Der zweite Weihnachtsfeiertag war angebrochen. Das Wetter war herrlich, die Sonne strahlte vom Himmel und das bisschen Schnee war schon vor mehreren Stunden geschmolzen. Kurz gesagt war heute der perfekte Tag zum spazieren, picknicken oder, in meinem Fall eben, ausreiten. Allerdings musste ich erst das Essen mit meinen Großeltern und dann den Empfang der Kinder, die an einem Reitkurs teilnahmen, überleben. Warum hatte ich nochmal zugestimmt, denen zu erklären, was man beachten musste und welche Regeln es gibt? Ich wusste es selbst nicht genau, und jetzt war es zu spät.
„Kathy, Oma und Opa sind da, kommst du bitte runter?", rief meine Mum von unten.
Ich seufzte und ging dann wie in Zeitlupe runter.
„Ach wie schön es doch ist, dich wieder zu sehen. Groß bist du aber geworden, Schatzi. Aber kann es sein, das du zu wenig isst? Du siehst so dünn aus. Zum Glück hab ich meinen Weltberühmten Auflauf mitgebracht, davon kriegst du gleich ein großes Stück", wurde ich auch sofort begrüßt. Beim Gedanken an den Auflauf bekam ich eine Gänsehaut. Ich hasste ihn. Das konnte ja was werden.Vier Stunden später war ich mit den Nerven völlig am Ende. Nicht nur, dass ich immer noch den ekelhaften Geschmack vom Auflauf meiner Oma im Mund hatte, jetzt wollten diese kleinen Nervensägen nicht mal glauben, dass man in echt nicht so reitet wie Bibi und Tina, indem man mit den Zügeln irgendwie herumfuchtelte. Genervt seufzte ich auf und wiederholte dann noch einmal, so freundlich wie ich konnte:
„Nein, das ist nicht richtig. Später könnt ihr meiner Mutter noch einmal diese Fragen stellen, wenn ihr mir nicht glaubt. Aber ihr werdet keine andere Antwort bekommen. Habt ihr sonst noch Fragen?"
„Auf welchen Pferden werden wir den reiten? Ich will das da", das kleine Mädchen deutete auf Charlie, der neugierig zu uns hinüber sah.
„Auf dem reite ich. Er ist nichts für solche...Anfänger wie euch. Und außerdem ist er so etwas wie mein fester Partner fürs reiten."
Fast hätte ich Pappnasen gesagt, konnte es mir aber noch rechtzeitig verkneifen. Das wäre etwas zu weit gegangen, sie sind immerhin Kunden. Und der Kunde ist ja bekanntlich immer König. Leider. Ich sagte nicht, dass er mein Pferd war, denn das war er nicht. Er war ein freies Lebewesen, kein Gegenstand, den man einfach besitzen kann.
„Willst du damit sagen, dass wir nicht reiten können und du besser bist als wir?"
Ja...
„Natürlich nicht. Ich habe einfach mehr Erfahrung, das ist alles."
Meine Mum war schließlich die Erlösung. Schnell übernahm sie und ich suchte das Weite. Um genauer zu sein steuerte ich mein Zimmer an, wo ich mir eine Sporthose und einen lockeren Wollpullover überstreifte. Dann rannte ich die Treppe hinunter, wo ich in meine abgenutzten Turnschuhe schlüpfte. Ich hatte vor mit Charlie raus zu gehen und ein bisschen durch die Landschaft zu streifen. Mit eiligen Schritten durchquerte ich den Hof und öffnete das Tor zu dem weitreichenden Auslauf. Sofort kam mir das große schwarze Pferd angelaufen und blieb vor mir stehen. Sofort schlich sich ein kleines Lächeln aufs Gesicht und ich fuhr ihm durch die dichte Mähne.Nachdem ich ihn geputzt hatte ging ich zu Fuß los und Charlie trottete mir hinterher. Vielleicht würde ich später noch reiten, aber jetzt freute ich mich einfach darauf, Zeit mit ihm zu verbringen. Wir verließen das Gestüt und spazierten durch den großen Park. Hier war eine entspannte Atmosphäre, es hatte viele Leute hierher verschlagen, die die gleiche Idee wie ich hatten. Einige musterte uns fasziniert oder auch erstaunt. Anscheinend erwarteten sie, dass das Pferd anfangen zu grasen oder gar davonlaufen würde. Aber so war es nicht, Charlie lief immer noch entspannt neben mir her und schenkte mir ab und zu einen treuherzigen Blick. Doch nach einiger Zeit blieb er stehen und ließ sich neben mir auf die Vorderbeine hinunter.
„Du willst galoppiere, oder?"
Seine Augen funkelten und ich stieg lachend auf.
„Na dann, los gehts!"
Er richtete sich erneut auf und fiel zuerst in einen langsamen Trapp, der schließlich in einen Galopp wechselte. Ich lachte laut auf und breitete langsam die Arme zu beiden Seiten aus.
Freiheit. Und Glück. Das war alles, was ich gerade fühlte. Für den Moment konnte ich einfach loslassen. Vergessen, das die Welt manchmal so grau und farblos erschien. Denn jetzt war sie einfach nur bunt. Doch der Moment war leider viel zu schnell vorbei, denn jemand rief meinen Namen. Warte mal, was? Ich machte mich schwer und Charlie parierte wiederwillig durch zum Schritt und blieb schließlich stehen. Ich sprang ab und wollte denjenigen gerade zur Schnecke machen, als ich die Person erkannte.
„Rose!", quietschte ich und fiel ihr glücklich um den Hals.
Ich hatte sie wirklich mehr vermisst, als ich zugeben wollte.
„Kathy", murmelte sie.
„Was machst du denn hier?", wollten wir dann beide gleichzeitig wissen.
„Ich wohne hier, und du?"
„Du wohnst hier? Wie cool! Ach so, heute ist unser Familientreffen. Wir machen ein Picknick hier."
„Heißt das, Potter kommt gleich?", meine Miene versteinerte sich augenblicklich.
„Wenn ja, hau ich nämlich schnell ab."
„Ich glaub, dafür ist es längst zu spät...", murmelte Rose.
Und da stand das größte Arschloch, was die Welt je gesehen hat, und schlenderte mit seiner Familie und seinen bescheuerten Freunden in unsere Richtung.
„Ach Mist!", fluchte ich, da waren sie auch schon da.
„Das Pferdemädchen, dich hätte ich hier echt nicht erwartet."
„Glaub mir Potter, wenn ich gewusst hätte, dass du heute hier aufkreuzt, dann wäre ich zu Hause geblieben."
Jetzt war auch seine Familie angekommen und lächelte freundlich in meine Richtung.
„Hallo, wer bist du denn? Ich bin Ginny Potter, das ist mein Mann Harry Potter, unsere Tochter Lily Potter und unsere beiden Söhne Albus und James Potter", stellte eine rothaarige Frau alle vor.
„Ähm, hallo, ich bin Kathy, eine Freundin von Rose", erklärte ich kurz.
„Naja, war schön sie alle kennen zu lernen, aber ich möchte nicht stören und..."
„Ach, du störst doch nicht. Willst du vielleicht noch kurz mit uns etwas essen, das würde uns alle freuen."
War es sehr unhöflich, wenn ich jetzt nein sage? Wahrscheinlich schon. Aber ich würde mich nur streiten, und ich wollte den anderen nicht die Laune verderben.
„Kathy kommt gerne mit", meinte Rose schnell und warf mir einen bittenden Blick zu.
„Klar", presste ich bemüht freundlich heraus und schenkte meiner Freundin unauffällig einen Todesblick. So viel zu meinem entspannten Nachmittag.
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Das Pferdemädchen (Harry Potter, Next Generation ff)
FanfictionKathy ist eine ganz normale Hexe, die ihr vorletztes Jahr in Hogwarts macht. Wenn da nicht der Cousin ihrer besten Freundin, James Sirius Potter wäre. Der hat es sich anscheinend zur Lebensaufgabe gemacht, Kathy so oft es ging mit ihrer Liebe zu Pf...