Der Laden war voll, das Schellen der Eingangsklingel ertönte im regelmäßen Takt. Ich ließ mir keine Emotion anmerken, es ging mir weder gut noch schlecht. Ich war gerade einfach nur genervt davon, heute auf der Arbeit sein zu müssen. Zum Glück habe ich ab morgen Urlaub.
Ich hatte noch keinen genauen Plan für meine freien Wochen, wahrscheinlich werde ich eh wieder alles eher spontan entscheiden.
Ich wollte nichts mehr als nach Hause zu gehen und mich in meinem Bett zu verkriechen. Das Wetter war trist, was meine Gefühlslage ein wenig widerspiegelte, welch eine Ironie. Ich kann nicht einmal genau sagen, wie ich in solch ein Tief gerutscht bin. Ich hoffte nur, dass es sich in den kommenden zwei Wochen ändern würde.
Nach einer unruhigen Nacht wurde ich mit Kopfschmerzen wach. Also stand ich auf, nahm eine Tablette und raffte mich auf. Nachdem ich mich geduscht und angezogen hatte, fühlte ich mich ein wenig besser, sodass ich für ein Spaziergang nach draußen ging. Es hatte in der Nacht geschneit, demnach war es eisig kalt. Ich zog meinen Schal enger, verstaute meine Hände in den Taschen meiner Winterjacke und lief einfach los.
Irgendwann fand ich mich am Strand wieder. Ich entschied, mich auf eine der Bänke zu setzen und meine Kopfhörer in die Ohren zu stecken. Die ruhige Musik lies mich entspannen, während mein Blick dem Meer galt. Der Ausblick war grau und trist, das Wasser war bedeckt vom Nebel, die Wellen die sich auf dem Sand verteilten, schienten die einzige wahrnehmbare Bewegung zu sein.
Der Klingelton meines Smartphones unterbrach die Musik und erschrocken nahm ich den Anruf an.
"Hallo?"
"Hallo Liebling," ertönte es vom anderen Ende der Leitung. "Wie geht es dir?", wollte meine Mutter wissen.
"Hey Mama, mir geht es gut," war das gelogen? "und dir?" "Ach ja, mir geht es hervorragend." Sofort huschte ein Lächeln über meine Lippen als ich die fröhliche Stimme meiner Mom hörte. "Das freut mich. Warum rufst du an?"
"Einfach nur so. Ich wollte mich danach erkunden wie es dir geht. Du hast dich lange nicht gemeldet." "Ja das stimmt, ich hatte viel zu tun in den letzten Tagen."
"Ist ja kein Thema. Du, was ich dich fragen wollte; wie wärs', wenn wir dich besuchen kommen?" "Das wäre toll, aber wollt ihr wirklich für ein paar Stunden so lange fahren?" "Darüber hatten dein Vater und ich auch schon gesprochen. Ich hatte überlegt, dass wir eventuell bei dir übernachten können. Du hast doch ein Gästebett im Keller und genug Platz im Wohnzimmer. Also falls das kein Problem für dich sein sollte."
Ihr Angebot überrumpelte mich ein wenig, weil ich nicht wirklich darauf vorbereitet war, jemanden bei mir schlafen zu lassen. "Äh, klar ja. Das wäre möglich. Wie lange möchtet ihr denn bleiben?" "Ich hab gedacht, das wir am Freitag kommen und Samstag Abend wieder zurück fahren." "Okay. Jetzt kommenden Freitag?" "Ja genau, diesen Freitag. Wir können ja zusammen kochen und anschließen Abendessen, wenn du magst."
"Ja, das hört sich ganz gut an." "Hast du denn alles da?" "Ne, also weiß ich nicht. Ich schaue nach wenn ich Daheim bin und gehe dann noch einkaufen wenn ich was brauche." "Alles Klar, Spatz. Bettzeug bringen wir mit." "Perfekt." "Gut, Liebes. Dann sehen wir uns Freitag." "Okay Mom, bis dann." "Bis dann."
Nachdem das Handy wieder verstaut wurde atmete ich tief aus, als hätte ich während des Telefonats die Luft angehalten. Ich war nicht auf den Besuch meiner Eltern vorbereitet und innerhalb von zwei Tagen alles zu bersorgen wird kritisch. Egal, irgendwie wird das schon.
Als ich meinen Gedankengang beendet hatte, stand ich auf und machte mich auf den Heimweg. Weil ich es nicht eilig hatte, lies ich mir also Zeit, ging in Gedanken meine Schränke und den Kühlschrank durch.
Vielleicht sollte ich vorher vielleicht schon einkaufen gehen, weil ich denke nicht, dass meine Vorräte bis Freitag reichen; ich erinnerte mich daran, nurnoch Nudeln und Reis da zu haben.
Also ging ich anstatt nach Hause in den nächsten Supermarkt und kaufte die Dinge ein, die mir gerade einfielen.
Zuhause verstaute ich die Einkäufe, machte mir etwas zu essen und ging ins Wohnzimmer. Dank der Heizung war es hier kuschelig warm. Ich zündete ein paar Kerzen an, stellte die Musik leise an und aß mein Essen.
Es dauerte nicht lange bis ich fertig gegessen und die Küche aufgeräumt hatte. Deshalb nutzte ich die restliche Zeit des Tages damit, auf Netflix meine Lieblingsserien weiter zu schauen. Ich wusste, das Melina die selbe Serie schaute, also schrieb ich ihr eine Nachricht und fragte sie, ob sie rauf kommen und mit schauen wollte. Anstatt zu antworten, klingelte es wenig später an meiner Tür. Ich schmunzelte und lies meine Nachbarin rein, um zusammen mit ihr Orphan Black zu sehen.
Wir hielten kurzen Smalltalk, was für mich völlig okay war. Mir war nicht nach tiefgründigen Gesprächen oder darüber zu sprechen was in letzter Zeit so passierte.
Als hätten meine Gedanken es gewusst, bekam ich eine Nachricht von unbekannt.
Was machst du für ein langes Gesicht, meine Liebe? Du warst doch früher auch nie traurig. ;)
Ich bekam Herzrasen. Diese Person hatte mich gesehen oder vielleicht sogar vorhin verfolgt? Ich bekam Angst, lies es mir aber so gut es ging nicht anmerken. Ich wollte mit jemanden darüber reden. Nicht mit Melina, also nicht jetzt. Oh Emma. Ignorier die Nachricht einfach. Ich versuchte den Rat meiner inneren Stimme zu folgen und legte das Smartphone wieder zur Seite. Ich widmete meine Aufmerksamkeit wieder der Serie, war mir nicht ganz so geling.
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Nordsee Wind
Roman pour Adolescentscover by @bleibendestille Emma hatte gerade ihre Lehre abgeschlossen und sich dafür entschieden, ihre Heimat zu verlassen. Sie war nun erwachsen genug, um auf eigenen Beinen zu stehen. Also zog sie von der Großstadt in einen kleinen Ort an der Nords...