#62 - Plage

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„Wow."

Ich schnaubte ungläubig und starrte ihn an.

„Darum geht es dir also? Du hast Angst, dass du nicht genug ...lebst? Dass du etwas ...verpassen könntest, wenn du dein Leben mit der Person verbringst, die du anscheinend ja ach so sehr liebst?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.

Ich deutete mit dem Finger auf seine Brust und nagelte ihn mit meinem Blick fest.

„Soll ich dir was sagen? Ich glaube nicht, dass du mich noch liebst. Vielleicht sind irgendwo noch ein paar Gefühle da, aber wenn du mich so lieben würdest, wie du es getan hast, dann würdest du so etwas niemals sagen. Niemals."

Als ich seine Reaktion sah, fiel mir dazu nichts mehr ein.

Er zuckte nur mit den Schultern und zog eine Schnute.

„Ja, dann wird das wohl so sein, wenn Frau Doktor Psychologin das so festgestellt, analysiert und diagnostiziert hat."

Der Unglaube in meinem Blick ließ mich wohl ein wenig irre wirken, denn er hob abwehrend die Hände und meinte: „Hey, schau nicht so, das hast schließlich du gerade so gesagt. Ich habe dir nur zugestimmt."

„Ich hasse dich!", schrie ich und schlug mit den Händen nach ihm. „Ich hasse dich so sehr!"

„Sam!"

„Ich hasse dich! Ich hasse dich!"

„Stopp!"

„Lass mich!!!"

Jemand packte meine Handgelenke und im nächsten Moment saß ich senkrecht in meinem Bett.

Also auf Nialls Couch.

Und genau er saß vor mir. Niall.

Er hatte meine Handgelenke gepackt und starrte mich entgeistert an.

Ich atmete hektisch und mein Blickfeld wurde schwarz. Ich war kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren.

Niall ließ mich los und stützte mich um die Schultern mit einem Arm.

„Sam, was ist passiert? Was hast du geträumt? Du hast um dich geschlagen und ‚ich hasse dich' gerufen..."

Ich atmete ein. Und aus. Und ein. Und aus.

Ich blinzelte ein paar Mal.

Es war ein Traum.

Ein Traum.

„Ist Harry nicht hier gewesen?"

Niall schüttelte leicht den Kopf.

„Nein... Davon abgesehen: Er kann nicht reinkommen, falls er das will, weil ich den Schlüssel von innen stecken lassen habe."

Ich sah wieder hinunter auf meine bandagierten Hände.

Er ist niemals hier gewesen. Ich hatte ihn das letzte Mal draußen in der Dunkelheit gesehen.

Er hatte mir niemals an den Kopf geworfen, dass er das Gefühl hatte, etwas zu verpassen, und dass er mich nicht mehr wirklich liebte.

Das hatte er mir nicht gesagt.

Nicht gesagt.

Nicht...gesagt...

Ich schloss die Augen und ließ den Kopf hängen. Ich hatte keine Kraft mehr. Niall half mir, mich wieder hinzulegen, und er zog die Decke über meine Schultern. Meine Augen waren immer noch geschlossen.

„Schlaf wieder, Sam", hörte ich ihn flüstern und ein paar Haarsträhnen wurden aus meiner Stirn gestrichen, „ruf einfach nach mir, wenn etwas ist."

HeartdanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt