Er verfolgt mich

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Luisa

Bald nachdem wir Judith abgesetzt hatten, waren wir auch schon auf dem Weg nach Hause. Vor ihrem Wohnhaus stieg Emma aus und umarmte Melina nur um kurz darauf wieder ins Auto zu steigen. "Wir fahren zu dir, ist das okay?", fragte sie als Melina gegangen war. "Ja ist gut."

Wenige Minuten später parkte sie den Wagen vor meiner Wohnung und stieg aus. Ich tat es ihr gleich und sah auf das große Haus vor mir während Emma ihre Tasche aus dem Kofferraum holte. "Alles gut?", fragte sie mich besorgt. Ich setzte ein Lächeln auf und nickte. Sie schloss die Haustür auf und ließ mir den Vortritt. Oben schloss sie dann die Tür auf und sofort stieg ein wohliges Gefühl in mir auf. "Home sweet Home", sagte meine Freundin leise. Ich drehte mich um und befand mich dann in einer warmen Umarmung. "Home sweet Home." "Kann ich dir irgendwas Gutes tun?", fragte sie als sie sich von mir löste. "Sei einfach da", antwortete ich. Ich wollte in diesem Moment nichts mehr als ihre Gesellschaft. Die Zeit mit Jonathan war grauenhaft und mit Emma hoffte ich, dass ich das meiste ausblenden und irgendwann vergessen konnte. "Das bin ich für dich immer." Dankbar lächelte ich sie an und lief dann ins Wohnzimmer. Dort öffnete ich die Terrassentür und stieg auf die Dachterrasse, wo ich mir eine Zigarette anzündete und den Rauch tief einatmete. Kurz musste ich husten, weil ich das Rauchen nicht mehr gewohnt war, aber es tat gut und half mir dabei, etwas runterzukommen.

Meine Hände umfassten das Geländer, als der warme Wind durch meine Haare tob. Irgendwann bemerkte ich dann Emma, die plötzlich neben mir stand, sich ebenfalls am Geländer festhielt und die Augen geschlossen hatte. "Fühlt sich etwas befreiend an, nicht wahr?", meinte sie dann. "Der Wind? Schon, ja. Das fühlt sich wie Zuhause an." "Ich weiß was du meinst."

"Ich habe unseren gemeinsamen Sommer verpasst", flüsterte ich dann irgendwann nachdenklich in die Stille. Es stimmte. Den Sommer wollte ich mit Emma verbringen; mit ihr, Partys, Eis am Strand und etlichen Sonnenuntergängen. Ich wollte mit ihr die Nächte durch machen und mit ihr sein. "Es ist beinahe Ende September. Der Sommer ist noch nicht ganz zu Ende. Aber wenn es uns dann doch zu knapp wird, dann haben wir noch den nächsten und übernächsten Sommer und den danach und alle anderen die noch darauf folgen." Sie sah mich nun ernst an und ich fühlte mich schuldig dafür, diese Zeit verschwendet zu haben, auch wenn ich mehr oder weniger nichts dafür konnte. "Zeit ist kostbar und ich wollte bei dir sein", gestand ich. "Wir haben genug Zeit. Wir haben uns das alles nicht ausgesucht. Wichtig ist, dass wir zunächst das hier und jetzt genießen." "Du hast recht." "Ich weiß", sagte sie überzeugt und fing dann an zu lachen. Ich dachte über ihre Worte nach und genoss ihr Lachen; das hatte mir so sehr gefehlt.

Als es spät wurde, gingen wir wieder ins Wohnzimmer, wo ich mich auf das alte Sofa setzte und seufzte. "Dieses Sofa ist auch nicht mehr das, was es mal war." "Es ist halt ein Sofa", meinte Emma und zuckte mit den Schultern während ich mit der Hand über den alten Stoff fuhr. "Es mag zwar schön sein, ist aber alt und etwas unbequem", sagte ich dann und versuchte mich in eine bequeme Position zu setzen, in der mein Körper nicht weh tat.

"Warum kaufst du dir denn dann kein neues?", fragte Emma. Ich zuckte mit den Schultern und dachte darüber nach. Es war einfach nur ein Möbelstück, ich sollte daraus kein großes Ding machen. "Okay." "Okay? Möchtest du dir ein neues kaufen?" "Ja. Ich meine, wieso nicht?" "Na ich mein' ja nur. Hast du irgendeinen Wunsch? Also weißt du schon was für eins?" "Ne, nicht wirklich." "Ach wir können ja einfach ins Möbelhaus fahren und dir da eins aussuchen." So sehr ich mir die Normalität zurück wünschte, desto mehr hatte ich aber Angst davor, von Reportern überfallen zu werden oder allgemein in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. Emma sah mir die Sorge an. "Oder wir bestellen eins, wenn dir die Öffentlichkeit gerade noch nicht recht ist." Ich schüttelte leicht den Kopf. "Vielleicht nicht sofort, aber in naher Zukunft ist das okay", meinte ich dann und redete mir selbst ein, dass es nicht so schlimm sein würde.

Nordsee WindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt