Einundzwanzig

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Status: Überarbeitet

- Yoongi -

Es war unglaublich! Einer der größten Wissenschaftler war von meiner Kreation begeistert! So sehr es mich auch freute und fast zum Schreien brachte, unterdrückte all meine Emotionen mit einem einfachen Lächeln.
»Vielen Dank«, bedankte ich mich und verbeugte mich leicht.
»Wenn er so menschlich ist wie er wirkt und Sie sagen, sollte ich mich wohl eher bei Ihnen bedanken. So etwas ist der größte Schritt in der Wissenschaft, den es je gab.«
Ohne es zu merken, wurde mein Lächeln breiter. Wer hätte gedacht, dass der Tod meines Bruders mich zu so etwas führen würde. Ein riesiger Verlust in meinem Leben sorgte Jahre später für einen riesengroßen Erfolg und Lob meines Vorbilds. Doch ob es wirklich zu einem Erfolg kommen würde, sähe ich erst bei der Preisverleihung - so offensichtlich es auch sein mochte.
Dr. Kim wandte sich zu Yun. »So«, begann er mit einem herausfordernden Ton. »Wärst du bereit, mir ein paar Fragen zu beantworten?«
»Gerne doch.« Die Augen des Doktors weiteten sich für einen Bruchteil der Sekunde, andere begannen erneut zu tuscheln, sobald sie alle hörten, wie menschlich seine Stimme war. Der Wissenschaftler räusperte sich und blickte auf sein Klemmbrett, ehe er begann.
»Wann wurdest du erbaut?«
»Am 23. April 2020, um 04:51 Uhr.« Ehe Dr. Kim seine Fragen weiterfuhr, schrieb er sich diese Information auf.
»Tastgefühl?« Yuns Hand in den des Doktors drückte er auf seine Fingerkuppen.
»Ja.«
»Emotionen?«
Hastig nickte Yun, mit einem breiten Lächeln auf den Lippen. Er musste wirklich stolz sein, so etwas verspüren zu können. »Freude, Wut, Trauer. Ich kann viele Emotionen nachempfinden. So weit, ob ich alle verspüren kann, weiß ich nicht. Solange her ist es noch nicht, als ich das erste Mal gestartet wurde.«
Dr. Kim lächelte. »Beweis?« Mein Bruder schaute zu mir rüber, mit seinem Blick nach Erlaubnis fragend. So nickte ich. Alles, was er bis jetzt erlebte, zeichnete sich automatisch auf.
»Auf meiner Festplatte sind Videodateien. Diese können Sie sich gerne anschauen.«

Die schreiende Stimme meines Roboters ertönte aus den Lautsprechern des Computers. Es war einer der allerersten Videodateien, von ihm. Der Tag, an dem ich dachte, all meine harte Arbeit wäre umsonst gewesen. »ICH BIN YUN!«, schrie er damals.
Gründlich schaute Dr. Kim sich die Datei an. Es gefiel mir nicht, dass gerade dieser Moment einem praktisch Fremden offenbart wurde, doch ich sagte nichts. Gerade an diesem Tag zeigten sich starke Gefühle. Perfekter Beweis für Yuns menschlich ähnliche Existenz.
Dr. Kim pausierte das Video und drehte sich auf seinem Drehstuhl zu mir. Wir waren allein. Bloß ich, Dr. Kim und Yun befanden sich in einem Raum, welcher sonst nur für Mitarbeiter zugänglich war. Yun selbst bekam gar nichts mit, denn ich musste ihn erneut ausschalten, sodass wir ungehindert an die Festplatte herankamen.
»Ich kann Ihnen sagen, dass Sie großen Potenzial haben, Dr. Min. Das tun Sie schon seit längerem.«
»Ja?«, fragte ich überrascht und er nickte. »Bis heute habe ich mich gefragt, warum man Ihnen nicht mehr Aufmerksamkeit gab. Sie haben bei dem Großteil der Wettbewerbe, in denen Sie teilnahmen, den ersten Platz belegt. Es wunderte mich, warum Sie plötzlich nicht mehr mitmachten. Es war, als wären Sie vom Erdboden verschluckt worden«, sprach der Wissenschaftler, während er auf Yun zuging, und diesen fasziniert betrachtete. »Doch, jetzt weiß ich es. Jahre lang haben Sie an einem Meisterwerk gesessen, welcher uns in der Wissenschaft allein zum Vorteil verhelfen wird.«
Als hätte man mir einen Schalter umgelegt, wurde mir klar, was hier vor sich ging. Vielleicht war dieser Tag doch ein Fehler.
»Ich bitte Sie«, begann ich, »das Letzte, was ich will, ist, dass man mir Yun wegnimmt. Es hatte einen sehr guten Grund, warum ich ihn erschuf.«
Dr. Kim drehte sich zu mir, nickte verstehend und hielt sich am Kinn - er schien zu überlegen. »Ich nehme an, es hat private Gründe. Richtig?«
Ich nickte und schluckte schwer.
»Was ist mit dem Bauplan? Hätten Sie damit Probleme, uns diesen auszuhändigen?«
Ich stutzte. Ewigkeiten saß ich an dem Bauplan Yuns. Ungern würde ich ihn abgeben wollen. Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber das liegt nicht in meinem Interesse. Ich könnte euch ein paar Aufnahmen zuschicken. Vieles habe ich aufgenommen, besonders zu Beginn. Nun ... es sind extrem viele. Wenn ich euch alle zeigen würde, könnte ich Ihnen ja gleich meinen Bauplan aushändigen«, lachte ich und Dr. Kim kommentierte dies bloß mit einem Lächeln. »Aber ein paar könnte ich ja preisgeben, wenn Sie es so wollen. Es gibt auch Aufzeichnungen, in denen ich "versagt" habe - wenn ich es so sagen darf.«
»Das würde gehen.« Wieder am Computer, gab Dr. Kim mir kurz danach meine Festplatte wieder. »Ihr habt unglaublich viel Talent. Es lag schon lang in meinem Interesse, Sie zu kontaktieren, jedoch als ich endlich die Zeit dafür hatte, zogen Sie sich bereits zurück«, sprach der Wissenschaftler, während ich wieder die Festplatte in Yun einbaute und den Startknopf betätigte.
»Vielen Dank für dieses Kompliment, doch ich denke nicht, dass ich Sie übertreffen kann, wenn man daran denkt, dass Sie bereits seit dem 17. Lebensjahr bekannt für Ihr Tun seid.«
»Ich sehe, Ihr kennt mich schon länger«, lachte der 40-Jährige.
»Eventuell«, gab ich leicht verlegen von mir, denn ich musste zugeben, es kam mir leicht unangenehm vor.
»Und ich dachte, man würde mich kaum noch kennen«, meinte Dr. Kim amüsiert und öffnete die Tür. »Doch Sie dürfen nicht vergessen, dass Sie das geschafft haben, was ich seit Beginn meiner Zeit in der Wissenschaft schaffen wollte.«
Zusammen verließen wir den Raum, zusammen mit Yun, welcher nicht einmal das Wort ergriff.
»Ich würde mich gerne verabschieden. Hier haben Sie noch meine E-Mail.« Mit dem Zettel in der Hand schüttelte ich Dr. Kims, mit der anderen.
»Und geben sie Acht vor Interviews, denn der heutige Wettbewerb wurde im Fernseher ausgestrahlt.«

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