#43 - Nur du

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In voller Lautstärke weinte ich in ihre schwarze Bluse. Ich hatte die Augen fest geschlossen und lehnte mich gegen sie. Eigentlich war es immer so, wenn sie mich festhielt, während ich weinte, dass mich ihre Wärme, die sie ausstrahlte beruhigte, aber jetzt konnte mich nichts beruhigen. Ich weinte einfach nur noch.

Ich konnte nicht einmal genau sagen wieso. Ob nur Harry der Grund war oder ob ich einfach weinte, weil mir alles zu viel wurde.

Caro lotste mich zu meinem Bett und ich weinte ungefähr einfach noch eine Viertelstunde weiter. Schweigend ließ sie das über sich ergehen.

Aber Sam wäre nicht Sam, wenn ...

Richtig, wenn sie nicht plötzlich wieder aufbrausen und ihr Temperament, das für eine gesamte Fußballmannschaft und deren Ersatzbank reichte, übersprudelte.

Ich sprang also plötzlich wie von der Tarantel gestochen auf, während ich immer noch weiter weinte.

„Ich – ich – ich bin – so – blöd!", schluchzte ich und bekam fast keine Luft mehr. Mir wurde ein wenig schwarz vor Augen, aber das war mir egal.

Caro griff nach meinem Handgelenk und wollte mich zurück neben sich auf mein Bett bugsieren, aber ich riss mich los von ihr. Viel Kraft hatte ich nicht mehr, aber dafür reichte es gerade noch.

„Nein! Lass – mich!"

Ich konnte echt nicht mehr atmen.

Ich tigerte erst einmal in meinem Zimmer wild umher, bis das Schluchzen nachließ. In meinem Kopf wirbelte alles durcheinander und in meinem Herzen noch viel mehr.

Dann war ich nicht mehr zu bremsen.

„Ich bin ungefähr das dümmste Wesen der Welt! Wieso habe ich mich auf ihn eingelassen, wieso?! Das war doch klar, dass er mich nur verletzen wird! Jeder hat mich am Anfang vorgewarnt, jeder meinte, oh oh, das kann ja nicht gut gehen. Er ist ein Weltstar, er ist in einer ganz anderen Liga als ich! Nicht nur beruflich, sondern auch vom Geld her, von den Leuten, mit denen er umgeben ist, von seinen Standards, von seiner Lebensweise,... Ich passe da nicht rein!"

Ich sprach das aus, was mir schon immer tief im Herzen geschlummert hatte. Was mir dort als Angst geschlummert hatte. Nur leider sprach ich es jetzt als die Wahrheit und die Realität aus.

„Wieso war ich nur so blöd! Das kann doch nicht wahr sein! Es hat nicht gereicht, dass ich bei Nico schon so auf die Schnauze geflogen bin, neeein, ich musste das Ganze ja noch einmal wiederholen, weil das so sehr Spaß machte oder was! Warum bin ich so unglaublich bescheuert, ich-"

„Weil du ihn liebst."

Caros Augen verfolgten mich die ganze Zeit, während ich weiter wie ein eingesperrter Tiger in einem Käfig durch mein Zimmer hetzte. Von links nach rechts, von rechts nach links, hin und her, wieder und wieder.

„Das weiß ich nicht."

Endlich blieb ich stehen. Ich sah sie offen an.

„Hm?!"

„Ich weiß nicht, ob ich ihn liebe."

„Was laberst du da bitte?!"

Caro sah mich an, als wäre ich von allen guten Geistern verlassen. Naja, vielleicht war ich das auch.

Sie stand auf und deutete mit dem Finger auf mich.

„Jetzt hör mir mal gut zu, Fräulein. Du drehst langsam durch. Du verlierst den Verstand. Hast du dich schon mal im Spiegel angeschaut, seit du hier bist? Hast du?"

Ich reagierte nicht. Sie packte mich leicht am Arm und zog mich zu dem Ganzkörperspiegel rüber, der an meiner Wand neben meinem Kleiderschrank hing.

HeartdanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt