So viel Besuch

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Mein Fenster stand sperrangelweit offen und frische Luft strömte in mein Zimmer. Die Hitze hatte in den letzten Tagen deutlich zugenommen, sodass ich durchgängig in kurzen Sachen herumlief. Von draußen hörte man immer wieder das Geschrei der kleinen Kinder, die anscheinend den Spaß ihres Lebens hatten. Es war mal wieder ein Reitkurs und nicht wenige hatten beschlossen, daran teilzunehmen. Leider. Klar, es war eine gute Einnahmequelle und meine Mutter liebte die vielen Kinder, aber mich nervten sie den Großteil der Zeit einfach nur.

Schnell verbannte ich den Gedanken an diese Quälgeister wieder aus meinem Gehirn und stürmte die Treppe hinunter in Richtung Ausgang. Mit viel Schwung riss ich die Eingangstür auf und wurde sofort von sechs großen Augenpaaren gemustert.
„Hallo Schatz, schön, dass du endlich mal rauskommst. Gesell dich doch ein wenig zu uns, wir haben Kuchen gebacken", rief mir meine Mutter schon von Weitem zu und ich steuerte genervt auf sie zu.
Eine Weile saß ich einfach nur da, schweigend, und mampfte ein Stück Kuchen. Die neugierigen Blicke der Kinder entgingen mir nicht, doch ich tat einfach so, als würde ich es nicht bemerken. Wenn sie eine Frage oder das Bedürfnis hatten, sich zu unterhalten, dann sollten sie mich ansprechen. Obwohl, am liebsten würde ich mich einfach wieder in den Stall verdrücken, ohne bombardiert zu werden.

Das konnte ich schließlich auch, und nun stand ich, total zugedreckt, in einer der Boxen und half den Mitarbeitern, diese auszumisten. Gerade beförderte ich die letzte Gabel Mist auf den Schubkarren und machte mich auf den Weg zum Misthaufen. Jens, einer der Stalljungen, begleitete mich und wir fingen an, uns zu unterhalten. Eigentlich war er auch ganz nett, aber beste Freunde würden wir auf jeden Fall nicht werden.
„Kathy, huhu!", rief es hinter mir und ich fuhr erschrocken herum.
Das waren doch nicht...doch, waren sie.

Auf dem Weg vor mir standen drei mir sehr bekannte Leute.
„Rose, Scorp, Al, was macht ihr denn hier?", hakte ich verwundert nach.
„Wir hatten uns doch für heute verabredet, oder war das erst nächste Woche? Ach, egal", Al warf die Arme in die Luft und ich musste lachen.
Okay, aber ich würde mich noch ganz kurz umziehen, wenn es euch nichts ausmacht."
Sie schüttelten synchron den Kopf und ich sprintete in mein Zimmer, wechselte meine dreckige Kleidung gegen Frische ein und stürmte die Treppe wieder hinaus auf den Hof, in Rekordgeschwindigkeit.
„So, was machen wir jetzt?", hakte Rose nach und ich grinste in die Runde.

„Und das Teil ist sicher nicht gefährlich?", erkundigte Albus sich zum hundertsten Mal und ich schüttelte abermals den Kopf.
„Ganz sicher?"
„Absolut", versicherte ich sichtlich genervt und verdrehte die Augen.
„Okay", seufzte er schließlich auf und ich nickte zufrieden, ehe ich leise pfiff und Charlie sich in Bewegung setzte.
Sofort schlang Al seine Arme noch fester um mich und ich dachte, dass ich gleich keine Luft mehr bekommen würde.
Rose ritt lächelnd neben mir, Scorpius hinten drauf, welcher das Schauspiel belustigt beobachtete.
„Al, ich kann nicht atmen, röchelte ich nach einiger Zeit übertrieben, doch er machte keine Anstalten, seinen Griff auch nur etwas zu lockern.

Ich hatte die Idee, dass wir etwas ausreiten gehen könnten, doch wenn ich gewusst hätte, dass Albus so einen Aufstand machen würde, hätte ich etwas anderes vorgeschlagen. Doch nun war es zu spät und ich saß schon auf Charlies Rücken, hinter mir Al. Auch Rose und Scorp teilten sich ein Pferd und so ritten wir immer weiter in den Park hinein.

Langsam hatte der Potter doch Erbarmen und ließ etwas von mir ab.
„Woher kannst du eigentlich reiten?", hakte ich interessiert an Rose gewandt nach, doch sie zuckte nur die Schultern.
„Ach, ich hatte schon ein paar mal Unterricht", erklärte sie entspannt und schloss für eine Sekunde die Augen, um die Sonne auf ihr Gesicht scheinen zu lassen.
„Aber so wie du reitest, habe h ja noch niemanden gesehen. Es sieht o leicht und felsig aus", sprach sie weiter und ich musste lächeln.
„Ich sag mal so: Die normale Art zu reiten hat mich nicht sonderlich angesprochen."
Wir lachten kurz und ritten dann weiter, während wir weiter quatschten bis zum Gehtnichtmehr.

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Exakt zwei Tage waren vergangen, seid mich meine Freunde besucht hatten. Es war schön, sie wiederzusehen und die Stimmung war blendend gewesen. Nach dem Reiten hatten wir einen Filmabend mit Pizza veranstaltet und so viel gelacht wie schon lange nicht mehr. Meine Mutter war ganz begeistert von ihnen und betonte jedes Mal aufs Neue, was für tolle Freunde ich doch hatte.

Auch mit Potter hatte ich mich verabredet, allerdings würde ich zu ihnen kommen. Er sagte, er würde mich heute um 15:00 Uhr abholen, also hatte ich noch exakt...oh.
Die kleine Armbanduhr, die ich auf dem Dachboden gefunden hatte, zeigte zwei Minuten vor drei an.

Hektisch richtete ich mich auf und wäre dabei fast von Charlies Rücken gefallen. Anscheinend hatte ich mal wieder die Zeit vergessen und musste jetzt zusehen, wie ich rechtzeitig nach Hause kam. Das Problem war gar nicht, dass ich zu spät wäre, sondern, dass meine Mutter endlich die Gelegenheit hatte, James näher kennenzulernen und ihm etwas Peinliches über mich erzählen konnte.
„Schnell, wir müssen uns beeilen!", meinte ich entsetzt und schnalzte einmal hektisch, sodass Charlie erst in den Schritt und anschließend in den Galopp fiel. Wie ein Blitz raste er über die Wiesen, doch im Grunde war mir schon klar, dass ich es nicht mehr pünktlich schaffen würde.

Die letzten Meter gab er noch einmal richtig Gas und ich fühlte mich, als würde ich schweben. Reiten war für mich einfach eine der schönsten Sachen der Welt und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie mein Leben ohne es wäre.

Schließlich parierte ich den Trab zum Schritt durch, ehe ich ihn ganz zum Stehen brachte. Eilig sprang ich ab und rannte schnell über den Hof, Charlie mir dicht auf den Fersen.
Bei seinem Auslauf angekommen hielten wir gleichzeitig an und ich verfluchte mich wieder selbst, dass ich nicht auf die Uhr gesehen hatte.
„Tut mir leid, dass ich jetzt schon gehen muss", bedauernd blickte ich ihm in die netten Augen, die ich schon mein halbes Leben kannte.
„Ich hab dich lieb", nuschelte ich in seine dichte Mähne und löste mich wieder von ihm, ehe ich wieder davon sprintete. Ich sollte eine Medaille bekommen, so schnell hastete ich über das Gelände.

Doch all die Rennerei brachte nichts, denn als ich die Tür aufstieß, hockten meine Mum und James schon am Tisch und amüsierten sich scheinbar köstlich. Als sie mich bemerkten, lächelten sie mich beide scheinheilig an.
„Ach, da bist du ja. Dein Freund ist ja ein so netter junger Mann", flötete meine Mutter und lächelte herzlich in die Runde, doch ich zog nur eine Grimasse.
„Ja ja, richtig nett, wir gehen jetzt", ich wollte James gerade noch hinter mir herziehen, da fiel mir etwas ein.
„Ach Mist", fluchte ich leise und blickte an mir herab.
Ich trug zerlöcherte kurze Jeans, die eindeutig schon bessere Zeiten erlebt hatten, und ein übergroßes weißen Shirt, welches schon einige Flecken zierte.

„Okay, ich zieh mich kurz um, ihr bleibt hier. Und du", ich fixierte meine Mutter mahnend, „gibst nichts über mich preis."
Während ich die Treppe hoch hastete, hörte ich mich leises Kichern, was durch das Schließen meiner Zimmertür verstummte. Genervt rutschte ich an der Tür hinunter, doch ich hatte jetzt keine Zeit, mich zu bemitleiden.

Irgendwelche Kleider aus dem Schrank zerrend, stürmte ich ins Bad und duschte mich kurz ab. Ich war sowieso schon zu spät, da musste ich nicht auch noch unangenehm riechen. Kaum eine Minute später sprang ich wieder aus der Kabine und trocknete mich ab, schlüpfte wieder in meine Klamotten, band meine Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammen und verließ mein Zimmer wieder.

„Okay, jetzt können wir los", meinte ich außer Atem und grinste in die Runde, die genauso breit zurücklächelte.
„Das passt ja, ich muss jetzt auch wieder zu den Kindern. Hier Kathy, gib das doch bitte James Mutter", sie drückte mir einen Blumenstrauß in die Hand, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und rauschte voller Energie aus dem Haus.
„Sie ist nett", stellte James grinsend fest, doch ich schnitt nur wieder eine Grimasse.
Wir traten in den großen Kamin, der sich in unserem Wohnzimmer befand, und James zog einen kleinen Beutel gefüllt mit grünem Pulver heraus.
„Bereit?", hakte er nach und ich nickte.
Dann warf er die Körner auf den Boden und sagte etwas laut und deutlich, ehe wir in den Flammen verschwanden.

Das Pferdemädchen (Harry Potter, Next Generation ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt