Das ist doch schon stalking

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"An was denkst du?", hörte ich Luisa fragen, während ich raus sah und die grauen Wolken beobachtete.

"Wir können hier nicht zusammen ausgehen", meinte ich noch immer rausschauend. "Wir müssten immer mindestens eine Stunde fahren, damit deine Mutter es nicht mitbekommt."

Nun widmete ich meine Aufmerksamkeit meiner Freundin und legte mich neben sie, meinen Kopf auf meinem Arm gelehnt.

"Ich weiß. Ich wünschte es wäre nicht so."

"Das wünschte ich auch." "Ich weiß nicht was sie tun würde. Ich meine, wie ich lebe und wen ich liebe, das entscheide immer noch ich. Und wenn ich den Kontakt zu meiner Mutter verliere, weil ich mit dir zusammen bin, dann sei es so."

Ich ließ Luisa Worte in meinem Kopf rotieren. "Wieso ist sie so?", wollte ich wissen.

"Ich weiß es nicht. Sie wurde streng erzogen und hat ihren festen Glauben. Sie erwähnte früher einmal, dass ihre Eltern in einer Sekte waren, in der sie mit reingeraten ist. Keinen Schimmer was genau dort passiert ist, aber sie war schon immer so, wie sie jetzt ist." "Was hat sie denn gesagt, als sie erfahren hat, das du mit einer Frau ausgehst?"

"Sie war sofort energisch. Hat mir vorgehalten, eine Liebe zwischen zwei Frauen sei gegen die Natur und das Werk des Teufels." Oh heilige scheiße. Das ist doch krank? Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Natürlich, so welche Worte hörte ich nicht zum ersten Mal, jedoch schockierten sie mich immer wieder.

"Ich glaube am meisten stört es sie, dass ich kein luxuriöses Leben mit einem Mann, einer Villa und mindestens zwei Kindern führe. Immerhin bin ich ja schon 35 und sie möchte, dass unser Familienname noch viele Jahre bestehen bleibt und nicht durch den Dreck gezogen wird."

"Es tut mir leid, das deine Mutter so ist."

"Da kannst du doch nichts für, Liebes.", meinte sie. "Zum Glück wohnt sie nicht hier im Ort, weshalb unerwartete Besuche ausgeschlossen sind." "Wenn sie mal nicht hier ihre Leute hat, die dich beobachten." Ich merkte erst nach dem ich es gesagt hatte, dass es meine Paranoia war, die da sprach. "Nein, das glaube ich nicht."

Das Vibrieren meines Handys lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich. Verdutzt nahm ich es vom Nachttisch und sah, dass eine Nachricht eingegangen war. Anonymer Absender.

Oh liebste Emma. Sie ist hübsch und witzig, wie ich gehört habe. Du hattest wohl schon immer etwas für ältere übrig, nicht wahr?

Ich sah wahrscheinlich so verstört aus, das Luisa meine Hand so drehte, dass sie den Bildschirm sehen konnte. Sie las die Nachricht und sah mich eindringlich an.

"Wer ist das?" "Ich weiß es nicht.", ich zögerte einen Moment. "Es ist nicht das erste Mal, das so eine Nachricht kommt."

"Nicht das erste Mal? Wieso hast du mir nicht davon erzählt?" Sie sah sie die anderen Nachrichten der unbekannten Person an. "Das ist doch schon stalking. Wir sollten damit zur Polizei gehen."

"Um Himmelswillen, nein. Nicht zur Polizei. Ich will das so klären." Luisa schien einen Augenblick zu überlegen. "Kannst du der Person antworten?"

Ich bejahte ihre Frage mit eine Nicken und sie riet mir, zu fragen wer so etwas schreibt. Darauf hätte ich auch vorher kommen können.

Meine Nachricht ist rausgegangen und angekommen. Aber eine Reaktion kam noch nicht.

"Meintest du nicht neulich am Telefon, dass du glaubtest verfolgt zu werden?" Wieder nickte ich. Auf den Gedanke, dass das mit den Nachrichten vielleicht zusammenhängen könnte, habe ich auch schon überlegt. Allerdings musste diese Person eine keine fremde Person sein, weil auch eine Nachricht kam, als wir in meiner Heimat waren.

"Es muss jemand sein, den ich kenne. Die Person weiß Dinge, die sonst niemand wissen könnte", meinte ich. "Meinst du?" "Denke schon."

"Am besten bleiben wir sehr vorsichtig. Ich will nicht das dir irgendwas passiert."

"Noch schlimmer wärs, wenn dir etwas passiert", meinte ich. "Ich kann schon auf mich aufpassen."

Wir schwiegen, jede ging ihren eigenen Gedanken nach. Mir war nach einer Zigarette. Hatte ich noch welche in meiner Jackentasche? Vermutlich.

"Kommst du mit?", fragte ich Lu. "Wohin?" "Ich wollte eine rauchen gehen.", meinte ich nervös. Ich war eigentlich kein "richtiger" Raucher. Mal hatte ich das verlangen, mal für mehrere Wochen oder Tage nicht. "Na klar."

Beinahe synchron standen wir auf und machten uns auf dem Weg zur Dachterrasse. Wir hätten auch in der Wohnung rauchen können, dann wäre aber der ganze Qualm überall. Ich schnappte mir meine Jacke, weil es sehr kalt aussah draußen und zündete mir dann an der frischen Luft eine Zigarette an. Luisa tat es mir gleich. Die Aussicht von hier oben war unglaublich. Man hatte so gut wie alles im Blick und genug Platz hatte man hier oben auch.

Ich bemerkte ihren Blick auf mir, während ich in die Ferne schaute. Also sah ich Luisa an und schmunzelte.

"Was starrst du denn so?" Ihre Lippen formten sich zu einem Lächeln. "Ich mag es dich anzusehen. Ich entdecke jedes mal neue Details an dir, die dich einzigartig machen."

Mir wurde warm und wahrscheinlich wurde ich auch rot. "Süß, wie du rot wirst.", neckte sie mich. "Das ist nicht süß", meinte ich verlegen und nahm einen Zug von der Zigarette. Mein Gegenüber tat das selbe, drückte dann jedoch ihre Zigarette aus. Als sie mir näher kam, drückte ich meine ebenfalls aus. Ich lehnte mich an die Wand hinter mir und sofort stützte Luisa ihre Arme links und rechts neben meinen Kopf. Sie sah mich an und biss sich auf die Lippe.

"Emma,", fing sie an. "du solltest aufhören so atemberaubend zu sein." Ich wollte gerade etwas erwidern, da spürte ich ihre Lippen auf meinen. Sie küsste mich ganz leicht und zärtlich, und zog mich dann an der Hüfte näher an sich heran. Gleichzeitig presste sie mich mit dem Rücken an die Wand und so entwickelte sich die Situation immer fordernder. Wir verlegten diese Aktion nach drinnen, wo ich Luisa in ihr Schlafzimmer taxierte und sie aufs Bett schubste. Sie musste lachen, aber nicht dieses typische witzige Lachen, dieses mal klang es rauchiger und verdammt attraktiv. Ich biss mir auf die Unterlippe, platzierte mein Knie zwischen ihren Beinen und beugte mich mit meinen Armen über sie.

Nach kurzem Blickkontakt küssten wir uns und ließen unserer Leidenschaft freien Lauf.

Gerade als wir die Positionen getauscht hatten und sie dabei war, mich meiner Hose zu entledigen, klingelte es an der Tür. "Verdammt!", fluchte sie. "Musst du auf machen?", fragte ich. In diesem Moment klingelte es erneut und Luisa sah mich entschuldigend an. Sie stand auf und eilte zur Tür. Ich hörte eine Männerstimme, aber bekam nicht mit, was gesagt wurde. Es dauerte nicht lange, da verabschiedeten sich beide und Luisa kam zurück ins Schlafzimmer. Hinter ihr lief der kleine schwarze Vierbeiner, den ich überhaupt nicht mehr auf dem Schirm hatte.

"Hatte völlig vergessen, ihn wieder abzuholen." "Offensichtlich."

"Wo waren wir stehen geblieben?", fragte Luisa und widmete sich wieder vollkommen mir.

Am Morgen verabschiedete ich mich flüchtig von Luisa, welche noch halb schlafend im Bett lag. Ich beneidete sie; zu gern wäre ich bei ihr geblieben, aber als Florian mich anrief und fragte ob ich einspringen würde, konnte ich nicht nein sagen.

Daher fand ich mich knapp eine Stunde später, frisch geduscht, im Café wieder.

Nordsee WindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt