6. Kapitel

9.5K 305 8
                                    

Rose POV:

Ich trat aufs Gas und raste den Highway hinunter. Ich hoffte, dass Mandy noch dort wohnte, wo sie vor 2 Jahren gewohnt hat, sonst hätte ich ein richtiges Problem. Ich sortierte meine Gedanken und überlegte wie ich Mandy am besten damit konfrontieren konnte. Sie war definitiv nicht leicht aus der Ruhe zu bekommen, aber ich war auch kein Mensch, der leicht nachgab. Ich schaltete noch einen Gang hoch und fuhr in einem Affenzahn über eine gerade rot gewordene Ampel. Ich betete, dass jetzt kein Polizist kam, sonst wäre ich geliefert. Ich schaltete noch höher und bog scharf um die nächste Ecke. Wenn Lele und Mikosch mit in diesem Auto sitzen, fuhr ich normalerweise maximal die Höstgeschwindigkeit, die auf den Straßen erlaubt war. Aber es ging um meine Kinder, also hatte ich keine Zeit zu verlieren. Schließlich waren sie in den Händen von einem Mann über den ich nichts wusste und keine Ahnung hatte wozu dieser Mann im Stande war.

Wie lange war ich eigentlich weg? Ich hatte mein Zeitgefühl komplett verloren und das konnte ich gar nicht ab. Wenn ich eins hasste, dann war es nicht zu wissen wie viel Uhr wir hatten oder welcher Tag es war. Ich sah auf meine Anzeige im Amaturenbrett. Es war genau 16:43. Nachmittag. Das hieß viele Touristen würden im Artviertel von Miami rumlaufen.

Ich fuhr langsamer und musste irgendwann anhalten, weil ich komplett vergessen hatte, wo nochmal das Loft von Mandy lag. Ich konnte mich noch dran erinnern, dass sie in einer Straße lebte, in der Lagerhallen zu Lofts umgebaut wurden und nur so komische Vögel hier lebten. Jeder Bewohner hier hatte seine eigene Art seine Kunst zum Ausdruck zu bringen, dass auch auf ziemlich komische Art und Weise.

Ich konnte irgendwie keine Straße mehr erkennen und atmete frustriert aus. Gott, verdammte scheiße! Warum konnte ich nicht einer dieser Supermums sein, die alles geregelt bekommen? Warum war ich mit Adam in das Auto gestiegen und warum war ich mir so sicher, dass Mandy dort war wo sie mal gelebt hatte? So viele weitere Fragen schwirrten in meinem Kopf herum, doch ich konnte mir nur ein kleinen Teil davon beantworten und das brachte mir gerade gar nichts. Sauer schlug ich gegen mein Lenkrad und Tränen liefen mein Gesicht herunter. Ich hasste mich dafür, dass ich jemals daran gedacht habe, die Geburt meiner Zwillinge bereut zu haben. Ich beruhigte mich nicht wirklich und fing an zu weinen. Ich würde meine Kinder nie wieder sehen, da war ich mir sicher. Weinend machte ich das Auto wieder an und wollte gerade die Kupplung betätigen, als ich am Fenster gegenüber von mir ein Gesicht sah. Mandy's Gesicht! Eine große Lagerhalle, die ich vorher nicht gesehen hatte, sah sehr nach gewöhnlichem Haus aus. Genau wie vor 2 Jahren. Ich machte den Motor wieder aus.

Erst langsam, dann immer schneller lief ich auf das Haus zu. Das Gesicht war weg, aber ich konnte Schatten hinter den Vorhängen ausmachen, die sich bewegen. Damit haben sie nicht gerechnet. Damit dass ich nur in ein paar Minuten Mandy gefunden hatte. Ich blieb atemlos vor der Tür stehen und klingelte. Sturm klingeln war einer meiner Spezialitäten. Gut, durchgehend auf eine Klingel zu drücken, war keine Kunst, trotzdem machten nur bei mir die Leute schnell die Tür auf. Ich lies von der Klingel ab und horchte. Ich konnte nichts hören, doch wie aus dem nichts schrie jemand auf und ich war mir ziemlich sicher, dass es Mandy war. Ich trat einen Schritt von der Tür zurück und trat mit einer Kraft dagegen, dass sie tatsächlich aufsprang. In einem Selbstverteidigungskurs hatte ich das gelernt. Vorallem ging mit der Technik die Tür fasst lautlos auf.

Vor mir sah ich ein schreckliches Szenario. Mandy wurde von einem Mann an den Händen festgehalten und ein anderer hielt mit der Pistole auf sie. Mandy schrie wie am Spieß und weinte. Der Mann hinter ihr schlug sie mit der flachen Hand direkt ins Gesicht. Sofort schwieg sie. Konnte aber nicht die Augen von der Knarren wenden. Keiner von beiden schien mich zu bemerken. »Scheiße Mann, haben wir jetzt den Befehl sie weg zu bringen oder zu töten?« »Keine Ahnung! Leg sie einfach um die hat doch eh keine Ahnung!« »Aber sie ist...« »Schieß endlich man. Die hat eine ungeheure Kraft. Wir finden jemanden der uns Infos über dieses Mafiabossarsch gibt! Mach jetzt!« Ich sah wie der eine Mann den Finger auf den Abzug legte und gerade abdrücken wollte, als jemand anderes ihm zuvor kam.

Das war das erste Mal, dass ich in meinem Leben einen toten, erschossenen Menschen sah. Er blieb nicht der Letzte, denn der 2 Mann, der Mandy fest hielt, fiel ebenfalls auf den Boden, tot. Ich starrte die leblosen Körper an. Aus ihren Köpfen quoll das Blut auf den weißen Teppich. Ihre Augen waren nach hinten gedreht und nur Centimeter weiter lag die Pistole. Mandy fiel weinend auf die Boden und schluchzte heftig. Ich konnte meinen Blick immer noch nicht von den Körpern ab wenden. Was war gerade passiert?

Wie lange hatte das alles gedauert? Bestimmt nur wenige Sekunden, oder? Ich konnte mein Blick einfach nicht von den Leichen abwenden, zu skurril war das alles. Ich zitterte und wusste nicht was ich machen sollte. Nach und nach traten immer mehr Männer in die Wohnung. Einer lief auf Mandy zu und zog sie hoch in eine Umarmung. Er flüsterte ihr Dinge zu, aber sie konnte sich nicht beruhigen.

Meine Starre hatte ein Ende, als mir ein bekanntes Gesicht in mein Blickfeld trat. Adam! Ich zuckte automatisch zusammen und trat ein paar Schritte zurück. »Alles okay?«fragte er und kam näher. Ich schüttelte mein Kopf. Jetzt nicht zu schnell bewegen! Einfach langsam zurück gehen und weg laufen. Adam schien meinen Fluchtplan zu durchschauen und packte mich, schon auf eine fast zarte Art, am Arm. »Bleib ihr! Ich will wissen was du gesehen hast.«sagte er bestimmt und zog mich näher zu sich. Ich brachte nur ein Mhm raus. Er stand nur ein kleines Stück von mir entfernt. Mein Puls ging rasend schnell und mein Atem ging flach. Eine Frage von vielen fand den Weg aus meinem Mund»Warum hast du diese Männer erschossen?« Ich hörte selber wie hysterisch ich klang und am liebsten hätte ich einfach angefangen zu weinen. Wie konnte er sowas machen? Das waren Menschen mit wahrscheinlich Familie und Freunden, die bald erfahren werden, dass einer ihrer Freunde gestorben war. Oh Gott, warum war ich hier her gefahren? »Wie konntest du das tun? Sag es mir Adam!«schrie ich und fiel vor ihm auf die Füße. Adam packte mich an beiden Arme, hob mich hoch und umarmte mich fest. Ich krallte meine Fingernägel in sein Hemd und weinte, schrie und hoffte das dieses Bild der Toten Männer bald aus meinem Kopf verschwinden würde. »Ich habe nicht geschoßen. Wären sie jetzt nicht tot, wärst du und Mandy diejenigen. Rose, beruhige dich. Alles wird gut. Irgendwann gewöhnt man sich daran!«, flüsterte er mir zu. »Wie kann man sich an den Tod gewöhnen?«fragte ich ihn, dabei wurde Adams Hemd immer nasser und meine Verzweiflung größer. »Wahrscheinlich nie, Rose, wenn man es nicht versucht.«

Fasst hätte ich ihm vertraut, als Mandy mich von ihm weg zog. »Wie kannst du es wagen sie auch nur anzufassen. Du Arschloch bist daran schuld, dass ich zur Zielscheibe von irgendwelchen Gegnern wurde, du Arsch.« Wütend bäumte sich Mandy so gut es ging vor Adam auf und holte aus. Sie schlug ihm mit einer solchen Kraft ins Gesicht, dass man das Klatschen wahrscheinlich noch nach New York hören konnte. Adams Kopf flog nach rechts und er hielt sich die Hand an die Wange. »Bist du bescheuert! Geht's dir nich zu gut!«, schrie er. »Du bist gleich die nächste die da auf dem Teppich liegt, verstanden!« «Adam fahr mal 'nen Gang runter! « meinte der Mann, der Mandy umarmt hatte. «Dann halt du deine Verlobte in Schach, Angelo! « meinte Adam wieder ruhiger. Ich glaube es ist dann mal an der Zeit zu gehen, dachte ich mir. Langsam schritt ich nach hinten und wollte mich gerade in der Tür um drehen, als sie mich wieder bemerkten. «Rose, hier geblieben! «sagte Adam und lief wieder auf mich zu. Ich blieben wie angewurzelt stehen. Adam meinte mit vollem Ernst « Wolltest du unsere Kinder wieder sehen? «

Think aboutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt