50. Kapitel

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Adam holte mich noch am selben Abend in das ehemalige Büro seines Vaters. Ich stellte schon fast überrascht fest, wie passend er hinter dem schweren Holztisch aussah. Als hätte er nur darauf gewartet endlich dort sitzen zu können. Vielleicht hatte er das auch, aber in diesem Moment sah er zu erschöpft aus,  um sich darüber zu freuen.

Er hatte sich dem Anschein nach in den Ledersessel fallen lassen. Seine Beine hatte er ausgestreckt auf dem Tisch abgelegt.  Seine Arme hingen schlapp über die Ärmel des Sessels. Seine Augen waren geschlossen.

Ich konnte im abendlichen Licht die Nässe auf seinen Wangen erkennen. „Alles okay?", fragte ich und setzte mich ihm gegenüber. Der Raum wirkte nicht mehr bedrohlich. Es war definitiv Adams Aura, die diesem absurden Büro einen fast gemütlichen Glanz verlieh.

Er öffnete ein Auge, um sich zu vergewissern, dass ich wirklich vor ihm saß. Mit einem Kopf schütteln schloss er es wieder. „Kannst du zu mir kommen. Ich will dich einfach in meinen Armen halten und einfach kurz so tun, als wären mein Vater und meine Stiefmutter nicht vor wenigen Stunden von einem Wahnsinnigen hingerichtet worden", brummte er müde.

Ich stand auf und wollte den Tisch gerade umrunden,  als Adam sich aufrecht hinsetzte. „Wenn du dich jetzt umdrehst, schaust du genau auf die Stelle, auf der mein Vater seinen letzten Atemzug tat. Jetzt kann man nicht mal mehr erkennen, dass da jemals Blut lag." Ich drehte meinen Blick und konnte nur sauberen Parkettboden sehen, der in der Abendsonne funkelte. Meine Augen suchten angestrengt nach einem Anzeichen von einem Mord.

Nachdem sich zwischen uns Stille ausbreitete, drehte ich mich zurück zu Adam, der mich mit offenen Armen empfing. Er zog mich auf seinen Schoß und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Ich fuhr ihm mit einer Hand beruhigend über den Nacken. Mein Blick ging allerdings zum Schreibtisch.

Darauf waren viele vorgefertigte Zeitungsartikel zu finden. Formulare und Tabellen lagen ausgebreitete vor uns. Mein Blick ging zu einer dick gedruckten Überschrift. „Du lässt uns gehen?", fragte ich ihn. Es war die falsche Frage, war mein erster Gedanke.  Ich hätte nicht aus Schlagzeile „Rose Sterling mit Kindern abgereist." meinen in Erfüllung gegangen Wunsch erkennen sollen.

Doch Adams trauriger Blick beruhigte mich wieder. Mit leiser Stimme entgegnete er: „Es wird kompliziert dir dein altes Leben zurück zu geben. Dennoch ist es nicht unmöglich. George und ich haben seit deiner Entführung an diesem Plan gearbeitet. Wir wussten nur nicht, dass die Trova Tochter immer noch so viele Ressourcen hat. Sonst hätten wir nie in Erwägungen gezogen, dass du und die Kinder ausreisen müsst."

„Wohin werden wir abreisen?", fragte ich. „Nach Miami." „Wie willst du das anstellen?" „Erneut. Es wird nicht einfach." „Dann erklär's mir Adam."

„Du wirst nur verfolgt, weil du noch Kontakt zu mir hast und zu dieser Familie. Wenn ich nicht mehr bin, dann hat die Trova Tochter auch einen Grund mehr dir zu folgen." Adam atmete kurz ein und rieb sich mit der Hand über die Augen. „Wir werden uns sehr öffentlich streiten. Dann kommt die Scheidung und schon bist du mich los", beendete er seinen Plan mit einem müden Lächeln. Ungläubig schaute ich ihn an: „Eine einfache Scheidung wird's tun? Das glaubst du wohl selber nicht. Du wirst doch trotzdem noch Kontakt zu unseren Kindern haben wollen." „Sie werden in der Öffentlichkeit nicht mehr meine Kinder sein", entgegnete er mir und seine Stimme wurde rau.

Ich war sprachlos. Adam würde alles was mich an ihn band los lassen. Einerseits wollte ich Abstand zwischen die Liccardis und meine Kinder bringen. Doch jetzt musste ich schwer schlucken. Vollständig wollte ich ihn nicht aus dem Leben meiner Kinder entfernen. „Adam meinst du, dass du die Kinder auch nicht mehr sehen wirst? Oder besuchst du uns mit einer falschen Identität?", fragte ich besorgt. Er sah mir tief in die Augen, nickte und flüsterte: „Ich würde tatsächlich vollständig aus eurem Leben verschwinden. Es ist sicherer so."

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