Vierzehn

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Status: Überarbeitet

24.12.2007

»Aufwachen, heute ist Heiligabend!« Yoongi war ganz aufgeregt. Die Weihnachtszeit war immer die Zeit, die er und Yun am meisten liebten. Schon von klein auf freuten sie sich bereits Wochen vor Beginn auf diesen Tag. Nie war ihre Freude an diesen Tagen zu stoppen, doch war dieses Jahr etwas anders. Stattdessen, dass Yun mit einem breiten Grinsen aufwachte und sich mit freute, entkam ihm bloß ein schläfriges Brummen. Er schlug die Decke über seinen Kopf und wollte einfach nur weiter schlafen. Die Kraft aufzustehen war heute nicht bei ihm, schon gar nicht nach einer Nacht, in der er Schwierigkeiten hatte, Schlaf zu fangen.
»Raus aus den Federn, Kumpel!« Er riss die Decke weg, dann schmiss er sich auf seinen Bruder.
»Runter! Yoongi, runter von mir!«
»Stehst du auf?«
»Ja, aber geh erst runter von mir. Du bist schwer!« Zufrieden stand Yoongi auf und hielt seinem Bruder die Hand hin. In der Küche warteten bereits ihre Eltern auf sie.
»Guten Morgen«, begrüßte Donghae sie, mit seinem Kaffee in der Hand und nahm sich einen Schluck. Mina legte ihrem Jüngsten, Pfannkuchen auf den Teller, doch er zögerte. Yun hasste es sich mit essen vollzustopfen, wenn sein Magen überhaupt nicht danach schrie.
Und doch, Pfannkuchen waren sein Lieblingsessen. Er überwand sich und aß, war aber schnell wieder satt. Seitdem er kaum etwas aß, verkleinerte sich sein Magen, es passte weniger hinein. Er zwang sich das letzte Stück in den Mund, damit die anderen kleine Fragen aufgrund dessen mehr stellten. Denn es begann ihn zu nerven.
»Besuch ist um vier Uhr da, Dahee wird auch da sein. Sie ist schon ganz aufgeregt, euch wiederzusehen. Besonders dich, Yun.« Mina war aufgeregt, sie wedelte sogar mit ihrer Gabel in der Luft herum. Doch mehr als ein monotones »ja« gab Yun nicht von sich. Dahee war seine Cousine, sie besuchte die Jungs sehr gerne, bevor sie sich entschieden nach Seoul zu ziehen. Vor allem Yun freute sich immer unglaublich, wenn sie vorbeikam. Jedoch verringerte sich ihr Kontakt nach dem Umzug von Zeit zu Zeit mehr, bis es viel zu lange her war, um sich überhaupt noch richtig zu kennen. Es fühlte sich für Yun an, als würde er sie kaum noch kennen. Kurz gesagt, er freute sich nicht mehr auf ihren Besuch. Er ging all dem neutral entgegen.

Hohe Freude ausstrahlend betrat die Tante mit offenen Armen das Haus. »Komm her, mein Junge. Lass dich drücken.« Yoongi war der erste, der sich mit einem Lächeln in ihre Arme gesellte. »Zwanzig Jahre, und immer noch hat dein Gesicht all den Babyspeck behalten. Du weißt ja gar nicht, wie neidisch ich bin! So jung siehst du aus.«
»Ich freu' mich auch dich zu sehen, Tantchen«, lachte Yoongi. Tante Mia, sie war eine eher etwas pummelige Frau, doch ihre Liebenswürdigkeit und Bereitschaft für Späße und Witze waren das größte an ihr. Sie liebte es, ihre Neffen mit Geschenken und Essen zu verwöhnen. Sie schien immer etwas für die beiden zu haben.
»Unglaublich, wie schnell ihr wachst, Jungs.«
Yun wollte sich freuen, doch er konnte nicht. Das Bedürfnis sich wieder in seinem Zimmer zu verstecken, und hätte seine Mutter ihm keine Standpauke gehalten, wäre er dort auch geblieben.
»Hallo, Tante«, begrüßte Yun Mia mit einem aufgesetzten Lächeln. Er wusste, wenn sie wüsste, was wirklich los war, würde sie ihn stundenlang mit Fragen und nicht besonders hilfreichen Tipps bombardieren. Darauf konnte er gute verzichten.
Mia wartete nicht lang und umarmte Yun fest, vielleicht ein bisschen zu fest. »Tante«, krächzte Yun und tappte mit seiner Hand auf ihr Rücken, schnell und wiederholend. »Keine Luft.«
»Ach du meine Güte. Entschuldige.«
Tief atmete Yun ein. »Schon okay ...«

Nach einer weiteren Stunde waren auch die letzten fehlenden Gäste angekommen und saßen alle zusammen an einem großen, langen Tisch. Dieser befand sich im Wohnzimmer der Eltern. Es wurde gelacht, viel geredet und das Klimpern mit Gabel und Messer auf den Tellern übertönte die weihnachtliche Musik im Hintergrund. Jeder hatte ein Lächeln auf den Lippen, bis auf Yun. Wie bei seiner Ankunft stocherte er in seinem Essen herum und blendete alles um sich herum aus. Er langweilte sich und wollte nichts sehnlicher, als wieder in seinem Zimmer zu sitzen, sich einzusperren und etwas auf ein Blatt Papier zu zeichnen, um ein wenig Entspannung zu erlangen.
Doch wie sollte er Ruhe und Entspannung bekommen, wenn er hier saß, bei seiner Familie, welche lauter denn je waren. Schwer seufzte Yun und führte sich ein Stück Fleisch in den Mund.
»Ruhe, bitte!«, rief Donghae in den Raum und stand auf. Augenblicklich wurden alle still und schauten in seine Richtung. »Ich würde vorschlagen, noch bevor wir mit Tee und Kuchen beginnen, dass wir erst einmal die Geschenke verteilen.«
»Super!«, sprach Dahee und freute sich wie ein kleines Kind, denn sie liebte Bescherungen. »Onkel, ich will als erste!« Fröhlich sprang sie von ihrem Stuhl und näherte sich den Geschenken unter dem Weihnachtsbaum.
Auch noch mit 15 Jahren war sie sehr verspielt. Dahee war schon immer ein Mädchen, das sehr fröhlich und extrovertiert war. Manchmal wünschte sich Yun, dass er ein wenig wie sie wäre, jedoch auf einer weniger verspielten Art und Weise. Mit ein wenig Elan öffnete sie ihr Geschenk und konnte gar nicht mehr aufhören zu staunen. Eine neue Musikbox, die sie sich schon seit geraumer Zeit wünschte, doch auch recht teuer war.
»Dankeschön!«
»Yun, was ist mit dir?« Ein Blick zu seinem Geschenk in den Händen seines Vaters ließ Yun bereits erraten, was es sein würde, denn die Form war wie jedes Jahr dieselbe. Logisch, wenn man bedachte, dass er sich jedes Jahr dasselbe wünschte, da er sonst nichts anderes wollte. Eine große Leinwand, zusammen mit einem Set vieler Farben, und als er es auspackte, bestätigte sich seine Vermutung.
»Danke.« Yun versuchte seine Dankbarkeit, ohne seine angeschlagene Stimmung hervorzubringen, doch leider war noch immer ein wenig von dem in seinem bedrückten Ton untergejubelt worden, ungewollt.
Auch Yoongi bekam nicht lange nach ihm sein Geschenk. Es war ein Gerät, etwas, was wohl für Yoongis Projekte war. Egal wofür es gedacht war, Yun wusste es nicht und verstand generell nichts von diesem Thema. Er hatte keine Lust mehr, auf die Lautstärke, der vielen Menschen, generell auf den ganzen Tag. So entschied er sich den Garten zu betreten, da, wo niemand war. Draußen lag nicht viel Schnee auf dem Grund, und doch war es genug für den Jungen, um nach kurzer Zeit zu frösteln, sodass seine Finger rot wurden. So auch seine Nase und Wangen, doch es verhalf ihm einen klaren Kopf zu bekommen. Zumindest für einen einzigen Moment. Schnell bereute Yun es, sich keine Jacke übergezogen zu haben.
Schnee legte sich auf seinen Kopf, bildete eine frostige Decke und auch bald waren seine Wimpern wenig mit der weißen Schönheit bedeckt worden. Es begann immer und immer mehr zu schneien. Ein kleines, doch ehrliches Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Wie sehr er doch diese Jahreszeit liebte.
»Was machst du hier ohne eine Jacke draußen? Yun, du erkältest dich noch!«
Yun erschrak und drehte sich sofort um. »Yoongi«, sagte er.
»Warum bist du nicht bei uns? Es gibt jetzt Tee und Kuchen.«
Yun zuckte mit seinen Schultern. »Mir ist nicht danach«, murmelte er und begann zu zittern. So langsam fröstelte er unangenehm.
»Hier.« Yoongi sah, wie sehr sein kleiner Bruder zitterte und überreichte ihm seine Jacke. Er legte sie Yun über die Schultern und klopfte zweimal brüderlich auf seinen Rücken.
»Ich weiß, es geht dir nicht sonderlich gut ... sogar Tantchen hat gefragt, was mit dir los ist. Man hat ihr immer noch nicht gesagt, dass du bipolar bist, weißt du?
Stumm nickte Yun. Doch da keine Antwort kam, wie Yoongi erhoffte, seufzte er. »Na? Wie sieht es denn mit McDonalds aus?« Mit einem Lächeln blickte Yoongi zu Yun, dieser nickte. Der ältere war bereits voll von all dem Weihnachtsessen, doch er versprach seinem Bruder immer für ihm da zu sein, selbst wenn es hieß sich an einem Tag zu überfüllen bis einem der Bauch platzte.


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