Als wir am darauffolgenden Tag gefrühstückt hatten, waren wir bereits wieder draußen und wollten noch ein mal ins Dorf und zu den Souvenirläden gehen. Mom wollte nach einem Leuchtturm auschau halten und Dad, naja, er wollte nichts haben und kam nachher mit einem Feuerzeug und einem Anker als Schlüsselanhänger aus dem Laden. Um ehrlich zu sein, hatte er sich nie für so Krimskrams interessiert, deshalb wunderte es mich ein wenig, dass er überhaupt etwas gekauft hatte. Wenig später kam auch meine Mutter aus dem viel zu kleinem Geschäft und präsentierte mir ihren rot weiß, solarbetriebenen Leuchturm.
"Oh wow, der ist toll", meinte ich mit gespielter begeisterung. "Das ist er. Den stelle ich in den Garten." "Am besten zu dem Gartenzwerg, der mindestens genauso groß ist, wie der Leuchtturm.", meinte mein Vater ironisch. Er war ziemlich perfektionistisch was die Dekoration im Garten anging. Und zugegebenermaßen hatte er recht. Ich musste lachen. "Das stimmt. Es würde komisch aussehen, wenn beide gleich groß sind und sehr nah aneinander stehen."
"Quatsch. Ich stelle die einfach ein bisschen weiter auseinander und dann ist es perfekt. Ihr werdet schon sehen."
Wir gingen nicht weiter darauf ein, sondern schlenderten weiter durch die Gassen.
Als wir alle aber nicht mehr wussten, was wir tun sollten, entschieden wir uns, einfach wieder zu mir zu gehen. Schließlich mussten meine Eltern bald wieder nach hause fahren.
Ich half ihnen ihre Sachen ins Auto zu bringen und verabschiedete beide am Auto. Erst als das Auto abgebogen war, ging ich wieder rein ins warme, in meine Wohnung.
Es war schön, die beiden mal wieder zu sehen. Erst jetzt merkte ich, wie sie mir fehlten und das ich so gut wie gar nichts mehr aus der Heimat mitbekam. Ich wusste nicht, ob ich das als positiv oder negativ sehen sollte. Ich meine, ich war immer jemand, der neugierig war und immer über alles informiert sein wollte.
Wieder kamen Erinnerungen an meine Jugendzeit in mir hoch. Etwas nostalgisch gestimmt dachte ich an meine Freunde dort, die von klein auf in der selben Straße lebten und in die selbe Schule gingen, wie ich. Im Sommer hatten wir immer Übernachtungen bei den jeweils anderen gehabt und sind meistens bis zum Morgen wachgeblieben.
Als ich gerade an meine damaligen Freunde dachte, schnappte ich mir mein Handy und suchte den Chat mit Nele. Ich schaute mir ihr Profilbild an, auf dem sie und ihr Verlobter Arm in Arm stehen und sich verliebt anschauen. Ich musste lächeln. Es war schon krass, wie sehr die beiden sich äußerlich verändert hatten.
Ohne lange zu überlegen, schrieb ich ihr eine Nachricht, in der ich sie fragte, wie es den beiden geht und was sie so machten.
Nicht lange später kam auch schon eine Antwort. Wie immer waren ihre Worte liebevoll und strahlten pures Glück aus. Sie erzählte mir von ihrem kleinen Glück, das in ihr heran wuchs. Sie sagte, dass es wohl ein Mädchen wird und dass sie und Matthias am Ende der Woche heiraten werden.
Nachdem wir beide uns gegenseitig ein paar Updates unserer Leben erzählt hatten, fragte sie, ob ich nicht auch zu ihrer Hochzeit kommen möchte. Sofort sagte ich zu und freute mich sofort darauf, diesen so wichtigen Tag mit den beiden und all den anderen verbringen zu dürfen.
Du darfst gerne Begleitung mitbringen, natürlich wenn da jemand ist, den du dabei haben möchtest. :)
Darüber musste ich einen Moment nachdenken. Sollte ich Luisa fragen, ob sie mich begleiten möchte? Aber was wäre, wenn sie nein sagt?
Ich kann dir später sagen, ob ich mit Begleitung komme oder nicht. Ist das in Ordnung?
Sofort antwortete sie und meinte, dass dies völlig okay sei.
Ich öffnete den Chat mit Luisa und versuchte ihr eine Nachricht zu schreiben. Mit einem einfachen "Hey" versuchte ich also eine Konversation zu starten. Cleveres Köpfchen, Emma.
Ich sah, dass sie online kam und die Nachricht gelesen hatte.
Hey Emma, wie geht es dir?
Mir ganz gut und dir?
Auch soweit. Was machst du schönes?
Ich überlegte kurz. Mir war nicht wirklich nach Smalltalk, weswegen ich sie fragte, ob ich eben anrufen konnte. Sie bejahte meine Frage und kurze Zeit später wählte ich ihre Nummer. Nach dem Freizeichen hörte ich ihre warme Stimme und musste sofort lächeln.
"Hey Liebes", kam es vom anderen Ende der Leitung.
"Hallo", meinte ich nervös.
"Was gibt es so dringend?"
"Ich wollte deine Stimme hören", sagte ich, ergänzte dann aber. "Und ich wollte dich etwas fragen."
"Na dann schieß mal los", lachte sie.
"Naja, also ich weiß es mag eventuell ein wenig plötzlich kommen und vielleicht möchtest du ja auch gar nicht oder kannst nicht oder-"
"Emma," meinte sie. "Frag einfach."
"Na gut. Also ein Freundin aus der Heimat heiratet nächste Woche und sie hat mich eingeladen und gesagt, ich könnte jemanden mitbringen. Und, naja, warum auch immer, ich habe gedacht, das du vielleicht mich begleiten möchtest? Also, dass wir zusammen dorthin gehen. Zur Hochzeit."
Es war für einen kurzen Moment still und ich habe mich fast schon damit abgefunden, dass sie absagen würde aber dann sagte sie etwas.
"Ich würde sehr gerne mitkommen."
Sofort lächelte ich und freute mich.
"Wirklich?", hakte ich noch mal nach. "Wirklich."
"Ohw das wird toll. Ich freue mich." Ich klang wahrscheinlich wie ein kleines Kind, dass sich über eine Kleinigkeit freute.
"Wann ist das denn?", fragte sie.
"Nächste Woche Freitag. Also in so ziemlich genau 5 Tagen."
"Das ist ziemlich kurzfristig, aber passt. Soll ich dich einen Tag vorher abholen? Dann müssen wir uns am Freitag nicht so beeilen und du könntest dich einfach hier fertig machen und vielleicht können wir Donnerstag dann ganz gemütlich einen Film schauen-"
Diesmal war ich die, die sie unterbrach.
"Das klingt wunderbar, Luisa." Ich hörte, wie sie kurz lachte und stellte mir vor, wie sie vor mir steht und mich nervös anlächelte. Der Gedanke daran, lies mich selbst lächeln. "Gut, dann ist das so." "Genau."
"Meinst du das ist für die anderen Gäste okay, wenn du jemand, für sie, fremdes mitbringst?"
"Klar. Ich meine, ich denke schon. Ich schreibe Nele gleich, dass ich mit Begleitung komme und dann wird das, denke ich mal, in Ordnung sein." Ich wusste jetzt schon, dass die meisten Fragen stellen würden. Ich meine, was sollte ich sagen, wenn sie fragen wer Luisa ist? Meine Freundin? Eine gute Freundin? Ich weiß es nicht, also fragte ich Luisa.
"Was ist, wenn sie fragen, wer du bist?"
"Na ich bin Luisa.", meinte sie trocken.
Ich musste lachen. "Du weißt was ich meine."
"Natürlich. Darüber reden wir, wenn du hier bist, okay? Ich möchte das gerne persönlich mit dir besprechen."
"Alles Klar." "Gut."
"Dann würde ich sagen, ich melde mich bei dir?", wollte sie wissen.
"Ist okay."
"Du bist wunderbar, Emma Storm. Ich freue mich auf dich."
Sie hatte aufgelegt und ich lächelte einfach nur vor mich hin.
Diese Frau machte etwas mit mir und lies mich Dinge empfinden, von denen ich dachte, dass ich sie nie mehr fühlen konnte.
Mit Schmetterlingen im Bauch stellte ich die Musik an und räumte meine Wohnung auf. Das hatte ich am Wochenende mit meinen Eltern hier ziemlich vernachlässigt.
Ich war schnell fertig, ging danach rasch duschen und legte mich früh ins Bett, weil ich ziemlich müde war. Mit den Gedanken an und der Vorfreude auf Donnerstag und Freitag schlief ich dann irgendwann ein.
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Nordsee Wind
Genç Kurgucover by @bleibendestille Emma hatte gerade ihre Lehre abgeschlossen und sich dafür entschieden, ihre Heimat zu verlassen. Sie war nun erwachsen genug, um auf eigenen Beinen zu stehen. Also zog sie von der Großstadt in einen kleinen Ort an der Nords...