Die nächsten zwei Tagen entspannten wir hauptsächlich; wir gingen nicht aus, vielleicht nur um irgendwo etwas zu essen, damit im Haus nicht gekocht werden musste. Zwei Tage vor Silvester fuhren wir noch mal in den lokalen Supermarkt und besorgten die Dinge, die uns noch fehlten. Teilweise waren das Lebensmittel, alkoholische- und alkoholfreie Getränke und noch ein paar Snacks wie Chips und Schokolade. Den rest des vorletzten Tag des Jahres verbrachten wir zusammen im Haus, eher gesagt im 'Heimkino', das sich im Keller befand. Den hatten wir allerdings nur aus Zufall gefunden, weil Florian auf der Suche nach etwas war. Was es war, das erzählte er nicht, warum auch immer.
Also saßen wir alle gemütlich, Florian zwischen Luca und Melina, Merle neben Marie, und Luisa neben mir, auf den Sitzen im Heimkino und sahen uns Filme an. Das meiste bekam ich nicht mit, weil ich eingeschlafen war. Wahrscheinlich hatte der Alkohol neulich doch viel zu sehr reingehauen als sonst.
"Und was machen wir jetzt? Allmählich werden die Sitze hier unbequem", beschwerte sich Luca. Davon wurde ich übrigens wach, weshalb ich erschrocken auffuhr und mich kurz orientieren musste.
"Nun ja, es ist schon nach Mittag, wie wärs' mit Mittagessen?" "Gerne. Wer kocht?", fragte Luisa. "Na ich auf jeden Fall nicht", antwortete ich verschlafen. "Hm ja, deine Kochkünste würden die anderen nicht begeistern", kommentierte Lu meine Antwort.
"Ihr könnt ja schneiden und wir kochen", bot Luca an. Laut Florian seinen Erzählungen konnte Luca sogar sehr gut kochen. "Alles Klar", stimmten wir ihm zu.
Während wir anderen also Gemüse schneideten, war Luca dafür verantwortlich, uns an diesem Tag nicht verhungern zu lassen.
Das Resultat war ansehbar und geschmeckt hatte es auch. Nachdem wir alle gegessen hatten, beschlossen wir doch noch ein mal raus zu gehen, allerdings unternahmen wir nicht wieder etwas als Gruppe, sondern führen mit beiden Autos an verschiedene Orte.
"Die beiden konnte ich damals in der WG schon nicht lange aushalten", gestand Luisa als wir alleine mit dem einem Auto ziellos durch die Ortschaft fuhren. "Wo willst du jetzt hin?", wollte ich wissen. "Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt. Möchtest du irgendwas machen?" Tatsächlich hatte ich nicht wirklich lust irgendwas aufregendes zu unternehmen, das würden wir wohl am nächsten Tag wieder machen. "Ehrlich gesagt nein. Mir graut es schon vor morgen", gestand ich ihr. "Ach das wird witzig morgen", versuchte sie mich aufzuheitern. "Wir haben zwar nichts bestimmtes geplant, aber Marie und Merle sind mindestens genauso spontan, wie ich." "Hört sich ja spaßig an", meinte ich sarkastisch. "Was ist denn los? Du bist heute so lustlos."
"Ich hätte vorgestern nicht so viel trinken sollen. Wid wärs', wenn wir zwei zurück zum Haus fahren und dort die Zeit für uns genießen? Die anderen werden sicher bis heute Nachmittag weg sein", schlug ich vor.
Das plötzliche Stimmungstief konnte ich mir nicht erklären, daher schob ich es auf den übertrieben Alkoholkonsum von neulich. Ich wusste, dass da etwas anderes für Schuld war, aber was es genau war wusste ich nicht, oder ich wollte nicht darüber nachdenken.
In der Villa zurück pflanzten wir uns auf das große Sofa und schalteten den Fernseher ein und machten uns auf die Suche nach Netflix. Schnell hatten wir gefunden was wir wollten, weshalb wir ohne irgendwelche Umwege unsere Serie weiter schauen konnten.
Nach ein paar Minuten der Stille, in der nur der Ton des Fernsehers zu hören war, setzte ich zu reden an.
"Ich mache mir zu viele Gedanken", fing ich an. "Gedanken worüber?" Ich nahm mein Smartphone aus der Tasche, öffnete den Chat mit der unbekannten Person und zeigte darauf. "Da drüber."
Luisa stoppte die Serie und drehte sich zu mir. "Emma," begann sie. "hier ist niemand, der dich verfolgen könnte, okay? Wir sind hunderte Kilometer von Zuhause entfernt. Ich wollte mit dir hier hin, damit du auf andere Gedanken kommst." "Ich weiß das alles ja, aber irgendwas in mir wird den Gedanken nicht los, dass es eine Person ist, die ich kenne. Und ich habe Angst davor, was passiert wenn wir wieder zurück sind." Mein Gegenüber rückte näher zu mir und nahm mich in den Arm. Sie strich beruhigend über meinen Rücken. "Ich passe auf dich auf Emma. Es wird nichts passieren, ja? Die Polizei kümmert sich", sprach sie beruhigend.
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Nordsee Wind
Jugendliteraturcover by @bleibendestille Emma hatte gerade ihre Lehre abgeschlossen und sich dafür entschieden, ihre Heimat zu verlassen. Sie war nun erwachsen genug, um auf eigenen Beinen zu stehen. Also zog sie von der Großstadt in einen kleinen Ort an der Nords...