Hallo, ist hier noch frei?

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Es schien, als wäre dieser Beruf genau für mich gemacht. Ich stellte mich gut an, kannte mittlerweile die Maschinen im Café, sowie die Preise und bereits schon die Bestellungen einiger Stammgäste. Mit meinen Kollegen verstand ich mich gut, was mir die Arbeit teilweise erleichterte und meine Stimmung aufhellte.

Ich war nie wirklich einer dieser Menschen gewesen, der morgens gut aus dem Bett kam und sofort motiviert war, selbst jetzt noch nicht. Dennoch schaffte ich es mich aufzurappeln und mich für die Arbeit fertig zu machen.

Nach knapp 10 Minuten betrat ich das Café und begrüßte Florian, der bereits hinter der Theke stand und gerade den ersten Kaffee aufsetzte. Mittlerweile hatte ich ihn echt lieb gewonnen und wir sind sowas wie Freunde geworden. Er grüßte freundlich zurück und holte zwei Tassen aus dem Regal. Wir hatten es uns zur Gewohnheit werden lassen, morgens den ersten Kaffee zu trinken und dann erst das Café zu öffnen.

Als ich meine Schürze angezogen und mir die dunkel blonden Haare zu einem Zopf gebunden hatte, gesellte ich mich zu meinem Kollegen, der mir lächelnd eine dampfende Tasse Kaffee entgegen gab. "Hier, bitte sehr. Mit Zimt, Milch und Zucker", sagte er, wobei er mich grinsend anschaute. Dankend nahm ich ihm die Tasse ab.

"Ich verstehe immernoch nicht, wieso jemand seinen Kaffee mit Zimt trinkt." Ich lachte, "Du solltest das mal probieren, Flo." "Hm nein, danke."

Wir unterhielten uns noch eine Weile, bis es 7 Uhr war und Florian die große Glastür aufschloss und die Stühle von den Tischen nahm. Als ich das erste mal hier rein kam, habe ich mich sofort wohl gefühlt. Die warmen Wandfarben harmonierten gut miteinander an einigen der Wände hingen Fotoleinwände auf denen entweder das Meer oder Kaffeebohnen abgebildet waren. Gegenüber der Theke gab es eine Fensterfront, welche einen Panorama Ausblick auf den Strand dabot. Von den Decken hingen Lampen herunter, die ich zu vintage sortiert hätte. Neben den bodentiefen Fenstern standen dunkel braune Leder Bänke, davor Tische und einzelne Stühle. An zwei der Wände standen großen braune Regale, welche mit Pflanzen geschmückt waren. Der Gesamteindruck von diesem Ort war wundervoll, ich mochte es hier.

Die Klingel an der Eingangstür holte mich aus meinen Gedanken zurück.

Also bediente ich die Kunden, brachte mal Kaffee und mal Kuchen an die Tische. Kochte Kaffee und bereitete andere heiße Getränke zu. Es war meistens der selbe Tagesablauf, was mich kaum störte.

Der Tag ging relativ schnell vorbei, so war ich am späten Nachmittag wieder Zuhause. Ich war immernoch motiviert und entschied mich dafür, nach der Dusche meine Eltern kurz anzurufen und danach noch zum Hafen zu fahren.

Das warme Wasser auf meiner Haut war entspannend. Dieses mal ließ ich mir nicht so viel Zeit wie sonst, zog mir nach der Dusche saubere Kleidung an und setzte mich aufs Sofa um meine Mutter anzurufen.

"Hallo?" kam es vom anderen Ende der Leitung. Meine Mom war nie so jemand, der sich förmlich meldete, wenn jemand anrief.

"Hey Mom, ich bins." "Oh Emma, Liebste. Wie geht es dir? Du hast dich länger nicht gemeldet" "Ja stimmt, ich war mit der Arbeit beschäftigt und danach meistens ziemlich geschafft" Lüge. Ich war wahrscheinlich einfach zu faul um anzurufen.

"Ja das Verstehe ich. Wie ist es so? Hast du schon neue Kontakte geknüpft?"

"Ja naja, ich verstehe mich gut mit einem Kollegen, Florian. Er ist ganz okay. Und mit meinen Nachbarn komme ich auch gut zurecht."

"Das freut mich zu hören. Dein Vater hatte schon Sorge du würdest den Anschluss dort nicht finden", erzählte sie und ich wusste, dass sie sich diese Sorgen machte und nicht mein Vater.

"Ach Quatsch Mama, erzähl ihm davon, dass ich hier gut zurecht komme und es mir gut geht."

"Das werd ich." Ich lächelte. "Und, wie geht es euch so? Gibt es irgendwas neues?", wollte ich wissen. Wahrscheinlich gab es nichts neues. "Uns geht es gut soweit, alles beim Alten." "Das freut mich zu hören." Sagte ich doch.

"Du Emma, tut mir wirklich leid, aber ich fürchte ich kann nicht noch länger telefonieren, sonst brennt mir hier das Essen an", lachte sie. "Alles klar, Mom. Meld dich wenn irgendwas ist, okay?" "In Ordnung Kind. Wir haben dich lieb."

"Ja ich euch auch, Tschüss." Und schon hatte sie aufgelegt. Das Telefonat war seltsam, meine Mutter war sonst nie so knapp angebunden.

Ich dachte nicht weiter darüber nach, zog mir Schuhe und Jacke an ging nach draussen. Der Himmel war grau und falls es regnen sollte, hatte ich mir vorher den Regenschirm geschnappt. Unten erwartete mich ein kalter Wind, der mir durch die Haare wehte. Ich zog meinen Schal enger, knüpfte die Knöpfe meiner Jacke zu und lief zum Hafen.

Dort fand heute eine kleine Veranstaltung statt, ein paar Erwachsene ließen mit ihren Kindern an den Dünen Drachen steigen, am Hafen selbst waren Stände aufgebaut. An davon wurden Dinge wie Heilsteine und Holzfiguren verkauft oder man konnte sich auf Bänke setzten und Glühwein Trinken oder etwas essen. Im allgemeinen waren mehr Familien hier oder Freundesgruppen. Auf einer großen Wiese stand eine Bühne, auf der irgendeine Band Musik spielte. Das klang überraschenderweise ganz gut.

Es war ungewöhnlich, dass hier im November irgendwelche Feste waren, dennoch störte es mich nicht. Ich schlenderte an ein paar der Stände entlang, entschied mich dafür an einem eine Holzfigur zu kaufen. Ich suchte mir eine Figur aus, die aussah, wie eine Wolke. Man konnte ein Teelicht hinein stellen und ich hatte auch schon genau eine Idee, wo ich sie in meiner Wohnung platzieren würde.

Nach einer Zeit ging ich zu einem Stand, der Glühwein verkaufte und holte mir einen Glühwein. Mit der warmen Tasse setzte ich auf eine der Bänke, die in Richtung der Boote stand. Mein Blick viel auf die vielen Menschen, die trotz der Kälte hier waren und spaß daran hatten, ihren Drachen steigen zu lassen.

Nach einer Weile stand jemand neben mir. Ich schaute die Person kurz an und war für einen Moment wie eingefroren. Ein Frau sah mich freundlich an, ihre grünen Augen strahlten und aus ihrem Dutt waren einzelne Strähnen herausgefallen, welche vom Wind gesteuert wild herumtobten. Sie lächelte mich an. "Hallo, ist hier noch frei?", fragte sie und deutete auf den Platz vor mir.

Nordsee WindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt