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Meine langen honigblonden Haare steckten geglättet in einem tadellosen, hohen Pferdeschwanz, als ich an dem Hochhaus ankam, dessen Adresse Mrs Parker mir genannt hatte. Ein uniformierter Concierge hielt mir die imposante Glastür auf und ich schenkte ihm ein dankendes Lächeln, ehe ich über die Schwelle in eine komplett andere Welt trat.

Fasziniert ließ ich meinen Blick durch die imposante Eingangshalle schweifen. Der Boden sowie die Wände waren mit cremefarbenem Marmor verkleidet und die Decke beeindruckte mit enormer Höhe. Sobald die Tür hinter mir wieder geschlossen wurde und den Straßenlärm aussperrte, umgab mich eine einschüchternde Ruhe.

Ich fürchtete mich regelrecht davor, mich zu bewegen und diese andächtige Stille zu durchschneiden, weshalb ich auf Samtpfoten den Empfangstresen ansteuerte, um mich als Gast anzumelden.

Die wenigen Worte, die ich mit dem in Anzug gekleideten Mann wechselte, klangen viel zu laut, genauso wie die Absätze seiner polierten Schuhe, als er mich persönlich durch die Halle zu den Fahrstühlen begleitete, ihn mit einer Schlüsselkarte aktivierte und mir tatsächlich eine gute Fahrt wünschte.

Ich atmete auf, als die Türen des Fahrstuhls sich schlossen und versuchte in diesen letzten Minuten, in denen ich alleine war, meine Nervosität abzuschütteln, doch stattdessen wurde ich mit jeder aufsteigenden Etagenzahl hibbeliger. Akribisch zupfte mein Spiegelbild an seiner Bluse herum und strich sich widerspenstige Babyhaare aus der Stirn, die sich sowieso nicht bändigen ließen. Dann kam der Fahrstuhl so sanft, dass ich es kaum bemerkte, in der letzten Etage zum Stehen.

Natürlich. Das Penthouse.

Sicherlich hatte Familie Parker eine atemberaubende Dachterrasse, auf der man ganz Boston überblicken konnte.

Die Türen glitten mit einem leisen Pling auf und ich schaute geradewegs auf ein riesiges, abstraktes Gemälde an der gegenüberliegenden Wand und erschrak fürchterlich, als plötzlich jemand um die Ecke kam. Ich war direkt in Familie Parkers Wohnung gelandet.

„Mommy, ist sie das?", krakeelte das kleine, blonde Mädchen lautstark, mich kritisch beäugend. Sie steckte in einem weißen Sommerkleidchen, auf dem ich nicht einen einzigen Fleck ausmachen konnte und ihre Haare waren zu zwei französischen Zöpfen geflochten.

Nachdem mein Herz den Schock verdaut hatte, rang ich mich zu einem Lächeln durch und trat aus dem Fahrstuhl. „Du bist bestimmt Lillian, nicht wahr?"

Sie nickte stolz, stemmte ihre kleinen Hände in die Seiten und sah mich daraufhin einfach nur an, als würde sie irgendetwas ganz bestimmtes von mir verlangen, aber ich hatte absolut keine Ahnung, was es sein könnte.

„Ich bin Brooke", stellte ich mich ihr also auf gut Glück vor.

„Ich weiß!" Lillian strahlte mich an und fuhr damit fort, mich offensichtlich zu inspizieren, bis Mrs Parker kurz darauf bei uns auftauchte. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so erleichtert über ihr Auftauchen sein konnte.

„Ah, ich sehe, ihr habt schon Bekanntschaft gemacht", stellte sie fest, ihre Tochter mit einem Blick streifend, ehe sie ihre volle Aufmerksamkeit auf mich richtete. „Hallo, Miss Edison. Ich hoffe, Sie haben gut zu uns gefunden."

Mrs Parkers Hand schüttelnd nickte ich. „Ja, sehr gut."

Das war eine glatte Lüge, denn ich war wie ein verlorenes Hündchen einmal um den Block geirrt, bis ich endlich den richtigen Wolkenkratzer gefunden hatte. „Ich freue mich, dass ich hier sein darf! Und dich endlich kennenlerne." Mit einem Lächeln sah ich Lillian an, die mich noch immer sorgfältig musterte.

„Kann ich deine Haare machen?", fragte sie so unvermittelt, dass es mir ein Stottern entlockte. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihr den Wunsch ausschlagen konnte, immerhin wollte ich nicht nur einen guten Eindruck bei Mrs Parker hinterlassen, sondern auch von Lillian gemocht werden. Trotzdem wollte ich mir nicht meine Frisur zerstören lassen, für die ich eine traurige halbe Stunde gebraucht hatte, bis jede Haarsträhne an ihrem Platz saß. Abgesehen von den widerspenstigen Babyhaaren natürlich.

SommergewitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt