42. Kapitel

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Ich wachte von Leles Weinen auf. Halb verschlafen zuckte ich hoch und wurde direkt wieder sanft zurück gedrückt. Etwas panisch versuchte ich festzustellen, wer da über mir ragte. Nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, merkte ich, dass Adam über mir stand und Lele auf dem Arm hatte. „Leg dich wieder hin. Ich geh in die Küche und mache ihr 'ne warme Milch. Ich bin auch leise, damit Mikosch nicht aufwacht." Seine Stimme war leise und er drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Ich nickte benommen und sah ihm dabei zu, wie er aus dem Schlafzimmer lief. Mir schwirrte der Kopf, denn ich konnte noch nicht ganz registrieren, was gerade passiert war.

Nachdem ich kurz weg geschlummert war, raffte ich mich auf. Mit leerem Kopf drehte ich mich zu Mikosch und beobachtete ihn kurz. Er war tief und fest am schlafen. Mit seinem kleinen Körper drehte er sich zur Seite. Sein Schnarchen versicherte mir, dass mein Sohn nicht in der nächsten Stunde aufwachen würde. Vorsichtig trat ich aus dem Schlafzimmer. Von der Schlafzimmertür aus konnte ich die Küche sehen. Das Licht, das durch das Dachfenster herein fiel, half mir die beiden in der Küche zu erkennen. Adam saß mit Lele auf dem Schoss am Küchentisch. Lele hielt die Flasche und drank eifrig. Er schaute beruhigt ihr dabei zu und filmte sie mit seinem Handy. Leise kam ich näher und blieb in Eingang von der Küche stehen.

Adam bemerkte mich und zwinkerte mir zu. „Na, konntest du doch nicht schlafen?", fragte er mich in einem verschmitzten Unterton und legte sein Handy weg. „Ich wollte nur sichergehen, dass du alles richtig machst. Bist ja nicht so gut darin geübt." Mit einem Schmunzeln setzte ich mich neben ihm. Er drehte seinen Kopf in meine Richtung. „Und wie schlage ich mich bis jetzt?" Und mit dieser Frage hob er Lele in meine Richtung. Meine Tochter war bereits eingeschlafen und ihr lief die Milch am Mundwinkel herunter. Mit unterdrücktem Lachen nahm ich Lele die Flasche ab und säuberte ihr den Mund mit einem Tuch, das in Adams Nähe lag. „Komm ich bring sie ins Bett, dann kannst du dich wieder hinlegen", schlug ich Adam vor und wollte ihm Lele abnehmen. Er stand schnell auf und meinte: „Das schaffe ich schon alleine." Mit einem breiten Lächeln deutete er an, dass ich ihm folgen sollte.

Ich hatte es mir bereits neben Mikosch gemütlich gemacht, als Adam versuchte Lele vorsichtig hinzulegen. In dem Moment in dem Adams Hand vorsichtig unter ihrem Kopf verschwand, fing Lele an zu zappeln. Mit einer hektischen Reaktion tat Adam seine Hand wieder unter ihren Kopf. Mit leichter Panik sah er mich an. „Wenn du heute Nacht noch schlafen möchtest, legst du dich einfach neben sie. Manchmal braucht sie immer etwas mehr Nähe und Kuscheleinheiten um einzuschlafen oder um überhaupt zu schlafen." Mit gerunzelter Stirn nickte er und kletterte vorsichtig in das Bett. Vorsichtig rutschte er in eine angenehmere Position. „Gute Nacht", flüsterte ich und vernahm ein „Gute Nacht" von der anderen Seite des Betts.

Am nächsten Morgen wachte ich von einem Tritt in die Rippen auf. Mikosch träumte lebhaft. Der kleine Mann hatte zu viel Kraft für sein Alter. Ich konnte gerade noch den zweiten Tritt abhalten, als ich sah wie Adam da lag. Sein linker Arm war über beide Kinder gelegt und sein rechter Arm unter ihren Köpfen und Kissen begraben. Leicht irritiert stellte ich fest, dass seine rechte Hand da lag, wo eben noch mein Kopf gelegen hatte. Er war noch nicht wach. Erleichtert atmete ich aus.

Adam und ich hatten gestern Abend nicht mehr das Gespräch vom Nachmittag weitergeführt. Die Kinder hatten unsere ganze Aufmerksamkeit beansprucht. Nebenbei hatte ich auch seine psychische Gesundheit angesprochen, die die letzten Wochen ziemlich schlecht geworden war. Er hatte mir nur halbe Antworten gegeben. Nach meinem Wissen schlief er nicht mehr richtig und verfiel manchmal in Panik, wenn er nicht wusste, wo die Kinder oder ich waren. Es machte den Anschein, dass er wenigstens heute mal tief geschlafen hatte. Ich wollte, um ehrlich zu sein, dass Gespräch, was unsere Beziehung und Gefühle anbelangte, auch gar nicht weiter führen. Ich hatte Gefühle für Adam, aber die Umstände dieser Beziehung waren etwas, das ich nicht übersehen konnte. Mit gedankenverloren Blick betrachtete ich Adam. Schlafend sah er so friedlich aus. Sein Mund war leicht geöffnet und er gab leise Geräusche von sich. Sein großer Brustkorb hob und senkte sich langsam. Ich verspürte das winzige Verlagen mich in seine Arme zu legen. Sofort schüttelte ich den Gedanken ab. Ich wusste wie aggressiv er sein konnte. Wie er aussah, wenn er mich anschrie. Wie er zu mir war, wenn ich etwa sagte, das ihm nicht passte. Adam machte mir zwar keine Angst mehr, denn ich hatte bereits die Bestätigung, dass er mir nichts tun würde. Dennoch war er ein Mafioso und ich wollte nicht zu lange darüber nach denken, was er schon alles getan hatte, um die rechte Hand seines Vaters zu werden. Kurz überlegte ich, ob ich einfach aufstehen sollte und etwas Abstand zwischen mir und Adam zu bringen. Vielleicht sollte ich die Zeit nutzen, bevor die anderen wach wurde, um mich einfach mal nur um mich zu kümmern und mir einen Kaffe zu machen, den ich trinken konnte, bevor er kalt wurde.

Bevor ich mir aber einen idealen Morgen weiter ausmalen konnte, wachte Lele auf. Schnell beugte ich mich zu ihr rüber und verteilte ganz viele kleine Küsse auf ihrem Gesicht. „Morgen, Engelchen", flüsterte ich und kitzelte sie an ihrem Fuß. Ihr Lachen weckte Adam. „Morgen Rose", murmelte er verschlafen in einer tiefen und rauen Stimme, die mir bis jetzt unbekannt war, denn er versuchte mal nicht absichtlich seine Stimme 2 Oktaven tiefer werden zu lassen. Halb wach griff er nach meiner Hand und küsste sie. „Gut geschlafen?", fragte er sofort charmanter und mit einem leichten Flirt in der Stimme.  Da war der Charmeur Adam wieder. Ich schaute ihn nicht an, nickte aber und konzentrierte mich lieber auf Lele. Meine Wangen waren vermutlich knallrot angelaufen „Bekomme ich keine ordentliche Antwort?", fragte er mich und lachte. Wenn er nur wüsste, wie mein Magen gerade kribbelte, wegen diesem Handkuss... Ich murmelte nur irgendetwas. Adams Ton wurde besorgt. „Ist etwas Rose?", fragte er mich. Mit einer Hand strich er mir über die Wange und zwang mich somit, dass ich mein Blick zu ihm richten musste.

Ich sah ihm mitten ins Gesicht. Auf einmal überkam mich etwas. Adam bemerkte meinen Blick und runzelte verwirrt die Stirn. Mit angehaltenem Atem lehnte ich mich zu ihm und bevor mein Verstand einsetzte, küsste ich ihn. Seine Hand wanderte zu meiner Schulter und ich legte meine rechte Hand auf seine Brust. In mir entzündete sich ein Feuerwerk. Mit soviel Leidenschaft hatte ich ihn noch nie geküsst.

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