Negenunveertig: Feierabend

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Gegen 5 Uhr morgens begannen wir dann alle zusammen aufzuräumen, da kein Gast mehr da war.
Nach etwas mehr als einer Stunde versammelten sich dann alle Angestellten am Tresen und die besagte Besprechung über mich stand an.

"Okay, dann stimmen wir jetzt ab! Wer ist dafür, dass wir Josephine einstellen?",fragte also der Chef und die meisten Hände gingen hoch, weshalb es dann feststand, dass ich tatsächlich hier in der Brauerei anfangen dürfte.
Ich bedankte mich also bei allen für ihre Stimme und nachdem ich dann noch mit Arbeitskleidung versorgt wurde hatte ich endlich Feierabend und lief zusammen mit Max noch eine kleine Strecke, bis Marten auf uns zu kam, welcher wohl auch gerade von der Arbeit kam.
Ich verabschiedete mich also von Max und begab mich dann in Marten's Obhut, da auf der Straße doch noch viele alkoholisierte Menschen unterwegs waren.
Marten lief also mal wieder dicht hinter mir, rauchte eine Zigarette und hatte eine unnormal aufrechte, sowie breite Haltung kombiniert mit einem Todesblick, bei dem ich nicht wusste, ob ich ihn verursacht hatte, da ich ja nicht Bescheid gesagt hatte oder ob er immer so guckte, wenn er von der Arbeit wieder kam.
Wir wechselten mal wieder kein einziges Wort, bis wir in meiner Wohnung angekommen waren.

Als ich mir gerade meine Schuhe und meine Jacke ausgezogen hatte und ins Bad wollte hielt Marten meinen Arm fest, zeigte auf meine Bett und knurrte:"Erst da hinsetzen." Er zog mich also hinter sich her zum Bett und ich musste mich an die Bettkante setzten, während er mit seinem bösen Blick vor mir stehen blieb.
Ich traute mich gar nichts zu sagen bei seinem jetzigen Auftreten, weshalb ich auch eher auf seine Füße starrte, als dass ich ihm ins Gesicht sah.
"Okay, wenn du mir dabei nicht in die Augen sehen willst, dann nicht, aber ich glaub du weißt was jetzt kommt!",sagte er angepisst, weshalb ich als Antwort nur nickte. Er schnaubte noch einmal wie ein Pferd, begann vor mir auf und ab zu laufen und dann begann seine Ansprache:"Was verstehst du eigentlich unter der Aussage 'Ich stehe zu meinem Worten'?! Du hast mir mehrfach gesagt, dass du dich meldest, sobald du irgendetwas weißt bezüglich des Jobs! Warum sagst du mir dann nicht Bescheid, wenn du weißt, dass du die ganze Nacht auf Probe arbeiten wirst? Du arbeitest jetzt mitten auf dem Kiez und ich weiß wie einige Menschen hier zu jungen Frauen wie dir sind, also will ich verdammt nochmal immer wissen wo du bist, damit ich keine Angst um dich haben muss. Wenn ich nicht weiß, dass du am arbeiten bist und ich dich mehrere Stunden nicht erreiche, dann mach ich mir Sorgen Josephine! Also gewöhn' dir bitte an, dass du mir immer schreibst wo du bist und wenn du über mehrere Stunden irgendwo bist, dann melde dich bitte spätestens alle zwei Stunden mal bei mir, damit ich weiß, dass es dir gut geht. Du bist jetzt nicht mehr bei dir in der Heimat, sondern in Hamburg, wo man mich relativ gut kennt und glaub mir, nicht jeder will mir Gutes, deshalb akzeptiere es bitte auch, dass ich auf dem Kiez oder an sonstigen öffentlichen Orten mal etwas auf Distanz gehe. Ich liebe dich wirklich sehr Jose, aber wenn die richtige Person mitbekommt, dass ich jetzt eine Frau an meiner Seite habe, dann könnte das für dich und mich gefährlich werden, weil du ein relativ großer Angriffspunkt bist, mit dem sie bei mir großen physischen und psychischen Schaden anrichten können, um das dann zu ihren Gunsten zu nutzen." "Hast du mir nicht mal gesagt, dass die Familie eines Engels nicht mit in die internen Probleme oder sonstiges mit reingezogen werden, sondern außen vor sind, weil das was mit Respekt und Ehre zu tun hat?",traute ich mich zu fragen und dabei den Blick zu ihm zu heben. Er blieb von seinem hin und her Gerenne stehen und sah mich nur an ohne jegliche Mimik zu zeigen. "Man Josephine, ich hab doch nicht nur mal Probleme mit dem Club, sondern auch mit Leuten vom Kiez, wie mit diesem George vor dem ich dich jedesmal versteckt habe, wenn er plötzlich bei mir auf der Matte stand. Die meisten Menschen außerhalb des Clubs haben nämlich keine Ahnung von bestimmten Regeln, geschweige denn überhaupt Ahnung von Respekt und Ehre, also musst du bei denen immer mit den ekligsten und ehrenlosesteste Aktionen rechnen, die dir einfallen! Deshalb muss ich immer damit rechnen, dass solche Menschen bei Konflikten auch meine Familie mit rein ziehen.",erklärte er und ich musste kurz schlucken, da ich etwas Angst bekam.
Marten merkte das natürlich und hockte sich vor mich, sodass er meine Hände nehmen konnte und dessen Rücken küsste. "Das heißt nicht, dass dir von heute auf morgen was angetan wird, aber bitte Mäuschen...sag mir immer wo du steckst, auch wenn immer jemand aus dem Club in der Nähe ist....ich will so schnell wie möglich bei dir sein können, wenn etwas ist. Schließlich wird es meist eher was mit mir als mit dir zu tun haben.",versuchte er mich zu beruhigen und ich nickte, aber irgendwie wollte ich jetzt nicht mehr hier in der Wohnung sein, da ich das Gefühl hatte zu nah an der Gefahr dran zu sein. Wenn Marten gleich gehen würde, wäre ich auch einfach komplett alleine und nach der Ansprache hatte ich jetzt doch etwas Angst.
"Marten....",flüsterte ich deshalb und er sah zu mir hoch, während er unsere Finger miteinander verschränkte. "Baby, ich weiß, dass ich dir ein bisschen Angst mache, aber du sollst bitte vorsichtig sein und bei der ein oder anderen Sache mal auf mich hören, weil ich bei gewissen Dingen mehr Erfahrung habe, als du.",meinte Marten dann und setzte sich neben mich, um mich an ihn zu ziehen und meine Wange zu küssen. "Das hört sich an, als würdest du mich für ein kleines naives Kind halten und du als ach so starker Mann musst nur auf mich aufpassen...",sagte ich daraufhin etwas zickig und plötzlich drückte Marten mich so stark an sich, dass es tatsächlich weh tat. "Jo...du hast keine Ahnung was dir alles passieren könnte...",knurrte er dann und ließ von mir ab. Ich sagte jetzt erst recht nichts mehr und wandte den Blick von ihm ab. "Du brauchst gar nicht so zu tun, als ob du nichts von dem Risiko wusstest, als du dich auf mich eingelassen hast und als du beschlossen hast hier her zu ziehen...überleg lieber erstmal was genau ich einfach nur für dich möchte und warum ich das für dich tu...meld dich, wenn du die Lösung gefunden hast...ich bin weg.",sagte er dann als er aufstand und Richtung Flur lief.
Er schaltete extra das Licht aus, sodass ich jetzt im Halbdunkeln da saß und sagte bevor er ging:"Ach und bevor du dann zu mir kommen willst, um dich zu entschuldigen, dann glaub bloß nicht, dass nur ein 'sorry' reicht..."
Und schon war er weg...

Deep Waters are Silent🌊🌑 A German LovestoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt