Nun standen wir im Flur und eine komische Stimmung breitete sich aus. Adam hatte natürlich zugegeben, dass er so hieß, aber er schien nicht glücklich darüber jetzt meiner Oma zu begegnen. Fast jeder hielt sie für meine Uroma, was gut daran liegen könnte, dass sie schon 90 war. Ich hatte 4 Cousinen und 2 Cousins, die aber alle schon Anfang 30 sind. Meine Tanten und Onkel sind fast alle in den 50-ern, manche sogar schon 60. Die Tradition in meiner Familie, dass die jüngsten Kinder immer spät Kinder bekommen und die ältesten früh, hielt sich bis zu meinem Vater. Meine Eltern bekam allerdings nur mich, da brach sich das also wieder. Meine Oma war die jüngste aus einer 10 Köpfigen Geschwisterschaft. Sie wurde erst mit 32 das erste Mal Mutter, mit Onkel Thomes. Danach folgten 3 Mädchen, eine davon hatte keine Kinder und starb früh, 2 Jungs und dann mein Vater. Er kam 8 Jahre nach Onkel Michel und nicht gerade geplant, genauso wie ich. Meine Eltern hatten schon aufgegeben Kinder zu bekommen, als ich das Licht der Welt erblickte. Meine Mum soll 3 Tage durch geweint haben, als sie erfuhr, dass sie schwanger war, aber ich schweife ab.
Meine Oma trat zur Seite und bat uns in das Wohnzimmer meiner Eltern. Adam lief kurz an mir vorbei und betrat dann den Raum. Er sah sich kurz um. Ich beobachtete ihn dabei. Ein Quicken ließ uns nach hinten schauen. Mikosch und Lele rannten die Treppe, die zu den Schlafzimmern führte, runter und in unsere Arme hinein. Mikosch stolperte in meine Arme, Lele sprang Adam entgegen. Ich wirbelte meinen Sohn einmal um die Achse und drückte ihm ein Kuss auf. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass Adam Lele liebevoll im Arm hielt. Meine Aufmerksamkeit bekam aber der Blitz, der auf einmal den Raum erhellte. »Granny!« Ich lief auf die Frau zu, die lächelnd auf das Polaroidbild starrte. Ich wollte es ihr aus der Hand nehmen, als sie ihre Augen schloss und fiel. Ich schrie auf. Adam stand in einer Sekunde neben mir. Er drückte mich hinter sich. »Ruf einen Krankenwagen und bring die Kinder raus. Schnell! «
Neblige Masse. Ein Farbenmischmasch. Eine Sirene. Eine Stimme. Ein Ohnmächtigkeitsgefühl, dann schwarz.
Ich wachte durch ein Piepsen auf. Kein lautes. Eher ein kleines regelmäßiges. Ich blinzelte. Vor meinen Augen war weiß. Das alt bekannte Krankenhausweiß. Ich war schon wieder ohnmächtig geworden. Ganz langsam blinzelte ich damit sich meine Augen an das Licht gewöhnten. Ich war an keine Schläuche oder so angebunden und konnte mich deswegen frei bewegen. Das Krankenhaushemd knisterte leicht, als ich mich an den Bettrand setzte. In meinem Zimmer war niemand. Das Einzige, was da war, waren meine Sachen ordentlich auf einem Stuhl gestapelt, ein Blumenstraus und eine Pralinenschachtel. Mein Blick glitt zum Fenster. Der Himmel war rot, als hätte jemand einen Eimer Blut über dem Himmel ausgeworfen. Ich stand langsam auf. Die aufsteigende Übelkeit versuchte ich in den Griff zu bekommen, dann machte ich kleine Schritte Richtung Fenster. Mit einem kleinen Abstand zum Fenster sah ich nach draußen. Der Parkplatz war bis auf ein paar Plätze komplett leer, ein Krankenwagen fuhr gerade weg und eine Krankenschwester stand rauchend vor der Tür.
Wehmütig drehte ich mich wieder weg, als mir bewusst wurde weswegen ich ohnmächtig geworden war. Meine Oma war... Keine Ahnung was mit ihr war, aber die Ungewissheit ließ mir keine Ruhe. Ich suchte im ganzen Raum nach einer Uhr. Kurzes Zögern und ich hatte eine. 6:12 Uhr. Morgens. Ich hatte so eben den Sonnenaufgang mit erlebt. Ich setzte mich wieder auf mein Bett und atmete tief durch. Mein Körper verkraftet das nicht alles so toll wie ich dachte. Mir war bewusst, dass mich wahrscheinlich keiner besuchen kommt, also um diese Uhrzeit, weshalb ich mich wieder ins Bett legte und meine Augen schloss. Ich schwebte zwischen Traum und Realität, als ich merkte wie meine Zimmertür aufging. Ich schrak hoch. »Ich bin wach!«,rief ich und riss meine Augen auf. Adam stand lächelnd vor mir. »Man siehst's! Wie geht es dir?« Er lief näher auf mein Bett zu. »Eigentlich ganz gut. Nah, den Umständen entsprechend.« Ich sah zu ihm auf, als er an meinem Bettrand stehen blieb. Er sah kurz zur Bettkante, dann wieder zu mir. »Setz dich doch. Warte kurz, ich mache dir Platz.« Ich rückte zur Seite und Adam setzte sich. »Den Kleinen geht es gut. Meine Mutter, nicht die Komische, passt auf sie auf« Wir lachten kurz auf, dann legte sich um uns ein betretenes Schweigen. »Meine Oma? Geht es ihr gut? «,fragte ich und rechnete mit dem Schlimmsten.
Manchmal gibt es im Leben solche Momente, in denen man sich ausmalt wie man reagiert. Man glaubt daran, dass man genau weiß wie. Das man entweder das eine oder das andere tut, aber jetzt kommt die Wahrheit. Fick das Kopfkino, denn heilige Scheiße man reagiert verdammt nochmal nicht so. In einer pseudoromantischen Szene, in der ER, der eine, vor einem auf die Knie geht, fängt man meistens nicht anzuheulen, wie ein Schlosshund. Nein, man lässt ein paar Tränen ab und sagt Ja, weil Nein sagen ist der Situation nicht gerade cool, oder wenn jemand stirbt. Tränen fließen über dein Gesicht, der Mann an deiner Seite hilft dir,drückt dich und irgendein Song läuft im Hintergrund. Ach und das Flashback mit den besten Momenten, die einen geprägt haben, darf nicht fehlen. Aber so ist es nicht.
Als Adam mir sanft sagte, dass Granny nicht mehr unter uns weilt, starre ich ihn nur an und würde gerne einfach nur lachen. Das ist ein schlechter Witz, wollte ich sagen, aber am Ende starrte ich ihn nur an und versuchte zu realisieren, was passiert war. Adam nahm meine Hand in seine und streichelte mit seinem Daumen über meine Handaußenfläche. »Plötzlicher Herztod. Sie ist einfach eingeschlafen und die Ärzte haben alles getan, was in ihrer Macht stand.« »Anscheinend nicht genug...« Ich entzog mich seiner Hand und drehte mich weg, denn jetzt kamen die Tränen. Zwar hatte ich vor Adam geweint, aber in einem solch privaten Moment wollte ich nicht, dass er mich sieht. Dafür kannten wir uns dann auch nicht so gut. »Du kannst übrigens gehen. Die Ärzte sagten, dass es dir vollkommen gut geht. Ich fahre dich gerne zu den Kindern.« »Adam! Bitte... Ich brauche kurz Zeit für mich...« Ich sah ihn nicht mehr an bis er die Tür schloss. Dann ganz langsam floss die erste Träne. Ihr folgten noch mehr, unter ihnen auch einige Schluchzer. Ich faltete meine Hände und betete. Ich war nicht gläubig, aber manchmal brauchte man einfach den Gedanken, dass dort jemand war, der auf einen aufpasst und auf die, die nun bei ihm waren. Ich öffnete meine Augen erst, als ich das sanfte Lächeln meiner Granny vor mir sah, dann stand ich auf und zog mich an.
»Gut wir können fahren.«meinte ich, nachdem ich meine Zimmertür geschlossen hatte und zu Adam auf die andere Flurseite lief. »Möchtest du darüber reden?«fragte der Mann neben mir, den ich ganz bestimmt jetzt nicht sehen wollte. »Nein. Ich will nur die Kinder holen und nach Hause. Wissen eigentlich meine Eltern Bescheid?« Er nickte und drückte den Fahrstuhlknopf. »Man hat sie benachrichtigt. So wie die anderen 7 Geschwister von deinem Vater. Ich glaube außer einer sind alle unterwegs.« »Die eine kann auch seit 30 Jahren nicht mehr kommen, denn sie ist tot.« Adam sah mich etwas schockiert von der Seite an. Er zögerte, aber dann»Hör auf einen auf hart zu machen. Ich weiß wie schwer es ist, wenn man jemanden wichtigen verliert. Rose, versuche für deine Kinder nicht zu einem leblosen Monster zu werden.« »Adam darüber brauchst du dich jetzt wirklich nicht zu kümmern. Das schaff ich schon.« Adam nickte in Gedanken, dann kamen wir unten an.
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Romance*updates kommen nur, weil ich die Rechtschreibung korrigiere* Nach einem betrunken One Night Stand bemerkt Rose, dass sie schwanger ist. Die einzigen Details, die sie über den Vater hat, sind sein Geruch, seine Augen und sein Namen. Adam... Einige...