuschlagen, wobei ich selbst war ja nicht sonderlich besser mit meinen 23 Jahren.

Alle packten sich also Kisten und wir begannen mit dem Schleppen nach unten zum Transporter, was aber irgendwie schneller ging als gedacht.
"Oh was ist denn hier los?",fragte plötzlich die Stimme einer älteren Dame im Treppenhaus, als ich die Treppe herunter kam.
Es war Frau Krüger, die Witwe mit ihren 80 Jahren, die im Erdgeschoss wohnte. Sie hatte natürlich bis jetzt nur Marten & John gesehen, weshalb sie verwirrt war. Als ich die letzten Stufen zu ihr kam antwortete ich also:"Ick treg um! Nach Hamburg hen, weil min Fründ dor wohnt. Dat is de Kerl mit de ganz Tattoowierungen!" (Ich zieh um! Nach Hamburg hin, weil mein Freund da wohnt. Das ist der mit den ganzen Tattoowierungen!) Sie sah also erst mich an und dann Marten, der extra zu ihr lächelte, da er mich verstanden hatte. "So wiet wech? Und dat blod förn Kerl? Dat würd mi net passeren!" (So weit weg? Und das bloß für einen Kerl? Das würde mir nicht passieren!)",witzelte sie und ich musste schmunzeln, besonders weil Marten während des Satzes an mir vorbei wieder nach oben lief und mich extra blöd anlächelte.
Ich quatschte also noch ein bisschen mit Frau Krüger, bis Marten und Ben dann zum gefühlt hundertsten Mal die Treppe runter kamen und Marten sagte:"Also die Kisten sind jetzt alle im Transporter, falls wir irgendwas vergessen haben musst du bitte noch einmal gucken gehen." Ich war ein wenig überrascht, dass schon als aus der Wohnung war, also verabschiedete ich mich von meiner jetzt gleich ehemaligen Nachbarin und ging noch einmal in meine Wohnung hoch.

Tatsächlich war alles aus meiner Wohnung verschwunden. Jeder Raum war völlig leer, bis auf die Küche in der die Einbauküche drin blieb. Der Anblick tat mir schon irgendwie weh und es machte mich traurig, weil das hier meine aller erste eigene Wohnung war und ich hier das richtige alleine Leben kennengelernt hatte. Ich hatte viele schöne Erinnerungen hier erlebt mit meinen Freunden, meinen Eltern und natürlich auch mit Marten, aber jetzt war alles nur noch kahl und leer und es fiel einem alleine schon schwer sich vorzustellen wie die Möbel genau gestanden hatten.
Ich stand gerade im Flur und drehte mich mit meinen Blick Richtung Wohnungstür, wo Marten stand und mich leicht anlächelte. Ich hatte seit ein paar Minuten ein leichtes Brennen in der Augen und vermutete, dass ich bald weinen würde, was man mir wohl auch schon ansah, denn Marten kam mit schnellen Schritten zu mir und nahm mich ganz fest in den Arm mit den Worten:"Bitte wein jetzt nicht, Mäuschen...ich glaub da bin selbst ich nicht hart genug für..." "Ich versuchs...",nuschelte ich in seine Brust und klammerte mich um ihn, um die Umarmung noch mehr zu vertiefen.
Ich genoss also einfach nur seine Nähe, seine Wärme und sein ruhiges Atmen, welches mich tatsächlich gut beruhigte. Als ich mich also beruhigt hatte und nur ein paar geräuschlose Tränen gekullert waren lösten wir uns etwas und Marten nahm mein Gesicht in seine Hände, um mich ansehen zu können. Er strich mir über die Wangen und gab mir dann einen schnellen liebevollen Kuss, bevor er mich wieder anlächelte und ich es erwiderte.
"Können wir los?",fragte er dann vorsichtig und ich nickte.
Wir lösten uns also komplett voneinander und verließen die Wohnung. Ich schloss die Wohnungstür ein letztes mal ab und auf dem Weg nach unten schmiss ich die Schlüssel, wie vereinbart, in den Postkasten der Vermieters.
Draußen warteten die Anderen bereits in den Autos, weshalb Marten und ich schnell noch zu Ben in den Transporter stiegen und es dann Richtung Hamburg ging.

Deep Waters are Silent🌊🌑 A German LovestoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt