25K-Special

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Eine wunderschöne, in ein reines weiß gepuderte Landschaft lag vor mir. Der glänzende Schnee reflektierte das grelle Sonnenlicht und eine angenehme Wärme ließ die zentimeterdicke Decke aus winzigen Eisflocken leicht antauen. Die Luft war frisch, es schien, als wäre selbst diese vom eisigen Wetter gereinigt worden. Um es kurzzufassen: Es war ein Tag wie aus dem Bilderbuch.

Ein hoher Schrei der Freude ersetzte die Stille, und ohne auch nur meinen Blick von dem märchenhaften Anblick vor mir zu richten, wusste ich genau, wessen Kehle dieses Kreischen entwichen war. Ein verschmitztes Grinsen schlich sich auf meine Lippen, ehe ich die Hand von der Person neben mir drückte, die sich von Minute zu Minute immer weiter versteifte.
„Beruhig dich, alles ist gut. Keiner wird dich schief anschauen, und wenn doch, wird er von mir eigenhändig im See versenkt", kündigte ich ihr mit Enthusiasmus in der Stimme an, und das entlockte auch ihr ein schüchternes Kichern.

„Jetzt kommt es so rüber, als würdest du Miriam viel lieber mögen als mich", schmollte es plötzlich von rechts, ehe sich ein starker Arm beschützerisch um meine Taille schlang.
Ein befreites Kichern entwich mir, das Grinsen auf meinem Gesicht war wie festgeklebt und ließe sich durch keinen einzigen Versuch von diesem befreien.
„Hm, wenn ich darüber nachdenke, vielleicht ist es eine bessere Idee, mich wieder von dir zu verabschieden und stattdessen etwas mit Miriam anzufangen. Ich meine, sieh sie dir doch an!"
Dies tat mein Freund auch, und während Rose, ich und Miriam begannen, belustigt zu kichern, sprang Al mit riesigen Sprüngen auf uns zu, als befände er sich in einem sportlichen Wettkampf.
Keine Sekunde später wurde James auch schon mit einem wilden Schrei rücklings in den eisigen Schnee gerissen, auf ihn stürzte sich sein Bruder, der weiterhin wie verrückt kreischte.

Eine freundschaftliche Rangelei entstand, und während die beiden Brüder sich noch im Schnee wälzten, ließen wir uns befreit auf den eisigen Boden plumpsen. Mein Blick wanderte zufrieden über die entspannten und losgelösten Gesichter meiner Freunde, die sich im Verlauf der letzten Zeit zu einer zweiten Familie entwickelt hatten. Ich wusste, selbst, wenn das Unglück uns überfallen würde, würden wir uns, Hand in Hand, gegen es verteidigen.

Mein Lächeln wurde noch breiter, meine kirschrote Pudelmütze, die mir eigentlich ein Stück zu groß war, war mir in die Stirn gerutscht und hatte vermutlich die gleiche Farbe wie meine abgekühlten Wangen. Auch Miriams Gesicht zierte ein zufriedenes Grinsen, ihre nun feuerroten Haare fielen ihr in sachten Wellen über die Schulter, die Wangen hatten einen sanft rosa Ton angenommen.

Mit allerlei Projekten und Bastelarbeiten bewaffnet hatten wir uns in die Weihnachtsferien gestürzt, mit dem Beschluss, die freie Zeit in Hogwarts zu verbringen. Schon am ersten Tag hatten wir allerdings festgestellt, dass diese gar nicht so einfach waren, wie wir zunächst angenommen hatten. Das Häkeln von Mützen war von Beginn an zum Scheitern verurteilt gewesen. Während Albus allerdings nicht einmal die erste Masche schaffte und anschließend beschloss, dass Häkeln für Omas war und er in seinen jungen Jahren erstmal nichts damit zu tun haben wollte, hatte ich nach mehreren Versuchen, die allesamt kolossal in die Hose gegangen waren, begonnen, meinen hellblauen Faden in die Haare von Al einzuflechten. Schlussendlich hatten nur Miriam und Rose eine Mütze herausbekommen, Scorp hatte mittendrin beschlossen, mir mit meinem Vorhaben unter die Arme zu greifen, James und Fred waren nach einigen Minuten auf die Toilette verschwunden und erst beim Abendessen wieder aufgetaucht. Der Tag hatte schließlich mit drei fertigen Mützen und einer neuen Rapunzel-Frisur von Albus geendet, die einige Lacher und Fragen aufgeworfen hatte. Leider war von seiner ehemaligen, kunterbunten Haarpracht nicht mehr viel übrig geblieben, doch die Erinnerung hatte sich in unser alle Köpfe eingebrannt.

Am darauffolgenden Tag hatte keiner mehr Lust auf das nächste Projekt „Nähen von Kuscheltieren", weswegen wir lieber gemütlich und in dicke Winterjacken verpackt durch die malerischen Gassen von Hogsmeade schlenderten und es uns richtig gut gehen ließen. Miriam war in der kurzen Zeit fester Bestandteil unserer kleinen Gruppe geworden, nachdem ich sie hartnäckig immer wieder mitgezerrt hatte. So auch in den kleinen Frisörsalon, welcher sich gut getarnt zwischen einem Kleidergeschäft mit geblümten Blusen und einem winzigen Café mit himmelblauen Fensterläden versteckte. Dort hatte sie sich zu ihrer feurigen Mähne überreden lassen, welches ihren entschlossenen und starken Willen hervorbrachte und ihr wahnsinnig gut stand. Ganz ohne Veränderung war ich allerdings auch nicht davongekommen, jedoch fielen die hellen Strähnen, die sich jetzt unregelmäßig durch meine Haare zogen, viel weniger auf.

Eine eisige Kälte in meinem Nacken, die so nicht von dieser Welt kommen konnte, riss mich aus meinen Gedanken. Ein spitzer Schrei entfuhr mir, während ich wie von der Tarantel gestochen auf einem Bein durch den Schnee hüpfte.
„Kalt, kalt, kalt!", brachte ich bibbernd heraus, ehe ich gespielt wütend herumfuhr.
„Wer war das?"
Meine Augen huschten über die breit grinsenden Gesichter, Albus Augen funkelten verdächtig. Langsamen Schrittes ging ich auf den Schwarzhaarigen zu, ehe ich in Sekundenschnelle einen Schneeball formte und ihn mit vollem Karacho auf den Schuldigen warf. Es war wie der Startschuss, auf den der Potter gewartet hatte, die Schneeballschlacht hatte begonnen. Roses Versuch, die Situation zu schlichten und uns zu erinnern, warum wir uns überhaupt hier draußen befanden, wurde im Keim erstickt, als ein Schneeball sie mitten im Gesicht traf. Keine Sekunde später schleuderte sie selbst mit den Kugeln aus Eis und Schnee um sich, und ab da konnte uns keiner mehr stoppen.

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Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ich mich mit einem erschöpften Seufzen in den verbleibenden Schnee fallen ließ, Arme und Beine von mir gestreckt.
Der Rest tat es mir gleich, abgesehen von Rose, die mit einem belustigten Blick auf uns hinabblickte und meinte:
„Ich weiß nicht, wie es euch ergeht, aber ich gehe jetzt Schlittschuhlaufen."
Damit stiefelte sie, die Schuhe mit Kufen bereits an den Füßen, in Richtung des zugefrorenen Sees.
Albus, der bis vorhin noch wie eine Dampflok geschnauft hatte, sprang urplötzlich mit neuer Energie auf und stürmte seiner Cousine strumpfsockig hinterher, während er im Laufen versuchte, in seine Schlittschuhe zu schlüpfen.
Ich hingegen versteifte mich bei dem Gedanken, auf die Eisfläche zu gehen. Auch, wenn dieser Vorfall, bei dem ich im Eis eingebrochen war, bereits mehrere Monate zurücklag, saß die Angst, dass es wieder passieren könnte, tief. Keine zehn Pferde würden mich auf die zugefrorene Fläche bringen, nicht einmal Charlie.

Doch anscheinend schaffte es James Sirius Potter, der mich, nach einem flehenden Blick bereits zum Schmelzen gebracht hatte. Die anschließende Versicherung, ich könne ihm auch am Rande zuschauen, ignorierend, tapste ich wackelig auf den See, wankte kurz nach rechts, kurz nach links, ehe ich mich langsam vorarbeitete.

Verbissen schlitterte ich mehr schlecht als Recht über den eisigen Untergrund, während meiner Atmung mehr der eines Marathonläufers kurz vor der Zielgeraden ähnelte, als ich plötzlich eine warme, vertraute Hand an meiner eigenen spürte. Sofort klammerte ich mich an dieser fest, während ich erleichtert in das ermutig lächelnde Gesicht meines Freundes blickte.
„Lass dir Zeit", murmelte er beruhigend, und als ich in seine wunderschönen, braunen Augen blickte, sprang seine Ruhe auf mich über.

Wie bei einem Tanz ließ ich mich von ihm leiten, seine Hand lag wie ein rettender Anker in meiner, leicht wie zwei Federn im Wind wirbelten wir über die Eisfläche. Die Außenwelt verschwamm und ich konnte nur noch in die liebevollen Augen meines Freundes sehen. Es war, als gäbe es nur uns beide auf der Welt, nur uns und dieses betörende Gefühl, welches uns umgab wie eine Wolke.
Ich fühlte die Freiheit, die ich sonst nur durch das Reiten erlangen konnte, während der Fahrtwind uns die Haare aus dem Gesicht blies und wir regelrecht über das Eis flogen.
 
Schwer atmend kamen wir zum Stehen, sein Arm war locker um meine Taille geschlungen, und doch fühlte ich mich so sicher, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Tief blickten wir uns in die Augen, wie automatisch schlang ich meine Arme um seinen Hals uns zog ihn näher an mich. Tief blickten wir uns in die Augen, unsere Nasenspitzen streiften sich bereits, ehe er mir einen federleichten Kuss auf die Lippen hauchte. Es war ein magischer Moment, die Flummis, die wie wild in meinem Magen hüpften, überschlugen sich, als er mich noch näher an sich zog. Kein Blatt hätte mehr zwischen uns gepasst. Glücklich lächelte ich in den Kuss, ebenso wie James, der mir vorsichtig über die geröteten Wangen streichelte, als wir uns voneinander lösten. Meine Hände hatte ich immer noch weiter hinter seinem Nacken verschränkt, sein warmer Atem schlug mir auf die Haut, was mir eine angenehme Gänsehaut bescherte.
„Ich liebe dich", hauchte ich leise, sodass nur er es vernehmen konnte.
Ein breites, glückliches Lächeln schlich sich auf seine Lippen, ehe er seine Stirn gegen meine lehnte.
„Ich liebe dich auch."
  

 

Das Pferdemädchen (Harry Potter, Next Generation ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt