A c h t z e h n

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Song: The War Within - Churchill

„Hätte ich das gewusst, wäre ich echt nicht mitgekommen."

Wenig begeistert betrachtete ich das Lätzchen, das mir von unserem Kellner in die Hand gedrückt worden war, während Alexander sich seins bereits umband. Er sah unglaublich affig mit dem Hummer auf der Brust aus, aber trotzdem immer noch irgendwie attraktiv. Es war einfach unfair.

„Komme ich aus der High Society oder du?", entgegnete er. „Stell dich nicht so an. Jeder hier sieht beschissen aus. Das gehört zum Konzept."

„Es ist ein Scheißkonzept." Seitdem wir unseren Tisch bezogen hatten, zweifelte ich meine Entscheidung an, doch noch klein beigegeben zu haben und dieses Lätzchen hatte endgültig den Vogel abgeschossen. Unter anderen Umständen und mit anderer Gesellschaft wäre ich voll dabei, aber in Alexanders Gegenwart kam ich mir damit einfach nur lächerlich vor.

„Bist du immer so eine Spaßbremse?", wollte er wissen.

Genervt sah ich auf.

„Das werte ich mal als ein Ja."

Ich verdrehte die Augen, aber band mir die alberne Schürze schließlich im Nacken zusammen, wobei ich mir mehrere Haare ausriss. Tante Erins Rat in die Tat umzusetzen war leichter gesagt als getan.

„Soll ich ein Erinnerungsfoto von dir schießen?", bot Alexander mit einem süffisanten Grinsen an. Ich könnte ihm an die Gurgel gehen. Vielleicht rief ich vorher noch Mrs Parker an, die würde mir bestimmt liebend gerne dabei aushelfen.

„Nur, wenn du mit draufkommst."

Ehe ich mich versah, schob er seinen Stuhl zurück und machte Anstalten, aufzustehen.

„Bleib sitzen", zischte ich. „Du verstehst anscheinend auch keinen Spaß."

Grinsend rückte Alexander seinen Stuhl wieder zurück an den Tisch. „Entspann dich, ich versuche nur herauszufinden, wie du tickst."

Es kostete mich sehr viel Mühe, nicht noch mehr unbedachte, Äußerungen fallen zu lassen, die er im Zweifelsfall gegen mich verwenden konnte. Es überraschte mich, dass ich das überhaupt getan hatte. Normalerweise hatte ich eine viel bessere Selbstbeherrschung. Ich atmete tief ein, um möglicherweise zurück zu ihr zu finden.. Erst danach fixierte ich Alexander mit meinem Blick. „Und, zu welchem Ergebnis bist du gekommen?"

Er lehnte sich genüsslich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme über seinem Hummerlätzchen. Minimal kniff er seine Augen zusammen. „Ehrlich gesagt blicke ich noch nicht ganz durch", gestand er.

Ich musste mich anstrengen, um ihn über die Entfernung über das muntere Stimmengewirr der anderen Gäste verstehen zu können. Es war erstaunlich, wie anders er sich in diesem herben Lokal verhielt, verglichen mit dem Italiener. Dort hatte er kein einziges Mal die Arme verschränkt oder so auf seinem Stuhl gelümmelt. Er hatte aufrecht gesessen, die Unterarme immer auf der Tischkante gehabt und seine Serviette auf dem Schoß ausgebreitet.

„Ich glaube du hast einen ziemlich trockenen Humor. Aber vielleicht liege ich auch komplett falsch und du hast mir nur sarkastische Bemerkungen um die Ohren geschleudert." Er legte seinen Kopf schief. „Wahrscheinlich eher letzteres."

Er hatte sich sogar anders ausgedrückt. Gewählter und bedachter.

Ich entschied, ihn in Unwissenheit über seine Einschätzung zu lassen und lächelte lediglich aalglatt. Nichts von dem, was ich je zu ihm gesagt hatte, war humorvoll gemeint. Dass er das überhaupt in Erwägung zog, war fast beleidigend.

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