Ich staunte, als wir vor dem kleinem Strandhaus parkten und unser Gepäck hineintrugen. Das Haus strahlte von außen in weiß und hatte große Fenster. Innen war alles in natürlichen Farben gehalten, die Räume waren offen und bekamen viel vom Tageslicht ab. An das Wohnzimmer grenzte eine Terrasse, die mit einem kleinen Garten verbunden war. Ein kleiner Weg führte durch ein paar Büsche und vermutlich direkt an den Sandstrand. Ich ließ die Koffer stehen, nahm Liv aus der Schale und trug sie auf dem Arm. Wir sahen uns zusammen den Rest des Hauses an und fühlten uns auf anhieb wohl. "Das ist so ein schönes Ferienhaus, muss bestimmt teuer sein, oder?" "Naja, du weißt wie ich über Geld denke, aber...", begann ich und legte Olivia zurück in die Babyschale und legte anschließend meine Arme um Emmas Hüfte. "dieses Häuschen ist jetzt unsers." Ich wartete ihre Reaktion ab und musste über ihr Augenrollen lachen. "Was? Gefällt es dir nicht?" "Doch, natürlich. Ich hatte nicht erwartet, dass du uns ein Häuschen auf den Malediven kaufst." "Nennen wir's unseren ganz privaten Rückzugsort. Niemand weiß hiervon, nicht einmal mein Vater." "Du spinnst doch", lachte sie nun und schloss die Lücke zwischen uns. Das Baby machte sich bemerkbar, also lösten wir uns voneinander und kümmerten uns um das Gepäck und die Versorgung unserer Tochter. Während Emma ihr die Flasche gab, baute ich das Reisebett auf und schleppte die Koffer ins Schlafzimmer. Zum Mittag hin und nachdem wir uns umgezogen hatten, erkundeten wir das Grundstück und fanden schließlich den Weg zum Wasser. Direkt an der Grenze zwischen Garten und Strand standen zwei Liegen unter einer Palme, die zu uns gehörten. Die Palme bot genügend Schatten, darum ließen wir sie dort stehen, legten Handtücher ab und gingen zu dritt ans Wasser. Es war überraschend warm und glasklar, sogar Olivia hatte ihren Spaß. Natürlich ließen wir sie nicht allein oder ganz im Wasser, sondern passten immer darauf auf, dass sie weder Wasser schluckte, noch unter Wasser geriet. "Es ist so schön hier. Und weit und breit ist niemand zu sehen. Haben wir Nachbarn?", fragte Emma. "Ich glaube wohl, aber die sind auch nicht das ganze Jahr über hier. Vielleicht sehen wir sie in der Hochsaison." Diese war geschätzt erst in einem Monat, wenn die Sommerferien begannen. Noch konnten wir hier so viel Zeit verbringen, wie wir wollten. "Ich habe mich mal genauer informiert und in der Nähe eine Kindertagespflege gefunden, in der wir Olivia für einen Tag unterbringen könnten. So hätten wir den Tag für uns allein und können alles machen, woran sie uns sonst hindern würde." "Ich weiß nicht ob das so eine gute Idee ist", gestand sie ihre Sorge. Emma schien nicht ganz so begeistert darüber, unser Kind in eine Kita zu stecken, wie ich, aber es sollte kein Problem sein, sie umzustimmen. Schließlich wusste ich, wie sehr ihr die Zeit allein ebenfalls fehlte. "Darüber können wir ja morgen noch sprechen, okay? Lass uns diesen Tag einfach erstmal ankommen und die Gegend auf uns wirken lassen." "Na klar, was immer dich glücklich macht." Ich lächelte und sorgte gleichzeitig für ein Schmunzeln auf ihren Lippen.
Bald darauf kehrten wir wieder ins Haus, legten Liv für ihren Mittagsschlaf ins Reisebett und kümmerten uns erst einmal um unser Gepäck. Die Kleidung fand ihren Platz im Schrank, Kosmetik und Hygieneartikel im Bad und die leeren Koffer verschwanden unterm Bett. Es war wirklich warm, weshalb ich am Ende nur noch die Shorts über einen Bikini trug. Emma tat es mir irgendwann gleich und setzte sich anschließend zu mir aufs Sofa im Wohnzimmer, wo es zum Glück eine Klimaanlage gab. Dieser Raum war gekühlt und wenn man es gut plante, dann konnte man bei geschlossenen Fenstern und runtergelassenen Jalousien auch das gesamte Haus abkühlen. "Wir müssen morgen ein paar Einkäufe erledigen. Hier gibt es doch einen Supermarkt, oder?" "Auf dem Festland, ja. Wir müssten mit 'nem Boot rüber fahren." "Okay. Weil wir haben hier wirklich gar nichts, außer das was wir mitgebracht haben und etwas zu essen und trinken brauchen wir auf jeden fall." "Da hast du recht. Für heute reicht es, wenn wir uns nachher etwas bestellen, dann sind wir bis morgen zumindest versorgt." So würden wir es machen. Erleichtert lehnte ich mich zurück, atmete tief ein und aus und nahm die Hand meiner Frau in meine. "Ich liebe dich Lu", sagte sie irgendwann leise, mit geschlossenen Augen. "Und ich dich." Nun sah sie mich an, lächelte und zog mich sanft zu ihr. Wieder verbanden sich unsere Lippen miteinander und schon bald verwandelte es sich in einen hitzigen Kampf um Dominanz. Das Weinen des Säuglings hielt uns davon ab, die Situation zu vertiefen, also löste ich mich seufzend von den Lippen meiner Frau und kümmerte mich um das Baby. Sie hatte hunger, deshalb nahm ich sie auf den Arm und hielt sie zum Stillen an meine Brust. Es dauerte nicht lange, da hörte sie auf zu weinen und saugte nach Milch. "Immer wieder faszinierend", sagte ich leise und strich sanft über die Wange meines Kindes. Sie war so lieblich und hatte ganz weiche Haut. Sie bekam dunkle Haare und hatte winzige Fingerchen, die meinen Zeigefinger umfassten. Sie sieht aus sie ich. Langsam kehrte ich zurück zu Emma, die noch immer auf dem Sofa saß und sich gerade ihre Haare hochsteckte. "Das meine ich,", sagte ich. "wäre sie in dieser Tagespflege, hätten wir es viel weiter vertiefen können." "Vielleicht ist da ja was dran", überlegte sie und legte ihren Arm um meine Schulter. Vorsichtig platzierte sie einen Kuss auf Olivias kleine Stirn und danach auf meiner Wange. "Wenn ich das sehe, bekomme ich auch hunger." Fragend sah ich sie an und versuchte einzuschätzen, wie sie das meinte. "Das kannst du jetzt interpretieren wie du möchtest", beantwortete sie meine ungestellte Frage. "Ich verstehe schon", lachte ich leise. "Lass uns etwas bestellen. Wie wär's mit Pizza?" Das Typische. Ich entschied mich dafür, also bestellten wir uns eine Pizza und ausreichend zu trinken.
DU LIEST GERADE
Nordsee Wind
Teen Fictioncover by @bleibendestille Emma hatte gerade ihre Lehre abgeschlossen und sich dafür entschieden, ihre Heimat zu verlassen. Sie war nun erwachsen genug, um auf eigenen Beinen zu stehen. Also zog sie von der Großstadt in einen kleinen Ort an der Nords...