Status: Überarbeitet
- Yoongi -
Weitere Monate vergingen, in denen sich mein Zustand allein verschlechterte. Meine Kopfschmerzen wollten kein Ende nehmen, plagten mich besonders schlimm am Morgen und kurz vor dem Schlafengehen. Nebenbei folterte mich die Übelkeit. Tag ein, Tag aus. Es hinderte mich daran, mein Essen zu genießen. Inzwischen übersprang ich fast jedes Frühstück. Ich war froh, dass zumindest diese Dinge nach meinem Tod ein Ende haben werden.
Ich fühlte mich alles andere, als wohl. Mein einziges Bedürfnis wieder nachhause zu gehen und mit meinem Verlobten auf dem Sofa zu kuscheln, währenddessen einen schlechten Film schauen und einfach alle Sorgen zu vergessen war stärker denn je. Jedoch kam ich langsam dem Ende nahe. Anders, als es zu akzeptieren, konnte ich nicht.
Ich gab mein Bestes, damit klarzukommen und versuchte so oft es ging an etwas anderes zu denken. Jedoch war dies unverhofft schwer und je mehr Zeit verging, desto größer wurde meine Angst. Ich wusste nicht, was danach geschehen würde. Gab es einen Ort nach dem Tod, oder war da das bloße nichts? Würde ich meinen Bruder wiedersehen? Das war das einzige, worauf ich noch hoffen konnte.
Die Erschöpfung machte sich in mir breit, als ich erneut das Bett verlassen musste, um mich zu übergeben. Ich hatte diesen Tag nichts zu mir genommen. Kleine Punkte tanzten vor meinen Augen und meine Sicht wurde schwarz. Jimin half mir jedes Mal, indem er mich stützte, aber ich hatte die Schnauze voll.
Mein Magen war leer und erneut entkam nichts meinem Mund, als ich mich übergeben wollte. Mein Hals brannte, als mir allein ein wenig von einer durchsichtigen Flüssigkeit entkam, und mein Bauch schmerzte.
Interessiert hörte ich Jimin zu, wie er von seinem Arbeitstag erzählte. Nach langer Zeit hörte er sich wieder fröhlich und energisch an. Das tat er immer, wenn er von Kindern sprach.
»Der Kleine hat dir auch gute Besserung gewünscht. Und als ich ihm erzählt habe, was du machst und wie viel Arbeit du in deine Projekte steckt, meinte er, dass er das auch gerne mal machen würde. Er war ganz erstaunt. Das war unglaublich süß, Yoongi. Du hättest den Kleinen selber treffen müssen.« Er schwärmte ununterbrochen über das Gespräch mit seinem kleinen Patienten, das Lächeln verließ nicht ein einziges Mal seine Lippen. Er lächelte, als wären wir zu Hause, um zusammen einen gemütlichen Tag zu genießen. Ohne Probleme, ohne Sorgen.
»Er scheint dein Herz erobert zu haben«, lachte ich. Seine Hand in meiner strahlte eine unglaubliche Wärme aus. Meine Hände waren eiskalt, im Gegensatz zu seinen. Mit seinem Daumen zeichnete er unsichtbare Kreise auf meinen Handrücken.
»Oh ja, das hat er.«
Für einen Moment umhüllte uns die angenehme Stille. »Komm her«, sagte ich. »Ich will dich in meinen Armen haben.« Jimin zeigte keinen Anzeichen von Widerstand. Als er sich dann in meinen Armen befand, legte er seinen Kopf auf meine Brust und ruhte.
»Dein Herz«, sprach er besorgt.
»Was ist damit?«
»Es schlägt viel zu schwach. Wenn ich heute gehe, werde ich den Ärzten Bescheid geben.«
»Mach nur. Lange werde ich sowieso nicht mehr aushalten ...«
Er erhob seinen Kopf und blickte mir streng in die Augen, messerscharf. »Warst nicht du derjenige, der meinte, dass wir nicht länger daran denken sollen?«
Trocken schluckte ich den Kloß in meinem Hals herunter. Er hatte recht, aber es änderte nichts daran, dass ich ebenso im Recht lag. Entschuldigend schenkte ich ihm ein Lächeln.
»Tut mir leid. Wird nicht mehr passieren.«
Er blickte mir weiterhin in die Augen, jedoch veränderte sich der Ausdruck in ihnen. Ich erkannte Sehnsucht und Liebe in ihnen, Besorgnis und Leid. Ich war nicht der einzige der litt, es war auch er, dessen Leben schwieriger wurde. Sein Blick wanderte von meinen Sehern zu meinen spröden Lippen. Die Wunde an meiner Unterlippe nervte mich, es war lästig.
»Schatz?«
»Ja, Liebling?«, sprach ich mit dem Blick auf seinen blassen Mund. Als er sich mit dem Gesicht meinem näherte, lächelte ich und spürte, wie mein Herzschlag stieg und beinahe raste. Es vergingen mehr als zehn Jahre, und es fühlte sich an, als wären wir noch frisch in der Beziehung. Kein einziger Tag verging, in denen ich meinen Verlobten weniger liebte. Im Gegenteil, meine Gefühle für ihn stiegen stetig.
Was würde ich nur tun, wenn Jimin an meiner Stelle sein würde? Es würde mich höchstwahrscheinlich in den Tod stürzen. Einen weiteren Verlust eines Menschen, der mir wichtiger, als mein eigenes Leben war, würde ich nicht ertragen.
»Ich möchte dich noch einmal küssen. Richtig.«
Mein Grinsen wurde breiter, ich musste fast kichern. »Danach musst du nicht fragen. Vergiss nicht, wir sind verlobt.« Jimins Lippen ahmten die meinen nach, ehe er mit ihnen die letzten Zentimeter überbrückte und sie vereinte. Es fühlte sich an, als wäre es unser letzter. Wir kosteten alles aus. Das Gefühl auf der Haut, die Gefühle in uns, der Geruch und unser Geschmack. Alles, was um uns herum war, blendeten wir aus. Wir nahmen uns allein gegenseitig wahr, nichts und niemand um uns herum würde uns stören. Mit jeder Sekunde, die verstrich, verstärkten wir den Druck, als wäre noch genug Platz zwischen unseren Lippen. Die Spannung zwischen uns wurde Hitziger, inniger, bis unsere Atmung hastiger und fordernder nach Luft wurde. Unsere Nasen pressten sich aneinander und unsere Zähne striffen sich. Mein armes Herz drohte mir aus der Brust zu springen und das Feuerwerk in mir war unaufhaltbar.
Als wir uns voneinander lösten, verlor ich mich in seinen Augen. Als befände sich ein Labyrinth in ihnen, verlief ich mich und fand keinen Weg heraus. Erst als er mir wieder auf den Mund blickte, war ich von seinem Bann befreit, bis er erneut nach meinen Lippen suchte und sie miteinander verschmelzen ließ. Ich genoss diesen Moment in vollen Zügen, doch als ich etwas Feuchtes an meiner Wange verspürte, stoppte ich unseren Kuss. Wie bei einem Wasserfall, flossen seine Tränen ohne Halt und Ende.
»Tut mir leid«, entschuldigte er sich mit bebender Stimme und trocknete seine Augen und Wangen.
»He, alles gut. Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen.«
Ich öffnete meine Arme und sagte: »Leg dich in meine Arme. Ich bekomme langsam keine Luft mehr.« Ich lachte scherzend und deutete darauf, wie er inzwischen mit seinem ganzen Gewicht auf mir lag. Er nahm es ernster, als gewollt und schaute mich entschuldigend an.
Mir wurde klar, dass ich ihn sogar nach meinem Tod vermissen werde. Ihn verlassen zu müssen, war einer der schlimmsten Dinge.
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Artificial Intelligence
Fanfiction🄵🄰🄽🄵🄸🄲 »𝗧𝘂' 𝗺𝗶𝗿 𝗱𝗮𝘀 𝗻𝗶𝗰𝗵𝘁 𝗮𝗻!« Eine Dokumentation über Künstliche Intelligenz war der Grund, der dafür sorgte, dass Yoongi sich seit seinem 9. Lebensjahr an die Wissenschaft interessierte. Mit seinen jungen 18 Jahren und den süß...