22.Kapitel (Geschäftsessen)

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Seit 20 Minuten saßen wir im Restaurant. Seit 20 Minuten stritten sich meine Chefin und Mrs Liccardi um den Geldbetrag. Seit 20 Minuten durch bohrte mich Adam mit seinem Blick. Seit 20 Minuten weiß ich nicht, was ich tun soll. Der Streit zwischen den beiden Oberhäuptern ging so weit, dass der Kellner nun zum 3 Mal an den Tisch kommen musste, um uns zu sagen, dass die beiden leise seien sollten. Als wir in das Restaurant traten, war mir sofort auf gefallen, dass vor mir mit 100% nicht Elisabeth stand. Die Falten waren verschwunden, die Haltung war so geradlinig, dass ich dachte, dass vor mir meine ehemalige Grundschullehrerin stand, und sie hatte einen verbitterten Ausdruck in ihren Augen. Sie hielt einen gewissen Abstand zwischen Adam und ihr. Man spürte ihre Angespanntheit. Meine Chefin warf mir, als wir zu dem Tisch liefen, einen komische Blick zu.  Ab da war mir bewusst, dass wir hier definitiv auf ein Problem stoßen würden. Ich setzte mich gegenüber von Adam und tat so, als wäre er nicht anwesend. Die Diskurssion fing eigentlich nur an, weil die echte Mrs. Liccardi von dem Preis  nichts wusste. Meine Chefin muss glauben, dass die alte einen Schaden oder Demenz hat, aber dem war nicht so. Mir wurde schon nach der ersten Verwunderung bewusst, dass die Frau nicht Elisabeth war. Sie nannte Adam nicht ihren Sohn, behandelte ihn wie einen Assistenten und machte ihm Vorwürfe. Der Kellner kam nun zum 4ten mal, als ich die Bombe platzen ließ. »Können Sie bitte aufhören zu diskutieren! Mrs. Liccardi sie haben bei dem Meeting letzte Woche den Vertrag unterschrieben. Es gibt sogar Bilder auf denen man sie sehen kann. Gehen sie zum Arzt, wenn die sich nicht daran erinnern können. Vielleicht bekommen sie ja Demenz oder so. Wir sind nicht hier um über den Preis zu verhandeln, denn der steht seit letzte Woche fest. Sie bekommen 100 Tausend und keinen Cent mehr oder weniger. Wir sind hier um die Optionen nochmal zu überdenken und uns über die Inneneinrichtung zu unterhalten. Verstehen sie das!« Wow, wo kam den aufeinmal der Mut her. Gut, der hielt keine 2 Sekunden länger, aber er rief die gewünschte Reaktion hervor. Schweigen. Mrs. Liccarrdi zog ihre Augenbraue hoch. Ihr Mund verzog sich zu einem dünnen Strich. Ich bereute meine Aktion augenblicklich. Ich kannte die Frau nicht, aber nur ein Blick reicht um zu wissen, dass mit ihr nicht zu spaßen war. Dann tat sie etwas total unerwartetes. Sie stand auf und flüsterte Adam irgendwas zu. Kein Tschüss, gar nichts. Sie ging einfach. Adam sah mich an und dann meine Chefin. »Entschuldigen Sie sie bitte. Ich werde das Geschäftliche natürlich weiter führen, aber meine Chefin wird sich zukünftig der Sache entziehen. Haben sie damit ein Problem?«, fragte er. Ich warf meiner Chefin einen kurzen Blick zu. »Natürlich nicht. Wir sollten nun das Organisatorische klären.« Offensichtlich kannte sie Mrs. Liccardi nicht anders. Dem Anschein nach juckt es sie überhaupt nicht. Ich sah wieder zu Adam. Er war wütend, aber nicht auf mich, sondern auf die Frau. Ich holte mein Tablett hervor und öffnete die Datei mit dem Hochhausplan. »Sehen Sie sich bitte mal die Lobby an. Wir hatten am Telefon schon besprochen, welche Optionen und Kombinationen möglich sind. Meine Frage ist jetzt: Sehen Sie die 3 Empfangstheke als notwendig?« Adam beugte sich leicht nach vorne. Er tippte kurz darauf herum, dann sah man die Lobby animiert. Sah echt hübsch aus, aber etwas gedrückt. »Wenn ihre Prognose stimmen sollte, dann sehe ich das als notwendig, allerdings könnte man sich diese Option freihalten für die ersten 2 Jahre, da der Kundenfluss noch nicht entstanden ist. Danach würde ich es in Betracht ziehen.« Ich nickte in Gedanken. Die Sache mit Mrs. Liccardi ließ mich nicht ganz kalt. Meine Chefin bemerkte dies und als Adam gerade bestellte, beugte sie sich zu mir rüber. »Mir war von vorn herein klar, dass das so enden wird. Es gibt Gerüchte, dass sie Tabletten nimmt. Deswegen diese Schizophrenie.« Sie setzte sich wieder gerade hin und ich sah Adam an. Sein Gesicht war konzentriert, seine Augen starr auf das Tablett gerichtet, seine Finger huschten über den Bildschirm und man sah wie ernst er diese Aufgabe nahm.

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2 Stunden später...

Wir packten zusammen und bezahlten getrennt die Rechnung. Wir standen auf und liefen nach draußen. Meine Chefin verabschiedete sich als erstes und verschwand hinter der nächsten Ecke. Nun standen nur Adam und ich noch auf dem Bürgersteig. Der lauwarme Wind wehte umher und mir wurde bewusst was jetzt kam. »Du bist mir eine Antwort schuldig.«meinte Adam und schloss seinen Mantel. »Ja das bin ich wohl. Zu den Kindern... Ähm naja, ich hab ja gesehen, wie du dich um sie kümmerst und mit ihnen umgehst, allerdings denke ich, geht von dir eine gewisse Gefahr aus. Ich möchte Bescheid wissen, warum um dich rum fast immer diese Männer sind, was deine Familiensituation mit dieser Sache zu tun hat und erst wenn ich Vertrauen habe, lasse ich dich mit ihnen eventuell alleine. Das Freundinnending... War das dein Ernst?« Die Selbstsicherheit, die ich an den Tag legen wollte war verschwunden, dafür bekleidete mich ein Zittern in der Stimme. Die Angst, dass Adam trotzdem mir meine Kinder weg nahm war beständig, denn ich bezweifelte, dass er vor meinen Forderungen halt machen würde. Adam atmete tief ein und aus, schloss seine Augen und kämpfte mit sich. »Ja, okay ich werde deine Bedingungen akzeptieren.« Er sah mir in die Augen und ich blinzelte verwirrt. »Echt?«fragte ich ungläubig zur Sicherheit nochmal nach. »Ja. Das ist mein Ernst.«

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