Verweigerung ist etwas Schönes und Mächtiges. Du stehst für dich selbst und deine Werte ein. Ich verweigerte für die nächsten Stunden, Tage oder Wochen meine Augen zu öffnen. Vielleicht waren es auch nur qualvolle Minuten, die sich wie Kaugummi in die Länge zogen.
Ich weiß nur, dass Toga die ganze Zeit mit mir geredet hat, aber verstehen konnte ich sie nicht, da sich alles anhörte wie durch Watte geflüstert.
Wer weiß, vielleicht hatte mir das ganze Spektakel ja die Ohren weggefetzt.Ich versuchte gar nicht erst mich zu bewegen, sondern blieb einfach liegen und hoffte, dass die Zeit anhalten würde.
Es war irgendwie komisch. Ich fühlte mich wach aber dennoch wie in einem Traum und auch ein ganz kleines bisschen tot.Richtiges Schlafen war auch nicht drinnen, weshalb ich die ganze Zeit Toga's leises Gemurmel ertragen musste.
Hoffentlich kann ich mich bald wieder bewegen, um sie umzubringen.Sie hatte mich hierher geschleift..ha, dabei fällt mir auf, dass ich noch nicht mal weiß wo ich überhaupt bin.
Sie hat mich diesem...Irren ausgesetzt.
Sie hat mir nicht geholfen.Die Schuld bei mir selbst zu suchen wäre zu anstrengend gewesen, ich war eh schon völlig fertig und verwirrt.
Vielleicht hätte ich ihn nicht provozieren sollen...vielleicht hätte er mich verdammt nochmal nicht BRENNEN LASSEN dürfen!Vielleicht hätte ich Toga damals einfach in Frieden lassen sollen.
Wer weiß, vielleicht hatte ich ja doch einen Heldenkomplex, der sie damals unbedingt vor der Einsamkeit retten wollte.Vermutlich wäre es ihr mit der Einsamkeit und mir mit meinen falschen Freunden aber besser gegangen.
Ob sich meine Mutter wohl schon Sorgen machte? Wie lange ich wohl schon weg war?
Weiteres Denken wurde mir wie ein Laster abgenommen, als ich endgültige loslassen und schlafen konnte.
Alle Gedanken verpufften aus dem Nichts, so wie ich es mir immer von meinen Sorgen gewünscht hatte.
Und ich schlief. Tief.
Ich träumte von einem Schiff, einem Sturm und vom Ertrinken.•
Als Kind glaubte ich immer ganz fest an Karma. Heute wusste ich, dass ich einfach nur versucht hatte mich an etwas Übermächtiges zu klammern, was böse Menschen bestrafen würde, damit ich nichts tun musste.
Ich dachte, "Steck es einfach weg, räch dich nicht, die Leute werden ihre Strafe bekommen"
Von wem den bitte, hm? Von wem?!
Was ein törichtes Kind ich doch war.Ich kann verstehen warum Menschen an einen Gott glauben. An etwas Starkes und Mächtiges, was dich für deine gute Taten mit dem Himmel belohnen wird.
Aber ist ein ganzes Leben voller Leiden das wert?
Meine Kindergartenfreundin bejahte das immer. Denn, ich zitiere, der Himmel ist die Unendlichkeit.Das Mädchen war aber auch reich, wunderschön und mit so viel Talent gesegnet, dass einem schwindelig wurde. Sie schien nett. Zumindest spielte sie einen guten Charakter stets vor.
Ja, sie war wirklich entzückend, wenn sie sich nicht gerade über die dicken oder behinderten Kinder lustig machte oder am Sporttag ihnen die Bälle ins Gesicht warf und sich anschließend mit einem falschen Trauerblick entschuldigte.Daran, dass irgendwo jemand die Bösen bestrafte glaubte ich jedenfalls nicht mehr, denn wie kam es, dass ich gerade leider mit Bewusstsein aber ohne Bewegungsfreiheit in einem Bett lag und Toga, die jemanden wirklich und mich fast umgebracht hatte, dabei zuhören musste, wie sie über das Wurstbrot redete, welches sie gerade gegessen hatte - Ich konnte vor Schmerz nicht Essen.
»Warum kochen die Salami eigentlich so durch? Roh wäre es viel leckerer.« quasselte sie weiter auf mich ein, ignorierte dabei meinen missbilligenden Blick.
»Salami kocht man nicht. Man räuchert sie.« krächzte ich leise.»Oooh! Wie aufregend!«
Hätte ich mir ein Kissen auf die Ohren halten können, dann hätte ich es zweifellos getan.
»Sag mal, seh ich doll schlimm aus?« fragte ich vorsichtig.
»Mmmh..also Model wirst du wahrscheinlich nicht mehr..« murmelte sie und strich mir ungefragt durchs Haar.»Du bist immer noch schön aber irgendwie erinnerst du mich mehr an Dabi.
»Sag mir bitte nicht, dass ich jetzt auch 'ne Nabenfresse bin.«
»Ähm also...«
Ohne weitere Worte hielt sie mir einen Spiegel ins Gesicht.
Und Halleluja wer hätte gedacht, dass man vor seinem eigenen Spiegelbild am liebsten weinen möchte, das aber nicht kann, da fast dein komplettes Gesicht mit offenen Schrammen, Kratzern und blauen Flecken versehen war.Mit herannahenden Tränen kniff ich schnell meine Augen zusammen und gab Toga zu verstehen, dass sie das bescheuerte Ding wegnehmen soll.
»So schlimm wird's nicht werden! Das meiste heilt vermutlich sogar ohne Narben.«Am liebsten hätte ich sie mit meinem Kissen erstickt, aber das brauchte ich selbst, um meine Knochen, die sie wie feines, zusammengedrücktes Pulver anfühlten, zusammenzuhalten.
»Falls es dich interessiert, Dabi geht es wieder gut. Für ein paar Tage war er echt voll weg. Apropos, seit wann bist du so stark?«
Bin ich nicht, wenn ich mich nicht gerade selbst in die Luft jage oder...brennen lasse.»Wie lange lieg ich hier denn schon rum?«
Zum Streiten, Schreien, Diskutieren fehlte mir die Kraft.
Selbst Atmen war schwer und mühsam - am liebsten hätte ich einfach aufgehört.»10 Tage.«
Oh. Wenn's weiter nichts ist.
Mein Freund, meine Mutter, mein Leben..alles schien plötzlich ganz klein.
Denn ich war auch ohne all das in diesem Moment hier. Die Zeit ist nicht stehen geblieben, die Welt hat sich weitergedreht.
Und noch in der gleichen Sekunde freundete ich mich mit dem beunruhigenden Gedanken, daran dass ich nicht wusste, was die Nebencharaktere in meiner Geschichte gerade taten, an. Es war erstaunlich befreiend und mindestens genauso aufregend.So aufregend wie der Gedanke im Freibad zum ersten Mal vom 10-Meter Brett zu springen.
Ich hab mir dabei übrigens buchstäblich einen Krankenhausbesuch gesichert, als ich einen erstklassigen Bauchklatscher hingelegt habe.»Dabi war übrigens ein paar mal hier und hat nach dir gesehen.« ergänzte sie und leckte sich über ihre schönen, rosa Lippen.
»Ha, wohl kaum aus Herzensgüte, nehm ich mal an.« lachte ich bitter, was ich nur Millisekunden später aufgrund von einem erneuten Schmerzschub bereute.»Richtig, er hat dich ausgelacht.«
»Weil ich so hässlich bin?«
»Nein, eher weil du beim schlafen echt komisch aussiehst.« kicherte sie und stand mit einem zufriedenen Seufzer auf.»Ruh dich jetzt brav aus, ja? Wenn du nicht bald wieder fit bist, ist mir wahrscheinlich so langweilig, dass ich dich vielleicht aufschlitze oder so. Tschüsschen!«
Erleichtert atmetet ich auf und ließ meinen Kopf, der sich anfühlte, als würde man ihn mit einem Presslufthammer bearbeiten, tiefer in das Kissen sinken.
So tief das ich weder hören, fühlen oder atmen konnte.
Es war beängstigend zu spüren wie dein eigener Körper um Luft kämpf, die du ihm aus Kraftmangel - ich war zu schwach um mich aufzurichten - nicht geben kannst.
Wie ein Kampf mit dir selbst, denn immer du gewinnen wirst.Es tat nicht weh, ich war zu benebelt, um überhaupt mitzubekommen, dass ich am sterben war. Ich hatte nicht einmal Panik, wofür ich dem Gott, an den ich nicht glaubte, sehr dankbar war.
Ich litt nicht. Kein Stück, spürte lediglich einen seltsamen Druck.
Eigentlich wusste ich überhaupt nicht, was los war. Vielleicht bedeckte das riesige Kissen meine Nase, vielleicht auch meinen vertrockneten Mund. Vielleicht auch beides.
Vermutlich atmete ich den Stoff des Kissen immer wieder und wieder ein, bis mein Körper das Atmen abstellte. Es fühlte sich ein bisschen so an als würde ein Elefanten auf meiner Brust sitzen, aber weniger schmerzhaft.Aber das ist nicht wie es läuft, richtig?
Ich bin zwar kein Arzt aber ein Körper hört doch nicht einfach auf zu kämpfen.
Er lässt dich doch nicht einfach sterben.
Hallo! Überlebensinstinkte!
Wahrscheinlich ist meiner einfach sauer, weil ich ihn klammheimlich über Jahre hab sterben lassen. Vielleicht will er auch einfach nicht mehr. Gebt dem armen Fleischhaufen eine Pause.Die bestmögliche Theorie ist allerdings, dass ich nicht wirklich am sterben war. Aber wer weiß das schon.
»Was machst du da? Bist du noch ganz richtig im Kopf?«
Als jedoch eine allzu bekannte, knisternde Stimme mich von der Seite anmotze, wünschte ich, ich wäre wirklich gestorben.
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Don't Save Me | Dabi x Reader
FanfictionEs ist traurig, wenn ein Mensch stirbt und noch trauriger, wenn man selbst derjenige ist. Ab wann ist man überhaupt tot? Wenn das Herz aufhört zu schlagen oder wenn man es einfach nicht mehr fühlt? Gruselig ist es dann aber, wenn man es auf einmal d...