Zwölf

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Status: Überarbeitet

- Yoongi -

»Scheiße, wie siehst du denn aus?« Erschrocken betrachtete Jin meine verwundete Lippe, sowie die dunklen Schatten unter meinen Augen.
»Dir auch einen guten Morgen«, sprach ich grimmig, während ich den weißen Kittel vom Kleiderhaken nahm und es mir um die Schultern anzog.
»Boss, was ist passiert?«
»Ich bin kurz vor einer Trennung, das ist passiert!« Sichtlich angespannt gab ich den Code ein, und die Metall-Liege mit meinem Projekt erschien.
»Fünf Monate, und wenn ich bis dahin nicht fertig bis, ist er weg.«
»Das ist viel zu wenig Zeit ...«
»Ich weiß. Das schlimmste dabei ist ja, dass ich es mir selber eingebrockt habe!« Behutsam entfernte ich die graue Decke und warf einen Blick auf Yun. Reglos lag er da, es erinnerte mich an den Tag, als er leblos in meinen Armen lag. Ich, schreiend am Boden, hatte ihn gerade aus der gefüllten Badewanne gezerrt. Ich schluckte schwer bei dieser Erinnerung. Nicht jetzt, Yoongi, nicht jetzt.
»Gib nicht auf!«
Ein Seufzen entkam mir. »Ich bin kurz davor. Es heißt entweder Yun, oder Jimin.«
»Nicht! Wir werden es in diesen Monaten schaffen. Ich werde Überstunden machen und dir bei allem helfen. Das werden wir schaffen!« Jin schien mehr Hoffnung als ich zu haben. Er hatte einen starken Willen und war überzeugt, dass alles nach Plan lief. Jedoch konnte dies nicht immer der Fall sein. Doch das einzige, was ich noch tun konnte, war zumindest alles zu geben. Ob wir es schaffen würden, würde man dann in fünf Monaten erfahren.
»Wir können es ja versuchen«, sagte ich und tastete den Roboter ab. Kalt wie eine Leiche ...
»Versuchen?« Jin hörte sich beleidigt an, geschockt konnte man fast schon sagen. »Nichts da. Wir werden es schaffen!«
»Jin, höre zu«, sagte ich. »So etwas wie Hoffnung, so was habe ich zurzeit nicht.«
»Dann sag mir eins, Boss. Wie wichtig ist dir Jimin?« Die Frage kam wie aus dem Nichts, wobei die Antwort doch so offensichtlich war.
»Jin, ich versteh' jetzt nicht, woher diese Frage kommt.«
»Was gibt es denn da nicht zu verstehen? Wie wichtig ist er dir? Ganz simpel, die frage.«
»Sehr«, sagte ich, mein Blick galt jedoch wieder Yun.
»Dann sollte aufgeben deine letzte Wahl sein. Am besten gar nicht.« Jin sprach in einem ruhigen Ton, als wenn er denken würde, dass ich jeden Moment anfangen könnte zu weinen. Ich war total am Ende, ja, aber nach weinen war mir nicht.
»Gut«, gab ich nun energischer von mir und kramte einen Zettel aus meiner Hosentasche heraus.
»Das sind die Dinge, die du mir noch besorgen musst. Die Adressen stehen alle schon drauf.« Ich überreichte es meinem Kollegen, er las es sich gut durch, nickte, bis sich seine Augen weiteten.
»Tokyo!«, rief er schon fast erschrocken. »Ich muss ganz nach Tokyo?« Breit grinste Jin. Wie ein Kind, das gerade sein Eis mit mehr Kugeln bekam, als seine Mutter ihm versprochen hatte.
»Das ist kein Urlaub. Du wirst dich mit einem Sota Ito treffen und ihn davon überzeugen, dass er dir die Dinge, die auf dem Zettel stehen, verkauft. Wenn ich die Dinge nicht bekomme, habe ich elf Jahre für nichts verschwendet. Es wird teuer, doch was soll ich noch machen.«
»Das bekomme ich hin!«
Ich nickte, begann dann die Glieder abzuchecken, ob ihre Bewegungen stockten.

An diesem Tag verließ ich mein Labor eher, denn ich wollte mich bei Jimin entschuldigen. Für meinen Ausraster, meine konstante Abwesenheit, eigentlich für alles, was ich je tat. Ich sollte bleiben, in meinem Labor und weiter an Yun arbeiten, denn meine Zeit lief und ich hatte nicht viel davon. Und doch entschied ich mich zu gehen, ich war es Jimin schuldig.
»Hey, Liebling«, begrüßte ich meinen Verlobten mit sanfter Stimme, während er dabei war, das Abendessen vorzubereiten. Er sagte nichts, doch was anderes hatte ich nicht erwartet.
»Hör' zu. Ich tut mir leid, dass ich ... für alles. Alles, was ich angerichtet habe, Jimin, tut mir unendlich leid.«
Noch immer kam nichts, unberührt rührte er die köstlich riechende Soße um. Nichtssagend hielt ich ihm einen Blumenstrauß vors Gesicht. »Ich bin heute früher los, um die diese zu kaufen. Wobei ich in meinem Labor sein sollte, um an Yun weiterzuarbeiten, in Hoffnung, dass ich in fünf Monaten fertig werde.«
Zögernd nahm Jimin die Blumen an und betrachtete die roten Rosen.
»Danke«, sagte er leise. »Aber wir haben keine Vase mehr. Du hast unsere einzige gegen die Wand geschleudert.«
Mit der anderen Hand hielt ich eine weiße Plastiktüte und hielt sie ihm vor die Nase. »Ich habe auch eine neue gekauft.« Es war eine weiße Porzellanvase, verziert mit blauen und violetten Mustern. Gefüllt mit Wasser, stellte ich sie auf den Tisch und platzierte die Rosen.
»Jimin, bitte verlass mich nicht.«

»Du hast fünf Monate,Yoongi.« Jimin stellte den ersten Topf mit essen auf unser Esstisch. »Wenn du bis dahin fertig bist, bleibe ich, wenn nicht, bin ich weg.«

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