45. Kapitel

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Adam hatte ich seit zwei Wochen nicht mehr gesehen. Konstanze hatte tatsächlich von unseren Rendezvous Wind bekommen und kam zuerst auf mich zu. Unser Gespräch ging nicht lange und ich versicherte ihr, dass ich Adam nur mit den Kindern zusammen besuchen würde. Was nicht gelogen war. Ich war Mandys Ratschlägen gefolgt und hielt mich von Adam fern. Es half mir unheimlich mich auf die Flucht zu konzentrieren. Außerdem bekam ich durch den Abstand tatsächlich ein bisschen Hoffnung, dass der Plan funktionieren könnte. Wenn er Mandy und mich nicht sah, dann konnte er auch nicht hinterfragen, was unser Verhalten bedeuten könnte.

Ah Mandy! Wir hatten jedes kleine Detail geplant. Mandy hatte es echt in sich... Ich hatte sie noch nie so kreativ erlebt. Mit vollem Tatendrang hatte sie sich in die Planung geworfen. Ich hatte kaum ahnen können, dass sie so viele Bekannte hatte, die ihr bei der Flucht helfen können.

Während sie neben mir seelenruhig das Lied im Radio mit summte, meine Kinder auf der Rückbank schliefen und ich nervös die Enden meines Schals verknotete, kamen wir an der Kirche an. Die kleine Kirche tauchte nach wenigen Minuten hinter den vielen Tannen auf und streckte sich in den blauen, wolkenlosen Himmel. Mit einem mulmigen Gefühl sah ich die weiße Fassade hoch. Als Mandy das Auto parkte, konnte ich, nachdem ich aus dem Auto gestiegen war, das Fenster sehen, hinter dem ich die letzte Stunde mit den Liccardis verbringen würde. Ich half Mikosch aus dem Auto zu klettern und nahm Mandy eine „Make-Up Tasche" ab. Wenn ich es richtig in Erinnerung hatte, waren darin die Klamotten der Zwillinge untergebracht.

An zwei Sicherheitsleuten vorbei liefen wir in die Kirche. Unsere Schritten halten auf dem Marmorboden wieder, als wir durch die stillen Hinterräume liefen. Der Flur, der zu meinen zugeteilten Raum führte, war fensterlos. Nachdem hinter uns die Tür meines Umkleidezimmers zu viel und wir alleine waren, rannte ich in das anliegende Badezimmer und übergab mich. Ich konnte Mandy besorgten Gesichtsausdruck spüren. „Rose, ist alles okay?" „Nein... Ich weiß nicht, ob ich das alles schaffe." Ich kniete vor der Toilette und spürte die heißen Tränen meine Wangen herunter laufen. Mandy setzte sich neben mich und lehnte ihren Kopf gegen die Badewanne. „Ich weiß... Ich habe letzte Nacht auch kein Auge zu gemacht. Aber du musst dir klar machen, warum wir diese Reise antreten." „Wegen ihnen", entgegnete ich und sah zu meinen Kindern, die sich gegenseitig durch den Raum jagten.

Mittlerweile waren sie zwei Jahre alt. Ihren Geburtstag hatten wir klein gefeiert. Ich konnte mich noch ganz deutlich an Adams liebevollen Blick erinnern. Er galt nur seinen Kindern. Damals hatte ich gedacht, dass mein Leben vielleicht sogar ganz angenehm bei den Liccardis werden könnte, doch dann wurde ich keinen Monat später gekidnappt. Allein der Gedanke daran, ließ sich meinen Magen erneut entleeren. Schnell trat Mandy hinter mich und hielt mir meine Haare zurück. Erschöpft ließ ich von der Schüssel ab und stellte entsetzt fest, dass George neben uns stand. Mit einem nicht erkennbaren Ausdruck im Gesicht übergab er mir ein iPad. „Darauf lässt sich der heutige Ablauf finden. Außerdem solltest du dir einprägen, wer deine Bodyguards sind. So ein großen Familienevent ist immer Angriffsfläche, die von Feinden gerne benutzt wird." Er drehte sich mit einem letzten Blick zu uns beiden um und verließ das Zimmer.

Mandy und ich hatten 20 Minuten die verschiedenen Dateien durchzusehen. Unser Zeitfenster war kleiner als gedacht. Anstatt wie erwartet fast 50 Minuten Zeit zur Flucht zu haben, hatten wir nun nur noch 30. Die Gästeliste war erheblich geschrumpft, weswegen es nicht allzu lange dauerte, bis sich alle in der Kirche eingefunden hatten. Ich meinte bereits aus der Ferne ein paar Stimmen zu erkennen. „Mandy, wir müssen jetzt los! Wir haben nicht mehr den Luxus mein Kleid anzuziehen", meinte ich und fing an meine Taschen zustappeln und Richtung Fenster zu befördern. Mandy half mir ohne mir zu wieder sprechen. Als ich den zweiten Koffer unter der Fensterbank positioniert hatte, drehte ich mich um und erwartete, dass Mandy mir eine graue Sporttasche reichte mit der ich zuerst durch das Fenster klettern würde. Stattdessen sah ich, wie Mandy fanatisch durch das Zimmer lief. „Mandy...? Wo ist die Tasche?", fragte ich leise und kam näher auf sie zu.

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