F ü n f u n d z w a n z i g

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Song: Running Out - Matoma, Astrid S

„Bitte, bitte, bitte", bettelte Lillian mich mit riesigen Rehaugen an. Sie zog vor lauter Aufregung an dem Saum meines T-Shirts und tippelte unruhig mit den Füßen vor mir auf und ab.

Mr und Mrs Parker waren an diesem Abend zu einem der Geschäftsessen aufgebrochen, von denen Alexander mir während der Hausführung erzählt hatte. Lillian und ich sollten eigentlich einen Gemüseauflauf essen, den der Koch für uns zubereitete, aber sie war erpicht darauf, dass wir stattdessen Pizza machten.

„Das ist so kurzfristig, Lilly", versuchte ich ihrem Flehen zu entgehen. „Der Koch hat bestimmt schon angefangen, den Auflauf zu kochen und wir können ihn nicht einfach in den Müll werfen."

„Wir können doch gucken, ob er schon angefangen hat", hielt sie dagegen und ich seufzte ergeben.

„Na gut."

Lillian quiekte vergnügt auf.

Aber" Ich hob bestimmt einen Finger in die Höhe, bis ich ihre volle Aufmerksamkeit wieder innehatte. „Wir belegen mit dem Gemüse, das für den Auflauf gedacht war, die Pizza."

Lillian nickte. „Okay!"

„Gut. Dann gehe ich einmal rüber und sehe, was sich machen lässt."

Lillian grinste und hopste zurück zum Esstisch, auf dem ihre Malsachen verteilt lagen. Ich wartete, bis sie sich auf ihren Stuhl gesetzt hatte, um sicherzugehen, dass sie für meine Abwesenheit beschäftig war, dann machte ich mich auf den Weg zu der Profiküche des Kochs.

Gott, wie albern das klang.

Lillian hatte tatsächlich noch Glück. Der Mann, der bestimmt schon an die sechzig war, schnitt das Gemüse gerade mit schnellen Handbewegungen, als ich zu ihm stieß. Hingegen meiner Befürchtungen war er total nett und freute sich über seinen spontanen, freien Abend. Mit einem Augenzwinkern händigte er mir eine Schüssel mit den Lebensmitteln aus und versprach, Stillschweigen über unser ungesundes Vorhaben zu wahren.

Als ich zurück in den Wohnbereich kam, machte mein Herz einen Satz. Alexander. Er stand neben Lillian und ließ sich geduldig erzählen, was sie gerade malte. Sein Blick fiel nur Sekunden vor ihrem auf mich und das Unwohlsein spannte sich wie ein Tau zwischen uns.

„Was hat er gesagt?", rief Lillian.

Ich sah hinab auf die Schüssel in meinen Händen und hob sie wie eine Idiotin an. „Wir machen Pizza."

Lillians Freudenschreie waren so laut, dass Alexander das Gesicht gequält verzog. Sie rutschte von ihrem Stuhl und zerrte nun an seinem dunkelblauen Sweatshirt. „Machst du mit?"

In meinem Hals bildete sich ein Kloß. Oh Lillian, bitte nicht.

Alexanders sah mich über sie hinweg an. Die Unsicherheit stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Bitte! Du hast gesagt, dass du mehr mit mir machen willst!"

Ich schluckte, aber der Kloß blieb, wo er war.

„Bitte, bitte, bitte!"

„Lilly, ich-"

„Tu deiner Schwester den Gefallen", brachte ich mit kratziger Stimme hervor.

Alexanders Augen weiteten sich erstaunt. Sein Mund klappte auf, aber es kam kein Ton heraus. Lillian hing schon halb an ihm dran und als sie die Füße vom Boden hob und ihn damit ins Schwanken brachte, gab er nach.

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