Es war mir ein Vergnügen

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Der Weg zu Luisas Wohnung war echt nicht weit. Sie wohnte im Dachgeschoss, dementsprechend musste wir ein paar Treppen Stufen hinauf. Oben angekommen schloss sie die Tür auf und ich wurde sofort von einem kleinen Mops angesprungen. Erschrocken wich ich ein Stück zurück, aber sobald ich realisiert hatte was mich da angesprungen hatte, ging ich in die Knie und streichelte den schwarzen Vierbeiner.

"Oh Entschuldige, ich hätte dich vorwarnen sollen" "Was? Nein, ist schon okay. Der kleine ist süß", gab ich zurück, während ich den Hund immernoch streichelte.

Luisa bat mich herein zu kommen und nahm mir die Jacke ab, um sie aufzuhängen. "Setz dich doch schonmal ins Wohnzimmer, ich bereite den Tee vor." Ich folgte ihrer Anweisung und ging in das Zimmer, welches das Wohnzimmer sein sollte. Dort betrachtete ich die Bilder an der Wand. Abgebildet waren Menschen, die Natur, der kleine schwarze Hund und Menschenmassen. Von der Wand mit den Bildern ging mein Blick rüber zu dem Regal, das mit Büchern befüllt war. Mehr Literatur und Romane, ein paar Wörterbücher. In der Mitte vom Raum stand ein älteres Sofa mit einem kleinem Tisch davor. Hier siehts gemütlich aus, dachte ich. Im gleichen Moment wie ich mich umdrehte, stand Luisa in der Tür und lächelte mich an. Ich schaute schüchtern zum Boden und sah aus dem Augenwinkel, wie sie das Tablett auf den Tisch stellte und dabei war sich und mir Tee einzugießen. Als ich wieder aufsah, bat sie mir den Platz neben ihr auf dem Sofa an.

"Gemütlich hier", lachte ich.

"Oh danke, dieses Sofa ist nicht das beste und dementsprechend auch nicht mehr wirklich bequem, aber für mich reicht es." Sie fuhr mit der linken Hand auf dem Polster entlang und zündete sich dann eine Zigarette an. "Rauchst du?", wollte sie von mir wissen und bot mir ebenfalls eine an. Normalerweise nicht, wollte ich sagen, aber nahm dankend eine aus ihrer Schachtel und ließ sie mir von Luisa anzünden. Ich versuchte wirklich professionell auszusehen, was mir ganz bestimmt nicht ganz gelang, aber sie scheint es nicht gemerkt zu haben.

"Was machst du beruflich, Emma?" "Ich arbeite als Barista im Café an der Promenade." "Und gefällt es dir?" Ich verstand nicht was sie damit meinte. "Wie ist das gemeint?"

"Ob du gerne dort arbeitest." "Die Arbeit dort macht mir spaß, also ja es gefällt mir." "Ich kenne das Café an der Promenade noch garnicht", sagte sie nun und drückte ihre Zigarette aus.

"Es ist dort noch nicht lange, ich glaube ein halbes Jahr erst." "Ich glaub da werde ich mal hinfahren. Wie lange wohnst du schon hier im Ort? Du bist mir noch nie aufgefallen." "Oh noch garnicht so lange", antwortete ich und drückte jetzt ebenfalls meine Zigarette aus. "Bin erst vor wenigen Wochen hierher gezogen." Sie nickte wissend und nahm einen Schluck von ihrem Tee.

Wieder musste ich die Wand mit den Bildern betrachten. "Hast du die alle gemacht?", wollte ich wissen und zeigte mit dem Finger auf die besagten Bilder. "Die meisten davon. Sind nicht meine besten Werke." "Ich finde sie gut", meinte ich ehrlich.

"Woher kommst du, Emma?" "Ich komme aus einer Großstadt im Westen, warum?" "Gab es einen Grund warum du hergezogen bist? Ich meine eine Großstadt erscheint mir symphatischer als diese Kleinstadt." "Ich war fertig mit der Ausbildung und war genervt von der Umgebung dort. Ich mochte Orte am Meer schon immer viel lieber als meine Heimat", antwortete ich halb ehrlich. Den Part mit meiner Jugendliebe wollte ich ihr verschweigen. "Das kann ich verstehen. Ich mochte meine Heimat irgendwann auch nicht mehr. Und nach meiner Heirat wollte ich erst recht dort weg." "Du bist verheiratet?" "Ich war, die Scheidung läuft gerade."

Ich kann mir nicht erklären wieso, aber es überraschte mich ein wenig. Ich nahm meinen Tee, trank einen Schluck und stellte ihn wieder ab. Wieso wollte sie, dass wir in ihrer Wohnung Tee tranken? Wir hätten genauso gut auch in ein Café gehen können. Wir kannten uns überhaupt nicht. Vielleicht sollte ich mir selbst nicht so viele Fragen stellen und mich offener Zeigen, was neue Kontakte anging.

"Wie lange warst du verheiratet?", fragte ich und versuchte dabei gelassen zu klingen. "Oh nicht lange, fast 5 Jahre." Sie sagte es so, als wäre es etwas unwichtiges. "Bist du traurig über die Scheidung?", wollte ich wissen. War es zu privat, sowas zu fragen? "Nein, gar nicht. Die Liebe zu Jonathan ist schon seit Jahren vergangen." Ich nickte. "Du wohnst also alleine hier?" "Ja", Luisa lachte. "Ich bin vor einem Jahr aus dem Haus ausgezogen und habe mir diese Wohnung gekauft." "Achso."

"Und du? Wohnst du alleine?"

"Ich wohne allein, ja." Sie schien nichts weiter darauf zu antworten. Luisa schaute auf die Uhr an ihrem Handgelenk und stand dann vom Sofa auf. Sie öffnete die Terrassen Tür, lies den schwarzen Hund auf die Terrasse gehen und folgte ihm dann. Ich war ein wenig verwirrt, folgte ihr dann jedoch aufs Dach. Dort angekommen stand sie am Geländer und schaute auf die Kleinstadt vor ihr. Der Ausblick von hier oben war unvergleichlich. Man konnte über die Stadt bis hin zur Promenade sehen. Es dämmerte bereits, was das alles in eine andere Atmosphäre setzte. Luisas Gesichtsausdruck war verändert. "Ist alles in Ordnung?", fragte ich sie, als ich neben ihr stand. "Hm? Ja, alles gut. Mir war nur nach frischer Luft. Schau' mal, man kann von hier die Stadt sehen." Und den Sonnenuntergang, wollte ich hinzufügen. "Ja. Das sieht wunderschön aus." "Vom weitem Betrachtet, in der Nähe nicht wirklich." "Wieso nicht?" "Aus der Nähe sieht es gestellt, künstlich, aus." Ich verstand nicht, warum sie dieser Meinung war, aber hackte auch nicht weiter nach. "Vieles sieht aus der Ferne schöner aus als vom Nahem." "Du nicht", sagte ich leise, aber völlig ehrlich und schaute gerade aus über die Gebäude dieser Stadt bis hin zur Promenade. Im Augenwinkel sah ich, dass Luisa schmunzelte, was mich ein wenig lächeln ließ.

Nach einer Weile, die wir dort standen, schwiegen und unseren Gedanken nachgingen, wurde mir kalt und ich fing leicht an zu zittern. Luisa schien das zu merken. "Ist dir kalt? Komm, wir gehen rein." Sie legte ihre Hand an meinen Rücken und ging mit mir wieder zurück ins Wohnzimmer. Dort angekommen nahm sie ihre Hand zurück und hinterließ ein kleines bisschen Wärme an dieser Stelle.

Wieder schaute sie auf ihre Uhr, als war es eine Angewohnheit von ihr.

"Es ist schon spät, möchtest du nach Hause? Ich fahre dich." Ich wusste nicht was ich antworten sollte, also schwieg ich und nickte.

Im Flur zog ich meine Jacke wieder an, ging zusammen mit Luisa die Treppen hinunter und ließ ihr dann den Vortritt. An einem schwarzen Auto blieben wir stehen und sie schloss die Tür auf. Im inneren des Wagens war es warm. Sofort ließ sie den Motor an und fragte nach meiner Adresse. Ich gab sie ihr und wir fuhren los. Nach weniger Zeit waren wir vor dem Wohnhaus in dem ich wohnte, angekommen. Ich schnallte mich ab und schaute Luisa an. "Vielen Dank für den Tee. Und fürs' Heim fahren." "Es war mir ein Vergnügen." Ich dachte kurz nach. "Vielleicht hast du lust morgen vorbei zukommen? Ich könnte etwas kochen und wir essen zusammen", schlug ich vor. Wie dumm diese Idee doch war. "Fragst du mich gerade, ob ich mir dir essen gehen möchte?", lachte sie sympathisch. Bevor ich aber antworten konnte, fuhr sie fort. "Ich komme gerne." Sofort musste ich auch lächeln und verabschiedete mich von ihr.

In der Wohnung angekommen, schmiss ich meine Schuhe in die Ecke und hing meine Jacke auf. Ich muss morgen auf jeden Fall nochmal aufräumen, dachte ich.

Nordsee WindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt