46. Kapitel

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Der Kircheninnenraum war nicht groß, weswegen mein Weg an Adams Seite keine 2 Minuten dauerte. Er stand mit dem Rücken zu mir. Als mich Mr Liccardi wortwörtlich an Adams rechter Seite abstellte, schaute er schnell zu mir herüber. Ich schenkte ihm ein müdes Lächeln. Es machte nicht den Eindruck, dass er von meinem Fluchtversuch wusste. Der Pfarrer räusperte sich und deutete an, dass sich alle setzen sollten. Adam nahm mich an der Hand und zog mich auf zwei Stühle, die nun hinter uns standen.

Während der Pfarrer Luft holte, sah ich mich nach meinen Eltern um, die in der ersten Reihe saßen. Ich konnte den Gesichtsausdruck meiner Mutter nicht deuten, doch mein Vater war sichtlich blass. Es war wohl das erste Mal seit über einem Jahrzehnt, dass er Mr. Liccardi wieder in Person sah. Heute würde er seine Schulden endlich begleichen. Auf meine Kosten natürlich.

Mit einem zuckersüßen Lächeln drehte ich mich wieder zu Adam. Wenigstens für den Moment würde ich ihm meine Glücklichkeit vortäuschen. Während er mich anstrahlte, als wäre er in seinem Leben noch nie glücklicher gewesen, wurde mir bewusst, dass ich noch nie unglücklicher gewesen war.

In meinem Hals bildete sich ein Kloß, der größer zu werden schien, als der Priester anfing seine Rede zu halten.

„Ich darf Sie alle recht herzlich willkommen heißen. Sie werden heute Zeugen, wie sich zwei Menschen gefunden haben und ihr Bündnis mit uns teilen werden. Familie, Freunde und Verwandte werden Zeuge ihrer endlosen Liebe, die..."

Ich hörte dem Priester nicht mehr zu. Ich löste mich aus meinem Körper und sah Adams Blick, der voller Liebe war. Wird er mich für immer so ansehen? Werde ICH für immer einen Ausweg suchen? Er sah mich so viel Hingabe und Hoffnung an.

„Rose und Francesco lernten sich vor wenigen Jahren kennen und lieben. Zusammen gingen sie durch das Leben und standen sich immer bei. Auch Liebe, die in ungewöhnlichen Zeiten gefunden wurde und gewachsen ist, hat ein Recht darauf ausgelebt zu werden. Adam..."

Adam küsste meine Hand und sorgte dafür, dass ich wieder mein Weg zum vollen Bewusstsein fand. Mir war unangenehm, wie nah wir uns tatsächlich in diesem absurden Moment waren. Er ließ meine Hand nicht mehr los und strich mir zart mit dem Daumen über meinen Handrücken. Am liebsten hätte ich mich mitten auf seinem Schoß übergeben. Was taten wir hier gerade?

„Nun bitte ich das Brautpaar nach vorne zu treten."

Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Es wurde ernst!

Adam führte mich vor den Altar. Wir standen eine Stufe unter dem Pfarrer, der uns beiden ermutigend zu lächelte. Ich schaute mit falschem Lachen zu Mandy, die sich versuchte Tränen aus den Augenwinkel zu wischen. Mein Vater zerdrückte die Einladung in seiner Hand und sah fassungslos Adam an. Anscheinend konnte er es auch nicht fassen, dass Adam mich tatsächlich liebte.

Oh Gott... Adam liebte mich.

Er hatte es mir ja bereits mitgeteilt, aber irgendwie hatte ich mir das nie hundert prozentig bewusst gemacht. Er nahm diese ganze Sache ernst. Er heiratete mich mit dem Gedanken, dass wir wirklich Vater, Mutter, Kind, Haus sein würde. Für ihn war das Ganze hier keine Charade. Der Schock fraß sich tiefer in eine Knochen. Ich hätte ihm nicht so nahe kommen sollen. Mandy hatte Recht gehabt. Diese Nähe zu Adam hatte nur Probleme gemacht. Jetzt gab es keinen Ausweg mehr.

„Hiermit versprecht ihr euch zu lieben und zu ehren..."

Ich hatte ihn nie geliebt. Es gab Momente, in denen ich es für möglich hielt, dass ich es eventuell tun könnte, aber jetzt wurde mir klar, dass ich das nie getan hatte. Dass ich das nie tun werde. Nicht unter diesen Umständen...

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