Song: Give It Up - Clinton Washington
◇ ◇ ◇
Ein Klopfen baute sich in meine Träume ein. So sachte, dass es die Handlung nicht einmal beeinflusste, aber ich unter meiner Decke minimal die Position veränderte und ein Brummeln von mir gab.
Mit jedem weiteren leisen Geräusch, das an mein Ohr drang, verpufften Teile meiner Traumwelt, als würde jemand die Requisiten eines Puppenspiels ungefragt aus dem Bild ziehen. Erst, als die Matratze durch irgendetwas in Schwingungen geriet, schlug ich alarmiert die Augen auf.
Ein sanfter Blick, liebevoll zu einem Lächeln verzogenen Lippen. Jedenfalls glaubte ich das in dem schummrigen Licht zu erkennen, das aus dem Flur durch die Tür fiel.
Alexander. Augenblicklich stürzten alle Erinnerungen an den letzten Abend über mich hinein. Das Lieferessen, der Wein, unsere Gespräche. Wir hatten uns wahrscheinlich fast geküsst.
„Was...", krächzte ich, mich unvermittelt aufsetzend. Nur schwer löste sich die Schlaftrunkenheit von mir. Was wollte er hier?
„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken", wisperte er.
Ich räusperte mich, bevor ich dieses Mal den Mund öffnete. „Ist was passiert? Wie spät ist es?"
„Viertel nach fünf. Es regnet nicht mehr und ich dachte, vielleicht willst du dir den Sonnenaufgang von der Dachterrasse aus ansehen."
Sprachlos starrte ich ihn an. Das konnte nicht sein Ernst sein. Vor nur wenigen Stunden hatte er mich ins Bett geschickt, um Abstand zwischen und zu bringen und jetzt saß er in aller Herrgottsfrühe an meiner Bettkante und wollte den Sonnenaufgang mit mir angucken? Das war ein ziemlich großer Widerspruch, den ich mir nicht erklären konnte.
„Ist das ein Spaß?", fragte ich matt. Wie lange hatte ich überhaupt geschlafen? Drei Stunden?
„Dafür würde ich nicht um fünf aufstehen", entgegnete Alexander schmunzelnd. Wie konnte er um diese Uhrzeit so munter sein?
Ich ließ mich wieder zurück in die Kissen fallen. „Du hast sie doch nicht mehr alle."
„Ist das ein Nein?"
„Ja." Ich drehte den Kopf, um ihn anzusehen. Lachfältchen umrahmten seine Augen, als wäre gestern Abend überhaupt nicht passiert. Unwillkürlich zog ich meine Decke höher. Obwohl ich sauer auf ihn sein wollte, weil er mich um meinen wohlverdienten Schlaf brachte, war da nur dieses aufgeregte, verräterische Kribbeln in meinem Bauch. „Aber so, wie ich dich kenne, wird dich das nicht interessieren."
„Ganz richtig erkannt." Er grinste. „Ich mache Kaffee, und dann treffen wir uns in fünf Minuten an der Tür."
Mein Kiefer verhärtete sich, als er ohne meine Antwort abzuwarten, aufstand. „Alexander."
„Alex."
Ich knirschte mit meinen Zähnen, während er die Tür ansteuerte und bekam kein Wort über die Lippen, weil ich ihn auf keinen Fall so nennen wollte, denn das würde bedeuten, dass er gewonnen hatte. Nicht nur die Sonnenaufgangsdebatte, sondern alle anderen auch.
Mein Blick klebte an der Tür, durch die er verschwunden war. Hätte er sie nicht einen Spalt weit offengelassen, sodass das Licht nach wie vor für ein wenig Helligkeit in meinem Zimmer sorgte, hätte ich daran gezweifelt, ob er wirklich hier gewesen war.
Obwohl es hinter meinen Lidern schmerzte, weil ich viel zu wenig geschlafen hatte, wusste ich, dass ich es gar nicht erst versuchen musste, nochmal wegzudämmern. Jetzt würde ich sowieso wieder nur bis zu meinem Weckerklingeln wachliegen. Ich rollte meinen Kopf in die andere Richtung und blickte aus der Fensterfront. Irgendwo, weit hinter dem schier endlosen Teppich aus Gebäuden, begann es bereits zu dämmern.
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Sommergewitter
RomanceWo strahlender Sonnenschein auf eiskalte Wellen trifft, schneidender Wind auf gespannte Segel und High Society auf urige Fischerdörfchen kollidieren die Herzen von Brooke und Alexander wie Donner in einem Sommergewitter. Drei Wochen als Kindermädche...